"Der ist ein Bruder", sagt mir eine Freundin, als ich erzähle, dass ich
DANKO JONES interviewen werde und ein paar Probleme mit seiner Machoattitüde auf der Bühne habe. Aber sie versichert mir, er sei "ein Bruder". Gemeint ist,
DANKO JONES ist ein Musikvernarrter, genau wie wir. Er ist mindestens genauso Musikfan und "professioneller Hörer" wie er selbst Musiker ist. Er sammelt, er hört und atmet praktisch Musik, indem er alles in seinem Leben auf eben jene ausrichtet. Er schreibt Kolumnen, macht Podcasts, nimmt an Spoken Word-Touren teil (über Musikthemen, versteht sich), ist Teil von Dokumentationen und hat eben auch gerade ein neues Album eingespielt. Mit diesem Wissen treffe ich Sänger
Danko und erwartete einen leidenschaftlichen euphorischen Fan, der sich dann manchmal erstaunlich einsilbig und geschäftsmäßig gibt.
Warst du schon einmal hier?
Ich war im früher einmal im alten Ramones Museum, da war es noch in einem Keller in Kreuzberg. Das ist aber schon Jahre her, es war 2003 oder 2006?
Gefällt es dir hier? Würdest du auch irgendeinem Künstler ein Museum widmen?
Ich weiß nicht, nein.
Es würde sich aber anbieten, du bist doch ein Sammler, oder?
Sicher, ich habe ein paar hundert
Metallica-Bootlegs und eine Haufen
KISS-Kram, aber ich hätte niemals genug, um damit ein Museum zu eröffnen.
Oder ist es so, dass du eigentlich niemandem so ernsthaft und offen huldigen möchtest?
Ja auch, das ist wirklich nicht mein Ding.
Na gut, dann lass uns über dein Album reden. Wie siehst du es selbst?
Es sind einfach 12 weitere, harte Rocksongs.
Einfach DANKO?
Genau, wir haben nicht gerade das Rad neu erfunden und ich meine auch nicht, dass das unser Job ist. Unser Job ist es eben harte Rocksongs zu schreiben und genau darin besteht die Kunst. Man sollte sich selbst innerhalb bestimmter Parameter bewegen und sehen, was man alles in diesem Bereich erschaffen kann. Das ist eine Herausforderung.
Kannst du den Titel erklären?
Ja, „Black and Blue“ ist man, wenn man einen Schlag abbekommen hat. Diesen Titel sollte eigentlich unsere erste Veröffentlichung tragen, 1996, als wir noch nicht wussten, was es werden würde. Eine Kassette, Seven-Inch, Split etc., es hätte alles sein können. Dann gab es aber eine Band, die ein Album herausbrachte, das „Real Rock’n’Roll tonight“ hieß und das fanden wir am Ende zu ähnlich. Wir haben den Titel nie benutzt und einfach für uns behalten. Als wir nun einen Namen für das Album gebraucht haben, haben wir ihn also wieder hervorgeholt;
JC hat ihn
Atom gegenüber erwähnt, der hat ihn geliebt, ich fand ihn auch noch super, es war keine schwere Entscheidung.
Wenn ihr solche Ideen im Kopf behaltet, macht ihr das beim Schreiben des Albums ähnlich? Sammelt ihr Ideen während ihr tourt, nehmt ihr zwischendurch schon ein paar Songs auf oder macht ihr das erst im Studio?
Nööö, dafür haben wir keine Zeit, Studios kosten sehr viel Geld. Wir setzen uns eine Deadline, dann buchen wir das Studio und bevor wir dort anfangen, schreiben wir die Songs. Wir sind zur Zeit in einer komischen Situation, denn
Atom lebt in
Los Angeles und wir in
Toronto. Er fliegt also ab und zu ein, Freitag bis Montag oder Montag bis Donnerstag, wir jammen und dann fährt er zurück zum Flughafen. Das haben wir vier bis fünf Mal gemacht, ein paar Tage immer 5-8 Stunden am Stück jammen und im Laufe des Herbstes, Winters und auch Frühlings haben wir etwa 40 neue Songs geschrieben. Davon haben wir 16 ausgesucht, die wir aufnehmen wollten und 12, die auf das Album sollten. So sieht also unser Schreibprozess aus.
Das führt mich zur nächsten Frage: Werdet ihr den Überschuss auch irgendwann veröffentlichen? Als B-Side oder so? Ihr habt ja schon einmal ein sehr populäres Raritätenalbum herausgebracht.
Wir haben immer einen so großen Überschuss, damit wir auch ein wenig Auswahl haben. Und ja, es gibt vier Songs, die nicht auf dem Album sind und die werden ihren Weg auf Deluxe Editionen oder nach
Japan finden, wo meistens andere Versionen von Alben erscheinen, die mehr Tracks haben. (Zu sich selbst) Letztes Mal hatten wir fünf Songs Überschuss, dieses Mal vier, drei Songs haben wir jetzt noch im Ärmel, ich denke, das wird am Ende reichen. Wir werden, wenn wir genug haben – immer etwa nach drei bis vier Alben- wohl wieder eine B-Side-Collection veröffentlichen. Ich schätze, das könnte nach dem folgenden Album der Fall sein.
Da Atom in LA lebt: Habt ihr auch manchmal das Internet benutzt, um einander Songideen zu schicken? Ich kenne Bands, die immer erst im Studio zusammenkommen, sich aber ständig gegenseitig Demos per E-Mail schicken?
Das ist tatsächlich ein paar Mal vorgekommen. Bei ganz verschiedenen Songs. Wir haben das zum Beispiel auch bei
‚Get Up‘ gemacht. Da habe ich ein Riff geschrieben und an
Atom geschickt, er hat dann einfach von dort aus daran mitgearbeitet. Aber ich mag es überhaupt nicht gerne, das zu tun. Nicht einmal für diese Roharbeit, denn wir haben nie einen Song richtig fertiggestellt, ohne zusammen gekommen zu sein. Wir müssen definitiv zusammen spielen, sonst funktioniert es für mich einfach nicht. Ich bin da vielleicht merkwürdig, aber ich kann so nicht arbeiten, das fühlt sich für mich nicht echt an.
„We have to jam it out“, alle Parts müssen von selbst herauskommen. Meist fängt es mit einem Riff an – manchmal geht alles ganz von selbst, aber meistens muss man einen Song herauskitzeln- und dann jammen wir alle, bis sich etwas entwickelt.
Ich kann mir das immer gar nicht vorstellen, man hat so mystische Eindrücke davon, wie die Künstler arbeiten. Sich Musik hin- und herschicken, passt da nicht wirklich.
Wir haben es auch tatsächlich nur nach dieser Form gemacht:
„ Hey, hier ist ein Riff.“ „Gefällt mir.“ „Klasse, dann arbeiten wir daran, wenn du da bist.“ Dann bin ich inspiriert und motiviert genug, dranzubleiben. Wenn wir dann zusammen kommen, können wir gezielt daran arbeiten.
Du klingst nach einem Bauchmenschen, der sich auch weigert, wenn ihm etwas nicht „echt“ vorkommt.
Definitiv.
Die ganze B-Side-Geschichte erinnert mich an deine Spoken-Word-Performance ‚Magical World of Rock‘, in der du erzählst, dass du genau der Typ bist, der sich alle verschiedenen Versionen eines Albums kauft, oder die zigste KISS-Veröffentlichung, nur weil im Booklet ein neues Foto ist usw. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie es ist, Spoken-Word-Performances zu machen. Es ist ja etwas anderes als Gesang zu Musik. Vor vielen Menschen sprechen ist doch noch schwieriger.
Ich finde es sogar einfacher als ein Gespräch wie jetzt zu führen! Du redest einfach mit dir selbst, du kannst wegen der Menge der Menschen gar keinen intensiven Kontakt aufbauen, weshalb du das Gefühl bekommst du würdest einen inneren Dialog mit dir selbst haben. Du stehst ja ganz allein auf der Bühne. Das ist ein schräges Gefühl, ganz allein dort oben.
Aber du bist schon dafür gemacht, oder? Du bist echt wortgewandt und hast eine sehr lebhafte und lustige Erzählweise.
Danke, ich mache das auch wirklich gerne. Ich habe eine natürliche Eingebung so etwas auch tun zu wollen.
Bist du also eher eine extrovertierte Person?
Eigentlich glaube ich, dass Menschen, die so etwas tun sogar introvertierter sind als andere. Ich selbst bin sozusagen nicht der Mittelpunkt jeder Party, ich hänge nicht andauernd mit allen und jedem ab. Ich bin schon ganz gerne allein. Das wirst du bei vielen Sprechern finden, man lebt sozusagen sowieso mit sich alleine in seinem eigenen Kopf. Die Ideen, über die ich spreche, könnte ich gar nicht formulieren, wenn ich nicht so tief in meine eigene Welt eintauchen könnte. Um das zu können, braucht man viel Zeit mit sich selbst. Ich habe auch schon
Henry (Rollins) und
Jello (Biafra) kennengelernt und die beiden kommen mir gar nicht wie Extrovertierte vor. Das, was sie tun ist zwar sehr öffentlich, aber jenseits der Bühne sind sie sehr ruhig.
Jello ist wahrscheinlich noch ein wenig gesprächiger als
Henry. An der ganzen Spoken Word-Geschichte ist schon irgendwie etwas Introvertiertes. Als ich vor acht Jahren damit angefangen habe, hat es mir nicht gefallen. Als ich damit fertig war, war ich sehr unzufrieden damit, wie es gelaufen war. Ich wollte nicht wie Henry Junior sein. Das hat mich genervt, also hab ich damit aufgehört und für acht Jahre nicht weitergemacht. In diesen acht Jahren ist mir aufgegangen, wo ich mit Spoken Word hin möchte. Wie ich in dem Genre sein kann ohne
Henry oder
Jello zu kopieren. Also habe ich auf
Wacken akademische, universitätsmäßige Rock-Vorlesungen über
KISS gehalten. Ich habe eine Fliege getragen, hatte eine Tweedjacke an und hielt eine richtige Präsentation ab, so wie die Professoren, die ich aus meiner Schulzeit kannte. Damit habe ich mich viel wohler gefühlt. Denn ich kenne die
KISS-Welt und es war ein Riesenspaß.
Ich habe viel über dich als Spoken Word-Artist auf Wacken gelesen und war überrascht, dass dich viele von vorneherein nicht sehen wollten, weil sie der Meinung waren, dass nur Live-Musik auf ein Festival gehört.
Es wird immer Leute geben, die so etwas sagen, ohne zu wissen, was sie erwartet oder ohne abzuwarten, wie es läuft. Ich wette, wenn sie es sich angesehen hätten, wären sie überzeugt gewesen, dass es sehenswert war. Nicht etwa, weil ich so großartig wäre, sondern weil es anders war, als alles, was sie je sehen werden. Ich habe ja den Anspruch etwas ganz anderes zu machen und das im Umfeld einer Metalinstitution wie
Wacken. Aber es ist ja einfach das im Vorfeld zu verlachen.
Es ist sowieso ein Problem mit Wacken und anderen großen Festivals, die für ihr Genre bekannt geworden sind, dass die Ur-Besucher es mittlerweile durch den Kakao ziehen, weil alles zu Mainstream geworden wäre. Bei Wacken ist nicht mehr alles Metal, bei Rock Am Ring ist nicht alles Rock.
Ja, sobald etwas zu viel Publikum anzieht, zieht es auch einen großen Anteil engstirniger Menschen an. Das ist ja logisch. Das passiert ja immer, wenn etwas zu populär wird, es bringt Engstirnigkeit zum Vorschein. Anfangs können solche Festivals oder Bands existieren, weil es offene Menschen gibt, die sie mögen, aber je berühmter sie werden, desto mehr – ich hasse es, das zu sagen- dumme Leute kommen dazu. So funktioniert es eben.
Wie würdest du mit Menschen umgehen, die dich ganz offen ablehnen. Dich zum Beispiel ausbuhen oder so?
Ich würde sagen:
„Wenn ihr mich ausbuhen müsst, geht doch einfach woanders hin." Gerade bei einem Ort wie Wacken würde das funktionieren. Man kann dort einfach zu einer anderen Bühne gehen.
„Warum musst du bleiben? Wenn du es wirklich nicht magst, warum bleibst du dann? Wenn du bleibst, ist es, weil es dir doch irgendwie gefällt, sonst würdest du gehen! Du magst mich! Ganz egal, was du sagst, sonst wärst du nicht mehr hier.“ Wenn ich etwas nicht mag, würde mich niemand auch nur in der Nähe davon sehen…
Du hast also eine ganz rationale Sichtweise und würdest dir also solche Dinge nicht zu Herzen nehmen?
Nun, das ist mir ja noch nie passiert, auch nicht in
Wacken. Falls die Menschen mich irgendwo gemobbt haben, habe ich es jedenfalls nicht mitbekommen. Ich hätte das aber mitbekommen, weil es so leise war. Häufig ist es aber auch so, dass man viel redet, wenn der Tag lang ist und wenn man mich dann persönlich sieht, sagt mir niemand die Meinung. So gesehen wären das alles also Feiglinge, wenn die den Schneid hätten, würden sich mich ja ansprechen.
Würdest du sagen, dass deine Spoken Word-Performances eher Spaß oder Arbeit sind?
Beides. Alles ist Arbeit, aber ich habe auch total Spaß daran. Es ist wie Bungee-Jumping. Nicht, dass ich das je gemacht hätte, vielleicht ist es besser zu sagen, es ist wie eine Achterbahnfahrt. Du bist im freien Fall und kreischst aber hast auch Spaß. So fühlt es sich an. Mein Herz schlägt immer bis zum Hals, weil ich ganz alleine bin, keine Gitarre oder Band, die mich unterstützen kann, keine Crew, nur ich. Wenn ich dann alles versaue, dann bin ich ganz allein und kann gar nichts machen. Es ist also genauso aufregend wie es beängstigend ist. Ich liebe es. I fucking love it.
Auch wenn es nun schon lange her ist und dir der Stil nicht gefiel: Bei deiner Magical World of Rock Performance hast du dich als „Professioneller Musikhörer“ bezeichnet. (Danko lacht). Das fand ich super. Siehst du dich heute auch noch mehr als Fan, obwohl du selbst ein erfolgreicher Musiker bist?
Auf jeden Fall! Gerade jetzt, da es dir viel leichter gemacht wird, alle Platten zu bekommen. Sicher, das ist der Grund, warum tolle Musikgeschäfte schließen müssen aber bei mir ist es so: Ich möchte einfach so viel Musik wie möglich konsumieren, so viel Musik wie möglich hören. Ich brauche gar nicht mehr die richtige CD, ich brauche die Musik nicht festhalten zu können, ich muss sie nur hören können. Bei einer physischen CD geht es mehr darum, etwas zu besitzen, zu „erobern“, das ist auch beim Sammeln so. Es gibt dir Sicherheit, alle diese Dinge zu besitzen. Ich will sie aber einfach nur hören. All diese Songs, über die die Menschen reden, muss ich gehört haben, bevor ich sterbe. Ich bin nicht mehr so hardcore wie ich damals war, da habe ich das echt ernst genommen. Jetzt bin ich älter, ich weiß, was ich mag und ich mag, was ich mag. [Hä?] . Man soll niemals nie sagen, aber es wird kaum eine Band geben, die mich mit ihrem unglaublich innovativen Sound, der noch nie da gewesen ist, vom Hocker hauen wird. Es wird aber Bands geben, die mit der bestehenden Musik richtig gute Sachen anstellen werden und die cool klingen werden. Ich mag Bands wie
Torch (aus Schweden),
Baroness,
Fucked Up. Die schreiben gute Musik. Ich weiß nicht, ob sie das Rad neu erfinden, aber die haben gute Alben.
Das ist eine meiner Fragen. Was hörst du für aktuelle Bands? Kennst du ein paar neue Bands, die jeder kennen sollte?
Puh, da fallen mir kaum weitere ein.
Grand Magus vielleicht. Es gibt einige Bands, die sich derzeitig etablieren und neue Alben herausgebracht haben, die ich mir alle noch anhören muss. Da muss ich viel nachholen, deshalb höre ich kaum ganz neue Bands.
Es ist ja oft so, dass Bands, die in Kanada "nicht ganz unbekannt" sind, in Europa schon richtig erfolgreich sind. Bei euch ist das ebenfalls so, oder?
Klar. Wir hatten bei uns relativ viel Erfolg mit dem letzten Album, zwei von drei Songs liefen im Radio landesweit richtig gut, aber das ist alles nichts im Vergleich dazu, wie es hier für uns läuft. Es ist natürlich auch so, dass
Kanada riesengroß ist und trotzdem nur vielleicht etwa 36 Millionen Einwohner hat. Wenn man sich die Landesfläche [fast 10 Mio km²] anguckt, kannst du da
Deutschland [etwa 0,36 Mio km²] wirklich einige Male [etwa 28 Mal!] unterbringen. Aber
Deutschland hat wie viele Einwohner? So etwa 90 Millionen oder?
Etwa 82 Millionen.
82 Millionen?! Das ist unglaublich. Es ist also schwer in
Kanada zu touren, du fährst tagelang ohne auch nur durch eine richtige Stadt zu kommen. Es gibt auch in ganz Kanada vielleicht zehn Städte, in denen man spielen könnte.
Toronto, Montréal, Vancouver, Calgary, Edmonton, Regina, Saskatoon, vielleicht Québec City, Winnipeg, Victoria, Halifax. Das sind elf. Vielleicht noch
Fredericton. Zwölf. Dann gibt es kleinere Städte wie
London, Hamilton. Insgesamt vielleicht 15 Städte und das war’s.
Wahnsinn. Die dürfte man allein in Deutschland zusammenkriegen, ganz zu schweigen von Resteuropa. Magst du denn unser Land? Speziell Berlin?
Ja sicher. Wir sind hier öfter auf Tour gewesen, als in den letzten 10 Jahren in
Kanada.
Berlin mag ich auch wirklich gerne. Es ist eine Großstadt, da ist immer was los.
Gibt es irgendwelche Geschichten, die du hier erlebt hast? Was machst du denn, wenn du mal frei hast? Kennst du die Sehenswürdigkeiten?
Ich war jetzt so oft hier, dass ich sie fast alle mindestens durch das Taxifenster gesehen habe. Ich mache aber kein Sightseeing, wenn ich toure, ich bin ja für etwas anderes hier und das will ich dann auch machen. Ich möchte dann keine Energie für eine Stadttour aufbringen, die dann später beim Konzert, Spoken-Word-Show oder Pressetermin fehlt. Das ist verständlich.
Hättest du denn Interesse an Rock’n’Roll-Sehenswürdigkeiten? Davon gibt es einige in Berlin. Grabstätten, das Hansa-Tonstudio oder die Wohnung von Iggy Pop und David Bowie.
Haha, das ist cool. Gibt es an der Wohnung eine Plakette oder so?
Nein. Das ist eigentlich schade, aber es ist ganz witzig sich das einmal anzusehen und sich vorzustellen, was dort Ende der Siebziger wohl los war. Früher haben Pilger die Hausnummer geklaut und heute sind dort Arztpraxen. Es gibt dort eigentlich nichts zu sehen, es ist mehr für Nerds.
Das wäre aber eine richtig coole Tour, die ich auch machen würde. Wenn ich mal einen Day-Off in Berlin hätte, würde ich mir solche Sachen angucken. Ich war auch ein paar Mal in
Paris, aber ich war noch nie bei
Jim Morrisons Grab, ein großes Versagen meinerseits. Aber ich habe auch erst beim neunten Mal in
Paris den Eiffelturm gesehen. Nicht besichtigt, sondern zufällig aus einem Auto heraus gesehen! Es war Nacht und er war beleuchtet, wir fuhren auf einer Straße, die direkt an ihm vorbei führt. Ich sah ihn mir an und sagte: „Verdammt, das ist der Eiffelturm?! Ach du heilige Scheiße!“ Und der Fahrer dreht sich um und meint: „ Du hast noch nie den Eiffelturm gesehen? In all den Jahren?“ Das war auch cool.
Ich muss mich wohl beeilen. Du hast ja einen gewissen Ruf was deine Bandperformances angeht. Hast du nicht manchmal Angst, dass die Menschen mehr auf deine Sprüche achten als auf eure Musik? Bist das eigentlich du auf der Bühne oder spielst du eine Art Rolle?
Das bin ich.
Versteh’das nicht falsch, aber du bist jetzt ganz anders als auf der Bühne.
Schon. Ich würde niemandem bei einem Gespräch ins Gesicht brüllen, aber wenn du meine Freunde, die mich privat kennen, also wenn sie mich zum ersten Mal gesehen haben und ich um feedback bitte, fragst…Sie sagen dann:
„ Das bist du. Aber voll aufgedreht!“ Ich bin also sozusagen vergrößert. Offensichtlich. Aber sie können mich darin erkennen, sie wissen, dass das keine Rolle ist, sondern ich voll aufgedreht. Denn ich rede nicht nur mit einer Person, sondern mit 1000 oder 500 Leuten. Wenn du einzeln mit jemandem sprichst, bekommst du sofort eine Reaktion, so wie jetzt hier, aber wenn man vor 20 Menschen sprichst, werden viele nervös und können nicht mehr sprechen. Das ist bei mir genau andersherum. Mein Bühnenbenehmen ist meine Reaktion auf so eine Situation.
Da hast du Recht. Weißt du schon, wer euch auf der Herbsttour supporten wird?
Nein, es sind schon ein paar Bands im Gespräch, aber nicht Genaues.
Wird es eine kanadische Band oder in jedem Land eine nationale?
Ich hab das Gefühl, dass es keine kanadische wird. Das wäre cool, aber ich denke nicht. Wir machen das nicht absichtlich.
Das ist schade. Vor ein paar Jahren hattet ihr Die Mannequin dabei und das lief für alle Beteiligten super.
Ja, aber wir hatten sie nicht ausgesucht, das hat sich so ergeben. Ehrlich gesagt wollte ich eine befreundete Band mitnehmen. Aber
Die Mannequin hatten noch keinen Labelstress und alle dachten, es wäre ein gutes Paket. Ich kannte sie vorher gar nicht.
Wenn du dir irgendwen aussuchen könntest, wen würdest du denn als Support haben wollen?
Die Rolling Stones. Denn dann wären alle Shows ausverkauft. So war es aber nicht gemeint oder?
Nö. Meinst du denn nicht, dass du eine Tour aus eigener Kraft ausverkaufen könntest?
Jedenfalls keine Arenatour. Aber im Ernst, es gibt viele tolle Bands, mit denen ich gerne touren würde.
Biblical, Freunde aus
Toronto,
Broken Teeth, Freunde aus
Texas, es gibt viele. Ich würde gerne mit
Eddie Spaghetti touren, alle möglichen Künstler, die Liste ist endlos.
Gibt es eine Frage, die du immer beantworten wolltest, aber nie gefragt wurdest?
Nein, ich wurde vermutlich schon alles gefragt.
Im Ernst? Werden dir denn nicht immer nur dieselben, oft langweiligen Fragen gestellt?
Nein gar nicht. Ich sehe die auch nicht als langweilig an. Die Leute fragen eben, was sie müssen, um ihre Stories schreiben zu können. Ich habe da keine Allüren a la (theatralische Geste)
„Diese Interviews sind so öde. Warum wollen alle etwas von mir?“ Die Menschen wollen doch nur Informationen von mir bekommen, die sie zum Schreiben brauchen. Ich verstehe das.
Alles klar, ich sehe, wir werden gestoppt. Vielen Dank für das Interview!