(Reprise Records) Nach Devildriver entdecken auch die DEFTONES die Eule als Cover-Motiv für sich, wobei als Assoziation bei den DEFTONES wohl eher das „Nachtaktive“ herangezogen wird, als das „Böse“. Nachtaktiv, das sind sie mit Sicherheit gewesen in den letzten Monaten. „Nachtaktivität“ könnte man in ihrer Beziehung aber auch in Form von „kein Auge zubekommen“ auslegen. Der Auto-Unfall ihres Bassers Chi Cheng im November dürfte jedem aufgeschlossenen Musik-Fan nicht entgangen sein. Die Folge des Crashs ohne Sicherheitsgurt: Koma. Eine Tragödie, die die Band in ihren Grundfesten erschüttert hat. Ein Freund, ja fast ein Familienmitglied liegt vor dir im Bett und wacht einfach nicht mehr auf! Unvorstellbar! „Eros“, das Album, welches die Band schon fast im Kasten hatte, wurde verworfen. Ob Tonne, oder Warteposition, das weiß wohl nur die Band selbst. Ein Wunder, dass nun „Diamond Eyes“ in den Startlöchern steht, ein Album, was man wohl so nicht erwartet hätte, denn die DEFTONES zeigen, was sie selbst in harten und schwierigen Lebensphasen abliefern können. Ein Meisterwerk! Einen Spagat aus sämtlichen Epochen und Stärken, mit neuen Einflüssen und Spielereien. DEFTONES Version 2.0. Man muss sich nicht aus dem Fenster lehnen, um zu attestieren, dass „Diamond Eyes“ das beste Werk seit „White Pony“ ist, „Deftones“ und „Saturday Night Wrist“ rücken angesichts dieses Sahnestückchens ein wenig in den Hintergrund, ohne diese Alben jetzt schlecht machen zu wollen, aber so gut wie auf „White Pony“ waren die Jungs aus Sacramento danach nicht wieder. Erst jetzt vollbringen sie das Kunststück, wieder an alte Glanzleistungen anzuknüpfen. DeftonesDiamondEyes2010Für „Diamond Eyes“ verpflichtete man den ehemaligen Quicksand-Basser Sergio Vega und den Produzenten Nick Raskulinecz (Foo Fighters, Alice In Chains, Rush). Wer jetzt Einflüsse auf den „neuen“ Sound genommen hat ist fraglich, aber es liegen ja auch vier Jahre zwischen „Saturday Night Wrist“ und „Diamond Eyes“. Der gleichnamige Opener ist vom Gesang her sehr eindringlich, wenn nicht die fiesen Riffs von Stephen Carpenter wären, die gegen den Hit-Appeal des Songs arbeiten. Speziell in den letzten 20 Sekunden kommt fast schon Meshuggah-Feeling auf. Schon seit „Around The Fur“ war die Klampfe nicht mehr so wütend und schneidend, Chinos Gesang seit „White Pony“ nicht mehr so eindringlich. Die Mischung aus brutaler Aggression und schauriger Melancholie, die diese Band wie niemand sonst perfektioniert hat, läuft ihnen 2010 so homogen von der Schippe (man höre ‚Prince’!), wie schon seit Jahren nicht mehr. Wobei die Aggression teilweise zugunsten der Melodie etwas zurück genommen wird, laut Chino ist das neue Album ja auch „schön“, was Stücke wie ‚Beauty School’ und 'Sextape' eindeutig unterstreichen. Wunderschön! Weitere Stücke hervorzuheben macht keinen Sinn, das Album rotiert gerade zum zehnten Mal durch meine Boxen und ist so homogen und in sich geschlossen, das es eigentlich nur als Einheit stehen kann. Und auch komplett gefällt, kein Song ist ein Ausfall, oder mittelmäßig. Abschließend bleibt eine Frage. Wie gut wären die DEFTONES 2010 mit Chi Cheng? Gar nicht auszudenken, wie gut! Wie schön wäre es, wenn er bald wieder erwachen würde und die Band „Eros“ hinterher schieben würde!!! Hofft und betet für Chi, liebe Freunde, hofft und betet! Album-VÖ: 30.04.2010