Im neuen Film mit Tom Cruise wandelt der Schauspieler in typischen Gefilden. Er spielt einen Actionheld, der mit allen Wassern gewaschen ist und das ganze 130 Minuten lang. Sonst was Neues? Eigentlich nicht. Umso überraschender ist es, dass JACK REACHER einen doch nicht langweilt.  Liegt es nun an Tom Cruise' schauspielerischer Leistung, an Werner Herzogs Auftritt als ultimativem Bösewicht oder doch an der verdreht spannenden Story? Bei JACK REACHER stimmt einfach das Gesamtpaket. Irgendwo in Indiana: Wir sehen einen Kleinbus in ein Parkhaus fahren, wir sehen ihn parken, wir sehen einen Mann aussteigen, wir sehen ein Gewehr und schließlich: ahnungslose Passanten. So spannungsgeladenen diese ersten Szenen auch sind, die der Zuschauer durch das Zielfernrohr im Fadenkreuz sieht, so sehr schlagen sie einem auch auf den Magen. Ein Heckenschütze tötet fünf ahnungslose Menschen (wie unrealistisch deren Wegrennen beim Hören von Schüssen ist, sei dahingestellt). Der Schuldige wird schnell identifiziert und dingfest gemacht. Es war James Barr, ein ehemaliger Scharfschütze und Waffennarr mit Hang zum Durchdrehen. Im ersten Verhör, verweigert dieser die Aussage und verlangt nur eines: Holt Jack Reacher. Warum er ihn sprechen möchte und dass es sich bei Reacher eigentlich um seinen Erzfeind handelt, erfahren wir nicht mehr, da Barr kurz darauf beim Gefangenentransport ins Koma geprügelt wird. So weit so simpel, Jack Reacher ist eine Art Aussteiger-Phantom, das sich der Sache aber annimmt und schließlich mit der Verteidigerin von Barr (natürlich einer jungen, blonden, engagierten Anwältin mit Vaterkomplex) zusammenarbeitet. Seinerseits verfolgt er allerdings den Plan Barr endgültig aus dem Verkehr zu ziehen. Nun wird es interessant: So gern Reacher Barr auch überführen möchte, so sehr ist er natürlich auch auf der Suche nach der Wahrheit, die ihn zu einer objektiven Ermittlung zwingt. Jene bringt ihn dann auf eine ganz neue Spur... JACK REACHER hat viele wirklich spannende Momente, ohne Bond- oder Bourne-mäßige Actionszenen und JACK REACHER (der Film) hat Humor! Szenen wie eine Barprügelei oder die Flucht vor den Cops werden, so bin ich mir ziemlich sicher, selbstironisch inszeniert. Wenn Reacher, der harte Hund, vor der Anwältin sein "einziges" Hemd im Waschbecken wäscht und sie ihn bittet, sich etwas überzuziehen, weiß man, dass gerade ein hundertmal gemachter Gag durch den Kakao gezogen wird. Viele Szenen sind so übertrieben voller Testosteron, dass man sie nur als Parodie verstehen sollte, um sie würdigen. Einzig beim Showdown wird der Bogen überspannt, aber da muss jeder selbst wissen, wann das erträgliche Maß erreicht ist. Ich kann nur sagen: Ja, Tom Cruise unterscheidet sich äußerlich sehr vom Reacher der Romanvorlage, ja die Auflösung ist weit hergeholt, aber es gibt schon einen tollen Kniff. Außerdem sind Werner Herzog als sowjetischer Fiesling mit (im Original) herrlich überzogenem Akzent sowie sein bitterböser Handlanger abartig sehenswert. JACK REACHER ist bestimmt nicht bestes Kino, aber eine sehr unterhaltsame und spannende Verfilmung der Romane von Lee Child. Filmstart: 03.01.2012