(Cooking Vinyl (Indigo))
Dallas Green alias
CITY AND COLOUR veröffentlicht sein viertes Studioalbum, das erste seit der offiziellen Trennung seiner ehemaligen Band
Alexisonfire. Der Ex-Gitarrist/Sänger hatte nun erstmals die Möglichkeit, jegliche Konzentration auf sein Akustikprojekt zu fokussieren. Auch wenn alle seine Vorgängeralben in der kanadischen Heimat mit Platinstatus ausgezeichnet wurden, darf man gespannt sein, ob die Entscheidung, das Nebenprojekt zum Hauptprojekt zu machen, noch größere Erfolge nach sich ziehen wird.
Um es vorweg zu nehmen: Vermutlich ja.
„The Hurry And The Harm“ bietet erneut alles, was
CITY AND COLOUR bisher ausgemacht hat. Nachdenklichkeit , Besonnenheit, keine Angst vor Emotionen und natürlich zarte akustische Klänge. Wie schon bei der letzten Veröffentlichung
„Little Hell“ war
Alex Newport als Producer tätig. Album Nummer vier ist nun wahrlich keine Neuerfindung des eigenen Stils, sondern eher ein Besinnen auf vergangene Stärken. Bei
CITY AND COLOUR ist weniger eben meistens mehr. Ich muss gestehen, dass ich mich zuerst oberflächlich schnell gelangweilt habe, denn das Album bietet musikalisch trotz Extra-Instumenten nicht gerade das breiteste Spektrum, aber die Songinhalte gehen dafür um so tiefer.
Die Melodien machen einen positiveren oder allenfalls hoffnungsvolleren Eindruck als in früheren Zeiten, die Texte lassen allerdings andere Stimmungen vermuten: Am eindeutigsten ist da der Abschlusstitel
'Death's Song'. Hier überträgt
Mr Green sozusagen die alte philosophische Frage, ob ein Baum, der im Wald fällt, ohne dass jemand da wäre, um es zu hören, ein Geräusch macht. Der Sänger wirft die Frage in den Raum, was aus ihm werden mag, wenn ihm niemand mehr zuhören möchte. Interessanter Song, aber das wird in nächster Zukunft sicher nicht aufzuklären sein. Auch in
'Of Space and Time' und dem Titeltrack von
„The Hurry and The Harm“ werden existenzielle Fragen gestellt, in
'Ladies And Gentlemen' gar das Gute der Welt in Zweifel gezogen. Seine Texte haben schon manchmal eine ironisch-bittere Ader.

In
'Two Coins' wird dann schließlich die vermeintlich persönliche Dunkelheit thematisiert:
„I've always been dark. With light somewhere in the distance“. Der Titel bezieht sich auf den alten Brauch, bei dem einem Verstorbenen Münzen auf die Augen gelegt wurden, um die Reise ins Jenseits zu sichern. Doch so schwarz
Greens vertonte Bilder auch sein mögen, so poetisch sind sie gezeichnet worden.
'Golden State' zum Beispiel besingt Kalifornien als Negativexempel und wird dadurch zu einer Liebeserklärung an den großen, weißen Norden Amerikas. Hierbei kommt sogar ein wenig Trotz ans Licht. Selbigen finden wir auch in
'Thirst' und
'Commentators', in dem
Green darüber singt wie sich gewisse Menschen in der Welt aufspielen. Sein eigener Kommentar dazu ist schließlich
„I don't wanna be revolutionary“.
Man könnte wohl sagen, dass
CITY AND COLOUR inhaltlich alles abgrast, was geht und ja, auch musikalisch gesehen lassen sich die Songs irgendwann voneinander trennen.
„The Hurry And The Harm“ macht zwar auf Neulinge wie mich einen netten ersten Eindruck, aber die eigentliche Stärke des Albums lässt sich doch erst nach so richtig häufigem Hören entdecken. Für jemanden wie mich, der als Hörer nicht ganz dem Singer-Songwriter-Tum verfallen ist, ist es das allerdings etwas mühsam. Da ich nach einigem Kämpfen jenen Entdeckungspunkt doch erreichen konnte, gebe ich noch knapp 5 Blitze.
Album-VÖ: 31.05.2013
(Photo by Dustin Rabin)