"Ich hoffe, dir hat jemand gesagt, dass wir vorhatten, beim Interview komplett nackt in Zachs Bett  zu liegen. Das wäre sehr John und Yoko-mäßig." Diese kleine Alberei am Anfang unseres Interviews in Zachs Suite lässt mich die beiden PORTUGAL.THE MAN-Mitglieder gleich in neuem Licht sehen (nein, nicht nackt).  Trotz Verspätung, Hunger und Nackenschmerzen  werden die beiden nicht nur professionell sondern auch witzig und locker sein, wodurch ein Interview schon immer halb gewonnen ist. In den kommenden 45 Minuten sprechen wir buchstäblich über Gott und die Welt, Alaska und das neue Album "Evil Friends". Ähnlich wie John und Yoko sind die beiden ein eingespieltes Team und beenden auch gerne die Sätze des anderen, was die Niederschrift des Interviews etwas schwierig gestaltete. Okay, lasst uns mal damit anfangen, was ihr heute alles schon gemacht habt. Es scheint ja, als hättet ihr keine freie Minute gehabt. Es gibt immer so viel zu tun, wenn man sich der Veröffentlichung des Albums nähert. Zunächst einmal war heute schon unendlich viel besser als gestern, denn wir haben tatsächlich etwas Schlaf bekommen. Wir haben die ganze vergangene Woche über schon Promo gemacht und das meiste was ich in einer Nacht an Schlaf bekommen habe, waren zwei Stunden. Jede Nacht immer nur ein oder zwei Stunden, die ganze Woche über. Letzte Nacht waren es etwa sieben Stunden und ich fühle mich einfach megagut. Am Ende des gestrigen Tages hatte ich echt mein Limit erreicht, dann habe ich geschlafen und mich sozusagen neu programmiert. Wir hatten die ganze Zeit Interviews und Photoshoots, aber heute haben wir was ziemlich Cooles gemacht. Wir waren in so einer Kunsthalle, wie heißt dieser Kamerahersteller? Olympus? Auf diesem riesigen Gelände gab es jedenfalls eine Austellung mit Installationen [Es war die OLYMPUS OM-D: PHOTOGRAPHY PLAYGROUND, Anm.d.Autorin]. Es war richtig super. Dorthin kommen verschiedene Künstler, die alle einen Raum designen dürfen. Wenn man die Halle besucht, bekommt man eine Kamera und darf all Räume fotografieren und alles ausprobieren; es gibt Portraits, künstliche Landschaften und wirklich coole Installationen. Wir konnten nicht wirklich was selber probieren, weil wir interviewt wurden, aber es gab dort so ein Netzding, in dem wir spielen durften, das hat schon alles Spaß gemacht. Und es kostet gar keinen Eintritt. Habt ihr während solcher Promoreisen auch irgendwann ein winziges bisschen Zeit wieder runterzukommen und selbst etwas zu unternehmen? In Berlin zum Beispiel? Wir hoffen heute am späten Abend noch kurz etwas zu machen. Wir haben gar nicht mehr so viel geplant, aber wir wissen, dass es noch viel Kram gibt, den wir eigentlich erledigen müssten. Geschäftliche Dinge, e-mails und so. Das sind so Sachen, bei denen wir uns alle mal 15 Stunden hinter die Laptops klemmen müssten, um alles abzuarbeiten, was man immer hinauszögert. Es ist  wirklich unglaublich merkwürdig. Viele Menschen wissen gar nicht, was noch alles dazugehört, wenn man eine Band hat. Es geht nicht nur darum, ein Album aufzunehmen und dann zu touren. Ich habe schon Häuser gebaut, war Tellerwäscher, habe in Fabriken gearbeitet, aber das hier ist mit Sicherheit die anstrengendste Arbeit, die ich persönlich gemacht habe. Es ist immer 24 Stunden lang, pausenlos der schiere Wahnsinn. Weil ihr alle Aufgaben selber macht, oder...? Zach: Genau. Noah: Naja, gar nicht einmal deshalb. Es gibt etliche Leute, die... Zach: ...für uns arbeiten, aber wir nehmen immer noch viel davon in die eigene Hand. Jedenfalls mehr als viele andere Bands. Wir machen das Artwork... wenn du eine Nachricht von uns auf Facebook bekommst oder eine e-mail, dann ist die von uns und niemandem sonst. Zumindest versuchen wir das so zu handhaben. Das ist viel, wobei man auf dem Laufenden bleiben muss. Aber das gehört für uns dazu, das macht uns auch aus. Deshalb wollte Atlantic auch einen Vertrag mit uns. Die dachten sich: „Verdammt, diese Typen arbeiten ja tatsächlich.“ Und so kommt es eben. Das ist schon cool, aber man hat natürlich einen langen Arbeitstag. Noah: Man könnte sagen, unsere Arbeit bei PORTUGAL.THE MAN war bisher eine Fallstudie in der Arbeitskapazität des menschlichen Körpers und Verstandes. (beide lachen) Wir werden sehen,  ob es funktioniert oder nicht. Zach: „Die menschliche Psyche oder: Wie viel dein Körper aushält.“ Wir … (kaut Kekse und spricht unverständlich, Noah äfft ihn nach und alle lachen) Also wir haben heute morgen nach dem Aufstehen ein paar Interviews in diesem Zimmer gegeben, dann waren wir in der Fabrikhalle, haben dort ein paar gegeben und nun machen wir hier noch welche. Oh Mann, dann werden meine Fragen bestimmt in dieselbe Kerbe hauen, wie alle anderen. Solche Promo-Interviews bevor ein Album überhaupt erscheint lassen aber auch nicht viel Spielraum. Zach: Mach' dir keine Gedanken, europäischer Journalismus ist soviel besser als das, was wir aus den Staaten kennen. Das war jetzt ein schwerwiegendes Statement. Aber selbst, wenn jeder ähnliche Fragen stellt, so wie „Wie war es mit Danger Mouse zu arbeiten?“ gibt es immer noch ein kleines spezifisches Detail, an das der Typ vorher nicht gedacht hat. Das ist alles immer ganz gut durchdacht. Meine erste Frage wäre, warum ihr gerade ihn aufgesucht habt. Zach: Zunächst war es so, dass Scott Brian von Craig Kallmann, dem CEO von Atlantic vorgestellt wurde. Wir alle respektieren ihn als Künstler und Producer sehr. Ich glaube, keiner von uns hätte sich jemals gedacht, dass er mal mit ihm arbeiten würde. Er ist wie ein Einhorn, ein mystisches Wesen. Jedenfalls war er das, aber dann trafen wir uns und wir haben verstanden, dass er nur ein normaler nerdiger Typ wie wir ist, der Musik liebt und sich wirklich für die Projekte interessiert, die er unterstützt. Deshalb macht er auch gar nicht so viele. Er realisiert... er geht echt mit dir in den Schützengraben, um hier einmal eine Analogie zum Krieg zu nutzen. Denn ein Album zu machen, kann ein persönlicher Krieg sein. Es hat seine Höhen und Tiefen und du weißt nie, ob du das überstehst, ob ihr das als Band übersteht. Brian steigt da komplett mit ein, was wirklich hilft. Hatte er dann auch Einfluss auf den Stil dieses Albums? Auf die Musik oder die Texte oder war das sowieso alles fertig? Zach: Bei der Musik sicherlich, bei den Texten eher nicht, obwohl die bei uns immer das Letzte sind, was fertig wird. Er hat die Musik eindeutig beeinflusst. Vorhin wollte jemand wissen, wie viel Prozent er wohl beigesteuert hätte, aber ich kann nur antworten, dass wir alle zusammen 100% beigesteuert haben. Noah: Es hat sich mehr so angefühlt, als wäre er unserer Band beigetreten, für dieses Album. Er war einer von uns und das war eine Entscheidung, die beide Seiten zusammen getroffen haben. Wir hatten uns vorgenommen, da gemeinsam durchzugehen und alle 100% zu geben. Es wäre nicht fair jetzt zu fragen „Wozu hat er euch gebracht oder überredet?“ Denn so hört sich die Frage manchmal an. Er hat uns zu gar nichts bringen müssen, er hat uns beeinflusst, weil wir ihn in unsere Welt gelassen haben und er uns in seine und weil wir gerne zusammen gearbeitet haben. Es war eine Kollaboration. Zach: Es war uns sehr wichtig, uns im Studio komplett zu öffnen. Keine Egos, nur auf eine Sache fokussieren...wir haben auch alle ganz verschiedene Instrumente gespielt. Noah hat auf dem halben Album die Drums gespielt, das ist auch so eine Äußerung unserer Arbeit gewesen. Wer auch immer eine Idee hatte, wer auch immer dem Instrument am nächsten stand „Hey du, spiel' es!“ Das ist wirklich cool, dass unsere Egos da nicht im Weg waren. Ich meine, ich spiele Bass, aber oft war es so, dass John eine richtig gute Bassline einfiel und da habe ich dann nichts an mich gerissen, nach dem Motto „Alter, das ist mein Job...“ Ich hab' dann gesagt: „Klasse, das ist besser, als das woran ich gerade gearbeitet habe, lass' es uns so machen.“ Ich habe dann trotzdem gespielt, weil ich das besser kann, aber er hat's geschrieben. Das stört keinen, so muss es sein. Das klingt ja alles sehr positiv... Es war eine unglaubliche Erfahrung. ...wie eigentlich das ganze Album? Zach: Ja, es kam wirklich ein recht positiv gestimmtes Album dabei heraus. Im Vergleich zu den furchtbaren, dunklen, anstrengenden Aufnahmen, die wir schon erlebt haben. Diese waren wahrscheinlich die besten, die wir je gemacht haben. Die Aufnahme des Albums davor war die schlimmste Erfahrung meines Lebens. Noah: Ich bin froh, dass ich die verpasst habe. Zach: Ja, es kann ein echter Kampf sein. Naja, hier hat es sich offenbar auf die Stimmung des Albums ausgewirkt, dass es so eine harmonische Erfahrung war. Definitiv. Ich empfinde das auch so. Ich bin froh, dass man das bemerken kann. Ich habe euer neues Album schon anhören dürfen und ich muss ganz ehrlich sagen, ich war überrascht, denn es hat mir extrem gut gefallen. Ich wusste vorher gar nicht, was mich erwartet. Dankeschön, es ist auch eine kleine Kehrtwendung. Könnt ihr mir mehr zu den einzelnen Songs sagen? Bisher habt ihr ja zwei Singles, die man schon kennt. Zach: Genau, wir haben vor etwa einem Monat 'Evil Friends' veröffentlicht und das war eine merkwürdige Entscheidung, denn ich weiß, dass kaum jemand unserer Meinung war, das als erste Single zu veröffentlichen. Denn es wirkte nicht ganz richtig. Aber uns ging es darum, gleich eine deutliche Ansage zu machen, einen bestimmten Ton zu treffen, den wir mit der Platte und ihrem Image usw. vertreten wollen. Im Ernst...keiner von uns dachte, dass das der beste Song wäre oder dass irgendeiner von ihnen 100%ig geeignet wäre. Es wurde schon klar, dass man etwas eindeutigeres erwartete, aber wir wollten das so mit allem drum und dran. Skimasken, Baseball-Schläger, Nachtsicht [er spielt auf das Video an], wir wollten etwas ganz Fieses machen und danach kann alles andere kommen. „Wir wollen das so, danach werden wir auch etwas auf euch hören, aber jetzt nicht. Seht es so, wenn das schlecht läuft, könnt ihr sagen „Das war schrecklich. Einfach grauenhaft. Was habt ihr euch gedacht.“ Wir haben diese Möglichkeit dann nicht mehr. Wenn das schiefläuft, dann nehmen wir das auf unsere Kappe und es geht auf unsere Kosten.“ Dann meinten sie: „Okay, cool. Legt los.“ Noah: Und 'Purple Red' ist die andere Single. Das gefällt mir, weil sie so anders ist und beide Songs zeigen, wie breit das Album gefächert ist. Ich meine, die beiden sind nicht die Extreme der Scheibe, aber sie zeigen, dass jeder Song etwas ganz anderes ist, wie du ja schon weißt. Ich bin auf diese Vielseitigkeit wohl am meisten stolz. Die Idee, dass wir nicht ein Album mit einer bestimmten Identität machen wollten, sondern, dass jeder Song der bestmögliche werden sollte. John ist ein unglaublicher Songwriter, der mit jeder Aufnahme besser wird und unsere Rolle ist, ihn dabei so weit wie möglich zu unterstützen und hier war es wirklich nur ein Schweinevergnügen ihm dabei zuzusehen wie er sich dieses Wahnsinnsmaterial ausdachte. Er und Brian, die Genese, die Saat dieser Ideen war schon so stark, dass es nur eine Frage war, wie wir sie am Besten verpacken würden. Es war einfach eine völlig tolle Angelegenheit. Wie du gesagt hast, das überträgt sich auf die Platte. Helft ihr auch beim Texte schreiben? Zach: Das meiste macht wirklich John, aber ich zum Beispiel helfe ihm manchmal mit Formulierungen und Reimen. Wenn er eine Idee hat...ich kenne ihn einfach schon so lange, dass ich da gut helfen kann. Ich weiß einfach so „Powerwords“, die er gerne verwendet. Wenn er also loslegt mit einem Thema, komme ich dazu und sage: „ Hey erinnerst du dich noch an dieses, da hast du doch jenes geschrieben, wie wäre es jetzt wenn du so und so schreibst...“ Also irgendwie helfe ich schon. Noah: Wir unterstützen uns immer alle gegenseitig auf unsere Art. Die Rollen, die wir dabei annehmen, sind sehr unterschiedlich, aber am Ende wollen wir immer das Beste aus uns herausholen. Hmm, ich frage mich ja nach den Themen der Songs. Ihr habt ja bereits erwähnt, dass sie alle so unterschiedlich sind. Es scheint mir nicht so, als würden die Lieder einen gemeinsamen Nenner haben, oder doch? Zach: Komischerweise schon. Allein schon dadurch, dass sie alle auf einem Album gelandet sind. Wir gehen ja ins Studio, um eins aufzunehmen und weil das so schnell passiert, ist das immer wie eine Momentaufnahme von uns. Das ist von außen schwer zu sehen, wegen der Art, wie John seine Texte schreibt, aber wenn man ihn gut genug kennt, merkt man, dass sich vieles um dasselbe dreht, bzw. denselben Hintergrund hat. Nimm nur 'Evil Friends', das zieht sich über das ganze Album. Insgesamt könnte ich dir wohl so etwa zehn Themen nennen, um die sich bei uns immer alles dreht. Das gilt für jeden Song, den wir je geschrieben haben. Alaska, Kindheit, Kindheit in Alaska ...Freunde, Eltern, Familie... Dieses Album dreht sich mehr um uns und unsere Art wie wir miteinander umgehen. Noah: Und mit der Welt. Manchmal glaube ich dieses Album ist wie ein Lagebericht. Die Band kam aus einer echt dunklen Phase im letzten Jahr. Es war schwer, Jason und Ryan zu verlieren und nicht zu wissen, was als nächstes kommt. Man steht plötzlich am Scheideweg. Wir haben auch unsere ganze Crew verloren. Es war einfach verrückt. Und dann realisiert man, dass es wahrscheinlich doch irgendwie weitergeht und das taten wir schnell, als wir das Album aufnahmen. Nimm zum Beispiel den Refrain von 'Hip Hop Kids', das ist John, der ein echtes Statement abgibt und sagt was er denkt. Das hat er vorher nie so unverfroren gemacht. Er hat nie zuvor so deutlich seine Meinung gesagt, sondern immer eher erwähnt, dass es diese Meinung auf der Welt geben mag. Das ist vielleicht für Außenstehende nicht so nachvollziehbar, aber wir waren wirklich schockiert und überrascht. Darüber sind wir sehr glücklich. Lass uns sagen, was Sache ist. Wir sind verdammte Erwachsene ha ha. Wie sieht es denn dann zum Beispiel mit 'Modern Jesus' aus? Zach: Das ist genau die gleiche Geschichte. Ich meine „don't pray for us“...das bedeutet eigentlich, dass wir unser eigenes Ding durchziehen und wenig darauf achten, ob und wie es der restlichen Welt gefällt. Ich möchte keine komplette Auflösung für den Song geben, denn es liegt wirklich etwas im Auge des Betrachters bzw. den Ohren des Hörers. Noah: Für mich ist es wie „My Generation“. Es ist eine Anti-Hymne. Zach: Wenn ich den Song höre, dann werde ich richtig glücklich, denn ich merke, dass ich etwas mit meinen Freunden tue und wir alle stehen für die selbe Sache. Den einzigen Glauben, den wir haben, ist der Glaube an uns selbst. Das bedeutet der Song für uns. Eine Art neugeborene Energie. Der Song entstand ziemlich am Ende der Aufnahmen, als wir schon sehen konnten, wo alles hingeht und ganz aufgeregt und glücklich waren. Songs wie 'Modern Jesus' oder 'Evil Friends' geben uns das Gefühl, dass wir uns wirklich nahe stehen und nicht nur eine Band sind, sondern eine Gang...ein Kult (lacht), aber kein moderner Jesus. Eigentlich möchte ich ja immer keine Fragen zu für Rockmusik ungewöhnlichen Herkunftsorten stellen, weil sie mir so ausgelutscht vorkommen. Da du nun aber selbst gesagt hast, dass Alaska euch geprägt hat... Zach: Definitiv. Ehrlich gesagt hat mich der Mangel an Einflüssen geprägt. Der Mangel an Musik hat mich dazu gebracht mich nach ihr zu sehnen. John und ich sind vor dem Internet und allem groß geworden. Wir hatten Top 40-Radio, Oldies-Radio und Classic Rock. Glücklicherweise hatten wir beide Eltern mit ausgesprochen guten Plattensammlungen, echt viel besser als die all meiner Freunde. Ich hatte, als ich aufwuchs, mehrere hundert Vinyls. Ich habe sie mir nach und nach alle angeguckt, das Artwork, eine nach der anderen. Dabei dachte ich: „Wer zur Hölle ist dieser David Bowie und was bitteschön macht er? Das ist ja super!“ Ich verliebte mich in die Bilder und fing an die Lyrics zu lesen, noch bevor ich deren Inhalt wirklich begreifen konnte. Aber das ist alles, was wir hatten. Wir hatten keine andere Möglichkeit an Sachen zu kommen. Alaska war immer etwa zehn Jahre hinter dem Rest der Welt. In der High School in den 90ern habe ich dann also die Dead Kennedys und so gehört. Underground aus den 80ern in den 90ern. Aber dieser Mangel an Reizen hat mich dazu gebracht, nach Portland zu ziehen, um dort aufs College zu gehen. Dort nahm mich mein Kumpel mit auf ein Konzert und ich sah Thursday, gleich nachdem „Full Collapse“ erschienen war. Es waren 20, vielleicht 25 Leute da und es war einfach super. Ich hatte ihre Musik erst zu dem Konzert kennengelernt. Mein Job damals bestand darin, den ganzen Tag mit dem Auto herumzufahren, dabei hörte ich ihr Album. Ich habe es mir buchstäblich an einem Tag eingeprägt und war nie aufgeregter, auf irgendein Konzert zu gehen. Auch wenn nur so wenig Leute da waren, sind sie völlig ausgerastet, es war der Wahnsinn. Danach fing ich an, auf etwa 5-6 Gigs pro Woche zu gehen. Egal ob ich die Bands kannte oder nicht, manchmal ging ich einfach in Clubs, in denen gute Bands spielten. Dabei lernte ich unglaublich viel über Musik. Dann gründeten wir die Band. Ich rief John an - wir hatten in Alaska schon zusammen Musik gemacht, kannten uns ja seit dem 14. Lebensjahr. Auch wenn wir schon zusammen gejammt hatten, hatte ich keine Ahnung, dass er singen konnte. Er war unendlich schüchtern, das ist er heute noch auf eine merkwürdige Art und Weise. Ich gründete die Band mit einem Freund aus Alaska, John hatte eine andere. Er schickte uns eine Aufnahme zu und wir meinten nur: „John Gourley singt in einer Band? Yeah - fucking- right. Natüüürlich.“ Der würde doch niemals eine Bühne betreten und performen. Aber er hatte eine tolle Stimme!! Holy Shit! Wir riefen ihn an und meinten, er solle sofort seine Band verlassen und zu uns kommen, unsere wäre ja viel besser. Dann trennten sie sich und wir gründeten schließlich PORTUGAL. Alaska hat also so ziemlich alles damit zu tun, was wir sind. Noah, du bist im kompletten Gegenteil aufgewachsen, nämlich in Los Angeles. Wie passt das denn? Zach: Ja, er ist aus L.A. Weiter entfernt von Alaska geht wohl kaum. Sein Vater ist auch im Musikbusiness und Noah hat es sozusagen im Blut. Er wurde da hinein geboren und wusste wohl mit 3 Jahren schon mehr über das Geschäft als ich mit 21. Noah: Jetzt da wir das gesagt haben, muss ich aber loswerden, wie unfassbar es ist, dass wir uns trotzdem... Also als ich Zach getroffen habe, war er wie der Freund, der mein Leben lang gefehlt hat. Es gab ihn und ich wusste, er ist irgendwo, aber ich hatte ihn noch nicht getroffen. Es war wunderbar. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich verwandte Seelen treffe. Obwohl es so viele Unterschiede gibt. Angefangen beim Alter, ich bin ja viel jünger als Zach. 8 Jahre jünger. Zach: Aber nicht nur im Alter, denn ich habe ja auch in jungen Jahren aufgrund meiner Herkunft ganz andere Sachen erlebt. Aber trotzdem bringt er mir jede Menge bei. Als er uns traf, waren wir alle - naja bis auf mich - total introvertiert. Wir wussten nichts über „networking“ und „Promotion“. Ich meine, er war aus Hollywood und konnte uns einiges zeigen. Danke, Noah. Noah: Obwohl ich das vorher nie gemacht habe. Zach: Du weißt, wie ich das meine. Du wusstest, wie solche Sachen laufen und hast uns damit geholfen. Wie wichtig ist euch dieses Networking und Kontakt herstellen heute? Ihr wurdet schließlich so eurem Produzenten vorgestellt und wenn eure Seite mich nicht täuscht, habt ihr Profile bei allen sozialen Plattformen, die irgendwie gerade angesagt sind. Noah: Das ist uns sehr wichtig. Als wir aufgewachsen sind - in Zachs Zeit noch mehr als in meiner, aber ich kann mich auch daran erinnern – hat man immer diesen Mythos über seine Lieblingsmusik kreiert. Darüber, wie sie wohl als Menschen waren und so, sie waren für dich einfach unerreichbar wie Götter. Blink 182 oder so, die waren einfach  nicht greifbar für dich. Wenn du dann ihr Album oder  Merch gekauft hast, gingst du auf ihre Website. Dann ging es mit Mailing Lists und Newslettern los, plötzlich hatten diese Leute eine private Stimme. Nun haben wir eine Zeit, in der wir direkt mit den Fans reden können und viele scheinen das für selbstverständlich zu nehmen. Dabei ist es doch wichtig, dass man sich zeigt wie man ist. Wir sind ja nicht alle Egoisten, die sich für was Besseres halten, nur weil sie in einer Band spielen. Ich finde das richtig wichtig, da Kontakt herzustellen. Wie ist es mit negativen Rückmeldungen, die euch nun viel leichter erreichen? Zach: Also ich sehe immer absolut alles, weil ich so ziemlich alles über uns lese. Wenn die Leute so etwas schreiben, frage ich mich immer, ob sie denken, dass wir das nicht sehen. Ich lese jeden Kommentar und jede Nachricht über alles. Ich denke nicht, dass mir irgendetwas durchgeflutscht sein könnte. Oft ist es mir ziemlich egal, denn man kann ja nicht jedem gefallen. Wenn also jemand etwas sagt, ist das nur seine Meinung. Meistens sind das Sachen wie „Warum klingt ihr nicht wie auf eurem ersten Album? Ich mag das viel lieber.“ Nun ja, dann haben wir uns eben einfach auseinander gelebt. Noah: Ich denke immer: „Was willst du dann auf unserer Youtube-Page? Geh' doch woanders hin!“ Zach: Ja, manche stören mich mehr als andere. Wenn die Leute auf unsere Seiten gehen, Facebook, Homepage oder Message Boards, und das da machen. Das ist doch einfach unhöflich. Du gehst doch auch nicht zu jemandem nach Hause und sagst dem, dass du dort alles scheiße findest. Klar, geh zu deinem Freund, sag es ihm. „Boah, die PORTUGAL.THE MAN Show gestern war einfach mies....“  Aber schreibe das doch nicht auf unsere Seite! Noah: Das ist mir sogar ziemlich egal. Mich stört, wenn die Leute so persönlich werden. Wenn sie richtig verärgert werden und Sachen sagen wie „Scheiß auf Kane, ich will Jason zurück haben.“ Die kennen Kane doch gar nicht. Zach: Oder Jason. Noah: Genau, die haben doch keine Ahnung, die haben nur eine Geschichte gehört, wie alles abgelaufen ist, aber sie wissen gar nichts davon oder davon wie unser Leben so aussieht. Im Ernst, oft wollen wir damit gar nichts zu tun haben, aber es ist wichtig informiert zu sein. Nur die Dreistigkeit mancher Menschen ist unfassbar. Zach: Ich würde so manche Sachen, die zu uns gesagt wurden zu keiner Band sagen, die ich mag. Eigentlich zu überhaupt keiner Band, zu keinem Menschen! Das ist doch Mist. Manche sind einfach lächerlich. Das wundert mich ehrlich gesagt. Ihr seid ja nun keine besonders kontroverse Band, die die Gemüter erhitzt. Zach: Eben. Wir schreiben einfach Sachen, die uns gefallen oder nicht gefallen. Unsere Songs sind also über Dinge, die uns sehr bewegen. Positiv oder negativ. Wenn wir nun also zum Beispiel über die Westboro Baptist Church schreiben... Fuck off. Die sind furchtbar und haben es nicht anders verdient. Wir müssen allerdings bei so etwas immer einer Meinung sein. Komisch, dass ihr die ansprecht. Als ich euer Album zum ersten Mal hörte, hatte ich gerade eine BBC Doku über die WBC gesehen und meinte das irgendwie in 'Modern Jesus' wiederzufinden. Zach: Der Song handelt zwar nicht total von solchen Bewegungen, aber ein bisschen ist schon davon zu finden. Ich bin ja fasziniert davon. Es gibt offiziell nur 40 Mitglieder und trotzdem kennt im Internet jeder die Bilder von ihnen und ihren Plakaten. Ich sage nur Foo Fighters. Noah: Es müssen mehr als 40 sein. Zach: Das sind einfach die schlimmsten Menschen. Ich bin ihnen mal begegnet. Keine Ahnung wie sie nur aus Hass existieren können. Ich verdanke ihnen allerdings ein geniales Bild. Fotografie ist eines meiner Hobbys. Es muss das beste Bild sein, das ich je geschossen habe. Wir waren in Nashville, um ein paar Sachen einzukaufen und natürlich musste die Westboro Baptist Church dort bei einer Soldatenbeerdigung mit ihren Plakaten stehen. Unfassbar. Es gibt also wie immer viele, die auch gegen diese Protestler protestieren. WBC steht da also mit ihren „God hates gays“-Schildern, die Gegendemonstranten stehen da mit ihren Schildern. Viel „Fuck this guy“ mit Pfeilen und so, superlustig. Und mittendrin steht ein Typ mit einem Schild „Garfield hates Mondays“ (lacht). Noah: Ich liebe es. Zach: Ich hab also davon ein Bild gemacht und es könnte das beste aller Zeiten sein. Also, unsere Zeit ist beinahe um und ich habe noch ein paar Fragen, die ich einfach nirgendwo einbauen konnte, die uns aber viel über euch verraten werden. Macht einfach mit. Welche historischen Personen würdet ihr gerne einmal treffen? Zach: Woah, das ist schwierig! Dschingis Khan (lacht sich kaputt). Ich glaube, ich würde gerne die gemeinsten Personen der Geschichte treffen und sie fragen, was zur Hölle sie sich gedacht haben. Noah: Diese Frage ist schwer zu beantworten, denn es gibt so viele, die ich nicht treffen möchte. Ich möchte das Bild, das ich von ihnen habe, nicht verfälschen. Zach: Stell dir vor, du triffst die miesen Personen und findest sie eigentlich ganz nett. Noah: Ich würde gerne Aleister Crowley treffen und seinen Verstand erforschen. Zach: Eine Superwahl. Vielleicht Timothy Leary [amerikanischer Hippiepsychologe, der mit LSD experimentierte]. Na ich weiß nicht, ob ich mit dem einen Drink nehmen würde. Vielleicht eher ein Gespräch. Noah: Eine „Reise“, genau ...hmm wer noch? Ich würde gerne mit Ayn Rand [Autorin von „The Fountainhead“] einen Drink teilen und einen mit... Ernest Hemingway. Nächste Frage: Was würdet ihr sagen, wenn ihr eurer neues Album einer Psychoanalyse unterziehen müsstet? Zach: Wow, ich würde sagen....(laaange Pause) Noah: Es klingt, als würden wir uns nicht immer so gut verstehen. Zach: (kichert) Gruppentherapie anordnen? Noah: Nee... [Es herrscht ewig lange Stille, Grillen zirpen, Uhren ticken, Kalenderblätter fallen von den Wänden] Oh Mann, die Frage tut mir Leid... Beide: Keine Angst, wir sagen nur nichts, weil die Frage wirklich clever und schwierig ist und wir echt nachdenken müssen. Noah: Weißt du was? Zach: Es ist so schwierig, weil ich voreingenommen bin. Ich weiß ja, wer dahinter steckt und alles schreibt. Ich würde John anders analysieren als das bloße Album, wenn ich es höre. Vielleicht sollte ich es dann ganz unvoreingenommen versuchen... Zach: Gute Idee, was meinst du? Mich erinnert es an eine Person, die zwischen Optimismus oder Albernheit und einer sehr tiefen Melancholie schwankt. Die Musik ist einerseits sehr emotional, seicht, poppig verspielt und fröhlich, aber teilweise liegen da Texte drüber, die echt dunkel und schwarzhumorig sind. Zach: Ja, wir haben Humor, aber auch starke Kontraste. Deshalb kann so ein netter Song wie 'Sea Of Air' auch von Suizid handeln. Das ist sogar der Song, der mir da am meisten in den Sinn kam, weil er mir mit am besten gefällt. Zach: Das ist auch einer meiner Favoriten, ich mag ihn sehr. Ich glaube, du hast es ganz gut getroffen. Was du sagst, ergibt definitiv Sinn. Ich habe mich ja ein wenig über so Titel wie 'Creep in a T-Shirt' gewundert. Der Song klingt recht verzweifelt, aber auch auf eine hoffnungslose Art witzig. Noah: Darüber haben wir vorher viel gesprochen. Zach: Ja, wir sind durchaus lustig. (lacht) Noah: Es ist echt schwer Humor in Musik unterzubringen, aber wenn es jemand hinbekommt, ist es ein echtes Geschenk und was ganz Besonderes. Nur wenige Künstler haben das überhaupt gut hinbekommen. Paul Simon kann das gut. Ich meine, wir wollten keine Humoristen sein, aber ich wollte schon, dass alles dieses Mal ein wenig freundlicher wird. Ich meine, es ist immer noch ein schweres und emotionales Album, aber so etwas zu sagen wie: „I'm just a creep in a t-shirt. Draufgeschissen. Lass gut sein.“ Das ist einfach eine Art Katharsis. Komischerweise hatte der Song zuvor unterschiedliche Refrains, richtig tiefgründiges Zeug. Davon lässt man sich einschüchtern und meint, man müsse nun die beste Zeile seines Lebens raushauen. Ich weiß noch genau, als John die Idee kam, er sagte dann die Zeile „I'm just a creep in a t-shirt“ und der Knoten war geplatzt. Es muss nicht immer alles hochtrabend sein. Zach: Ich dachte nicht, dass das Danger Mouse gefallen würde, aber er hat uns gleich grünes Licht gegeben. Ich ging davon aus, dass er die Idee sofort niedermachen würde, aber er fand sie einfach cool. (mit hoher Stimme) What???! Ihr habt ihn aber nicht echt Danger Mouse genannt, oder? Beide: Neeein. Wir haben Brian zu ihm gesagt. Das wäre sonst echt einfach nicht cool. Noah: Ich habe ein paar Scherze mit ihm gemacht und ihn Mr Mouse genannt. Zach: Ja, ich hab ihn auch irgendwann mal gefragt, ob Danger nicht sein zweiter Vorname sei... Letzte Frage: Ich möchte immer wissen, was Bands selbst ganz gerne hören, aber wie wäre es dieses Mal mit Musik, die ihr gar nicht mögt? Keine Bandnamen, sondern Themen, Genres oder so. Ich zum Beispiel habe so meine Schwierigkeiten mit deutschem Gesang. Zach: Aber ihr habt doch tolle Bands. Rammstein, mit ihrem gestörten Video [Welchem wohl?]. Aber ich habe sie mal gesehen. Oder Kraftwerk und Can. Ich liebe Can. Noah: Abba... Zach: Die sind schwedisch. Aber zurück zur Frage, ich mag keinen New Country oder Pop Country. Shania Twain und so. Ich hasse es und ich mag dabei fast jede Art von Musik, ganz merkwürdiges Zeug sogar. Aber dazu habe ich einfach nie Zugang gefunden, auch nicht als Guilty Pleasure. Ich liebe alten Country, Americana, vieles, das Country ähnlich ist. Aber Brad Paisley oder so, das versuche ich gar nicht mehr. Noah: Also ich liebe Pop Country. Aber ich werde meine Wahl an Zachs orientieren, denn ich kann gut verstehen, was ihn stört. Ich mag keine Musik, die auf irgendeine Art und Weise billig ist. Pop Country ist das momentan. Es ist sehr vorhersehbar und zielt auf eine bestimmte Gruppe ab. Bei manchen Texten kann man einfach nur lachen, so eindeutig berechnend sind sie. Zach: Noch schlimmer finde ich aber Menschen, die versuchen mit Tragödien Geld zu machen. Nach 9/11 gab es diesen Typen, der einen Song über Amerika schrieb und Millionen verdient hat. Fuck You. Wie daneben und falsch ist es denn bitteschön aus einer bereits schrecklichen Situation noch Profit zu schlagen? Das haben viele gemacht. Viele patriotische Songs. Wenn du dich an eine Straße stellst und dort solche Songs spielst und Menschen zusammenbringst, dann respektiere ich das, aber so... Noah: Aber du weißt doch gar nicht, ob sie nicht vielleicht doch innerlich bewegt wurden, diese Songs zu schreiben. Zach: Ach, das würde ich wirklich gerne glauben...aber es ist wahrscheinlicher, dass der Manager zu ihm kam und eine tolle Idee hatte. Sorry, wir reden uns hier in Rage. Das macht gar nichts. Wir sind schon längst über unsere Zeit, vielen Dank dass ihr sie euch für uns genommen habt!