Überraschenderweise haben
BUSH diesen Sommer zwischen ihren Festivalauftritten auf ihrer Tour auch einige Einzelkonzerte in Deutschland eingeschoben. So spielen sie an diesem Abend mitten auf der Reeperbahn in der gut gefüllten
Grossen Freiheit 36 in
Hamburg. Noch kurz vor dem Konzert konnte man vor dem Club einen entspannten und gut gelaunten
Gavin Rossdale antreffen, der freundlich Hände schüttelte und sich auch für ein paar Worte nicht zu schade war. Wenn das kein guter Start für einen tollen Abend ist...
Einen guten Anfang stellt auch die Vorband des Tages dar: Mit den
YOUNG GUNS aus der englischen Hauptstadt, findet sich ein durchaus hochkarätiger Support für
BUSH. Die fünf Jungs, die ich im März im winzigen
Magnet in
Berlin erleben durfte, schlagen sich auch auf der größeren Bühne ganz gut. Ihre Musik ist vielleicht für die
BUSH-Fans ein wenig zu unausgereift, aber man hätte es eindeutig schlechter treffen können. Die
YOUNG GUNS schaffen einen würdigen Auftritt, bei dem sie sich ihrer "Anheizerrolle" stets bewusst und auch ein wenig ehrfürchtig sind. Die Band ist offenbar auf dem richtigen Weg. Schon jetzt haben sich tatsächlich einige plakativ als
YOUNG GUNS markierte Fans direkt vor der Bühne eingefunden. Das Quintett spielt sich querbeet durch seine beiden Alben und hat das Publikum nach einer halben Stunde sicherlich gut animiert.
Um zehn nach Neun gehen dann die Lichter aus. Man fragt sich, welcher Song wohl zuerst gespielt wird, ob sich das Konzert von dem im letzten November unterscheiden wird, ob
BUSH die Freude über eine wiederbelebte Band erneut entfachen können. Als dann das Anfangsriff von
'Machinehead' gespielt wird, beantworten sich diese Fragen von selbst. Es wird so sein wie beim letzten Mal. Man verspürt immer noch große Freude darüber, diese Band wieder live erleben zu können, denn sie ist einfach her-vor-ra-gend! Wieder gibt es eine faire Mischung aus alten, heißgeliebten Klassikern und neuen Songs wie
'All My Life', die genauso gefeiert werden wie die Pre-Hiatus-Songs.
"I want you to remember..." stimmt Frontmann
Gavin Rossdale den nächsten alten Song
'The Chemicals Between Us' an und man kann selbige zwischen ihm und dem Publikum förmlich spüren. Auch wenn
BUSH sich nicht gerade großen Reden zwischen ihren Stücken hingeben, fühlt man als Zuschauer immer eine starke Verbindung zur Band. Neben dem Sänger, der unaufhörlich seine unübersehbaren braunen Knopfaugen über die Menge schweifen lässt und sich das Strahlen manchmal nicht verkneifen kann, leuchtet auch von Seiten des Gitarristen
Chris Traynor eine starke Bühnenpräsenz auf. Der Mann mit den langen offenen Haaren und einem Bart, der jeden schwarz-weiß-Western-Bösewicht vor Neid erblassen lassen dürfte, lässt mich glauben, dass
BUSH langsam weniger
Gavin Rossdale-Show ist als früher. Den charismatischen Sänger in allen Ehren, ist es doch schöner, wenn die "Neubesetzung" in Zukunft vielleicht als richtig eigene Band angesehen wird.
Mit
'Sound Of Winter',
'Everything Zen' und
'Swallowed' gibt es drei Singles, wobei letztere live einfach zum Abheben ist. Bei
'Zen' kann man den namengebenden Zustand sogar bei den Bandmitgliedern beobachten: Mehrmals gibt es Schwierigkeiten mit beiden Gitarren, was dazu führt, dass die Instrumente einige Male ausgetauscht, zurückgetauscht und ersetzt werden müssen, alles im laufenden Betrieb sozusagen. Dann reißt auch noch eine Saite. Murphy's Gesetz? Abgesehen vom etwas frustrierten Blick
Rossdales und der längeren Überleitung sind die Probleme dem Song aber kaum anzumerken und die Band zeigt wieder einmal ihre Professionalität. Weiter geht's. Vor
'The Heart Of The Matter' erzählt uns
Gavin etwas von seinem Tourleben. Als nächstes:
'Greedy Fly', voller Power, göttlich. Mit
'Prize Fighter' und
'Alien' gibt es zwei kleine, gern gehörte Überraschungen. Dann -wie beim letzten Mal-
'The Afterlife' mit dem sehr attraktiven, äh... aktiven Sänger, der sich seinen Weg auf der Absperrung und durch das Publikum bahnt. Was zu einer erwarteten Einlage geworden ist, wirkt trotzdem lebhaft, euphorisch und echt.

Nach
'Land Of The Living' und
'Little Things' verabschiedet sich die Band kurz, nur, um sogleich noch viel beeindruckender zurückzukehren. Ein Song, der nicht von
BUSH stammt, wird angestimmt. Es ist nicht das erwartete Beatlescover, das noch folgen soll.
Rossdale liegt am Boden, strahlt seine Kollegen an, spielt auf seiner Akustikgitarre. Dann DER Ton. Irgendwo in den hinteren Gefilden meines Gedächtnisses schreit es
"Pink Floyd" und gleich darauf beginnt man den Text von
'Breathe' zu singen. Zu mehr als "Woooow!" reicht es bei diesem Highlight schon nicht mehr. Die Kombination aus Band, Cover, Atmosphäre und Sound ist einfach himmlisch.
'Come Together', das darauf folgt, kommt da fast nicht mehr heran, aber bei
'Glycerine' und dem letzten Song
'Comedown' (ist zu dem Zeitpunkt auch buchstäblich notwendig) wird noch einmal alles entfesselt. Die Band spielt, die Zuschauer singen große Strecken auf Wunsch allein, alle sind glücklich, perfekt.
Ich wünsche jedem, so ein Konzert mal erleben zu dürfen.
BUSH schaffen es genau, hohe Erwartungen zu erfüllen und ein eigentlich fatal idealisiertes Bild von einer Band nicht zu zerstören, sondern zu übertreffen. Sie spielen einerseits professionell, legen aber andererseits eine Spielfreude sowie Publikumsnähe und -liebe an den Tag, die man bei vielen alten Hasen im Geschäft vermisst.