(Vertigo / Universal) Das Ziel eines jeden weiblichen Popstars ist es wohl, die Musikbranche zu revolutionieren, sie im Idealfall zu dominieren oder auch erst einmal länger als einen Hit in ihr zu existieren – vor allem in den Zeiten, in denen musizierende und singende Frauen wie Pilze aus der Erde schießen. Eine dieser Musikerinnen, die nun die Popwelt mit ihrem eigens kreierten Stil des „Hollywood Pop/Sadcore“, wie sie ihr Genre selbst beschreibt, aufmischen will, ist die US-Amerikanerin LANA DEL REY, deren Namen vor allem Nutzern von sozialen Netzwerken inzwischen gut bekannt sein dürfte: ihr Song 'Video Games' und das dazugehörige Video verbreiteten sich Ende des letzten Jahres wie ein Lauffeuer im Internet. Binnen kürzester Zeit schnellten die Views in atemberaubende Höhe, eine Nummer-eins-Platzierung in den deutschen Charts folgte prompt. Seit dem 27. Januar ist nun ihr Debütalbum „Born To Die“ auf dem Markt - ein Album, auf das alle Youtube-User sehnlichst gewartet haben dürften. Romantisch, teils geheimnisvoll und düster und auch ein bisschen sexy kommen LANA DEL REYs zwölf „Hollywood-Glam-Balladen“ daher; der Einsatz von Streichinstrumenten ist gut dosiert, mit ihrer einzigartigen, warmen und beruhigenden Stimme bettelt sie nach Liebe und leidet auf hohem Niveau – wie ein Soundtrack eines alten Schwarzweiß- Schinkens. Doch sie möchte auch eine „Gangsta-Nancy-Sinatra“ sein – leider wird wohl Nancy Sinatra, aufgrund ihrer Familiengeschichte (ja, Frank war ein schlimmer Finger!), „mehr Gangster“ sein als Fräulein DEL REY es jemals sein wird. Den angesprochenen Gangster Touch muss man nämlich auf ihrem Album mit der Lupe suchen. Sprechgesang, der Einsatz eines Chors im Refrain und der dezente Hip Hop – Beat, wie z.B. in 'National Anthem', machen eben noch keine Gangstermucke aus. So bezeichnet DEL REY ihren Look sogar selbst als „Lolita, die sich im Ghetto verlaufen hat“ – passt irgendwie. Alles bleibt zu soft, zu sanft. Die Songs bieten musikalisch wenig Abwechslung. Auch die Liedtexte weisen keine Besonderheiten auf: ein armes reiches Mädchen singt halt von der Liebe. „Ich erzähle in meinen Songs von epischen, in Stücke zerlegten und in die Länge gezogenen Love-Stories. Das ist es, wo ich hin will. Ich möchte mit meiner Musik Leben zerstören und den Zauber der Gefahr verstehen.“ Sie scheint eine genaue Vorstellung von dem zu haben, was und wer sie sein möchte. So setzt sie sich in dem unglaublich cheesy wirkenden Video zur Single 'Born To Die' in einer opulenten, verzierten Kathedrale von zwei Tigern umringt auf einen Thron und möchte damit sicherlich ihre Präsenz in der Popwelt verdeutlichen und erinnert dabei ein wenig an Lady Gagas 'Pokerface' – Video, in dem sich Doggen statt Tiger um die Sängerin sammelten. Selbstverliebt, ihre Schlauchbootlippen aufdringlich zu einer Schnute geformt (man möchte sie eigentlich nur noch gegen eine Wand schupsen!) blickt sie in ihrem selbstgeschnittenen Video zu 'Video Games' in die Kamera und erinnert optisch dabei irgendwie an die junge Julia Roberts oder eine extrem junge Priscilla Presley, der man „Glotz’ nicht so romantisch!“ ins Gesicht brüllen möchte. 'Video Games' ist trotz dessen unglaublich schön und bleibt der mit Abstand beste Song des Albums. Zum romantischen Schwofen und sich dabei verliebt in die Augen gucken würde ich 'Million Dollar Man' empfehlen. Die restlichen Lieder überzeugen nicht und dümpeln so in der Gegend rum. Schade. Anspieltipps: Born To Die, Video Games, Million Dollar Man Album-VÖ: 27.01.2012