(Superball Music) Auf ihren letzten zwei Alben hatten LONG DISTANCE CALLING schon enormen Eindruck hinterlassen. Qualitäts-Post-Rock aus Deutschland? Keine Frage, diese Band steht ganz oben auf der Topliste! Umso überraschter war mein erster Eindruck von ihrem neuen Werk „The Flood Inside“. Instrumentell hat man begonnen, neue Pfade zu betreten. Post-Rock, ade! Hallo, Gesangseinlage. Durchgängig pendelt die Platte zwischen melodiösem Prog und psychedelischem Krautrock. Zuerst verspricht das Intro 'Nucleus' jede Menge Rhythmen und Gitarrenwände im Stile, den man von der Band gewohnt ist. Vor allem 'Ductus' fetzt dank der Drums so richtig und gewinnt gegen Ende eine Power, die den freiheitsliebenden Rockergeist der 70er Jahre wachruft. Dann jedoch geht das Singen los. Die Stimme des neuen Bandmitglieds Martin „Marsen“ Fischer (Pigeon Toe) und die genrespezifisch unterschiedlichen Gastspieler (unter anderem Bluesgitarrist Henrik Freischlader und Singer/Songwriter Petter Carlsen) sind – und hier treffen wohl oder übel konträre Geschmäcker aufeinander - gewöhnungsbedürftig. Parallelen zu eher selbstdarstellerischen Bands wie Dream Theater sind da ziemlich markant, etwa in 'Tell The End' und dem von Anathema-Sänger Vincent Cavanagh intonierten 'Welcome Change'. Die Vocals stechen nicht unangenehm heraus, doch kompositorisch betrachtet hätte man auf sie verzichten können. Da sich das Instrumentenspiel aber hörbar auf sie ausrichtet, rücken sie leider zwangsläufig in den Vordergrund. Was ich grundsätzlich auf „The Flood Inside“ vermisse, ist das große Statement. Alles klingt relativ ähnlich. Der Hörer langweilt sich zwar nicht, weil die Songs immer noch spannende Melodienwechsel haben und die Instrumente zu ihren verdienten Show-Offs kommen; allerdings fehlt der eine Track, auf die Band durchweg hin zu spielen scheint. Vermutlich hätte der Platte ein Umarrangieren oder gar Streichen einiger Songs nicht geschadet. Davon einmal abgesehen haben LONG DISTANCE CALLING das Übergleiten von einem Genre zum anderen schadlos bewerkstelligt, indem sie den nach wie vor beeindruckenden Post-Rock um Länge und Härte beschneiden und stattdessen polyrhythmisch anreichern. Eine solide Kombination – mit Aussicht auf Optimierung. Album-VÖ: 01.03.2013 (Photo by Martin Großmann)