(Universal)
Die Jungs und Mädchen von
SCHANDMAUL gehören inzwischen wohl zur Speerspitze der deutschen Folkrock-Szene. Lieferten sie uns vor ein paar Monaten erst ein gelungenes Best-Of mit tollen Neuaufnahmen, steht nun das inzwischen achte Album in den Startlöchern. Und viel hat sich getan, bereits drei Jahre sind seit dem letzten Album
"Traumtänzer" vergangen und inzwischen hat es die Band zu
Universal verschlagen und die ersten Stimmen sprachen sofort wieder vom Verkauf der Seele an den Mainstream. Bereits die Pressefotos mögen manchen verwirren, die Damen und Herren tragen Anzüge und sehen eher so aus, als ob sie der Prohibition entstammen. Aber in Mittelalterkleidung wie manch andere thematisch ähnliche Band, hat man sie nun wirklich schon Jahre nicht mehr gesehen. Ist
"Unendlich" nun also eine große Schlagerparade geworden, um auch Zuschauer des Musikantenstadls zu beglücken?
Nein, das ist es nicht und das bemerkt man schon bei
'Trafalgar', welcher schon mit den ersten Klängen gut los rockt. Besungen wird natürlich die Seeschlacht und damit sind
SCHANDMAUL sich also auch thematisch treu geblieben. Es wird gegeigt, getrötet und auch Gitarren und Bass kommen deutlich zur Geltung, so haben wir einen durchaus gelungenen Start hinter uns. Weiter geht es mit dem
'Tippelbruder', welcher sehr fröhlich daherkommt und mit seiner Melodie schnell ins Ohr geht. Und bei dem Refrain donnert der Bass ziemlich, so wie es sich für eine Rock-Band gehört. Bei dem
'Kaspar' handelt es sich um einen Song, bei dem
Stefan Dettl von
La Brass Banda mitgewirkt hat, zwar hört man dessen Stimme nicht wirklich raus oder hat er hier gar an Text und Musik mitgearbeitet? Aber das tut dem Spaß dank der hohen Geschwindigkeit und Spielfreude keinen Abbruch. Langsam beginnt
'In Deinem Namen', das erste ernstere Lied auf dem Album, bei dem
Thomas Lindners Stimme besonders gut zur Geltung kommt. Es braucht vielleicht ein paar Durchläufe, bevor es sich beim Hörer festsetzt, aber wenn es das getan hat, wird man es so schnell nicht mehr los. Nun ist es Zeit für ein klares Statement gegen Rassismus, denn der Text von
'Bunt und nicht braun' könnte deutlicher nicht sein. Da die Szene in letzter Zeit immer mehr in ein rechtes Licht gerückt wurde,
Saltatio Mortis können ein Lied davon singen, kommt diese Botschaft genau zur richtigen Zeit. Aber nicht nur der Text überzeugt, sondern auch die Musik, so hat sich das Lied ja auch schon auf dem bandeigenen Festival als Hit erwiesen.
'Mit der Flut' ist ein relativ kurzes Stück, aber in seinen knapp drei Minuten sehr abwechslungsreich und auf hohem Rockniveau. Die
Sigfrid-Sage wurde ja eigentlich schon beendet, nun steht mit
'Baum des Lebens' so etwas wie ein Prequel-Song an. Dabei handelt es sich dann auch um die erste Ballade der CD und diese kommt wirklich sehr schön daher. Das Flötenspiel wirkt fast magisch und harmoniert sehr gut mit den Klängen der Akustikgitarren und außerdem ist ein bisschen Besinnlichkeit nach so vielen relativ schnellen Tracks wirklich gut platziert. Was erhält man, wenn man Tango und Bossa Nova mischt? Richtig:
'Tangossa'; ein Instrumentalstück, welches wirklich diese beiden Musikstile verbindet und dazu noch einen ordentlichen Schwung Mittelalterklänge mit in den Pott wirft. Nun ist bereits die zweite Ballade und erste Singleauskopplung an der Reihe.
'Euch zum Geleit' ist ein wirklich berührendes und trauriges Stück, aber auch perfekt dazu geeignet, jemandem neuen Mut zu verschaffen. Mit diesem Song kann man sich wohl die meisten neuen Hörer erschließen und es würde mich nicht wundern, ihn demnächst öfter im Radio zu hören. Er hat es aber auch verdient, handelt es sich doch klar um das mit berührendste Stück in der kompletten Karriere von
SCHANDMAUL.

Wer die Romanreihe
Eragon gelesen hat, wird sofort wissen worum es bei
'Saphira' geht, ist doch der Titel von diesen Büchern inspiriert. Er behandelt aber nicht nur den Drachen gleichen Namens, sondern die komplette Welt der Vorlage an sich und ist ein weiterer dieser wunderschönen und ergreifenden Songs, die die Band schreiben kann. Als Autor muss ich aber gestehen, dass ich die Romanreihe liebe und somit vielleicht eine besondere Verbindung zu dem Song aufgebaut habe. Bei
'Mittsommer' soll wild getanzt werden, dies gelingt vor allem durch den schönen Instrumentalpart im letzten Drittel, wenn auch die ersten zwei Drittel nicht ganz so rund erscheinen und ein bisschen Pepp vermissen lassen. Instrumental geht es auch mit
'Little Miss Midleton' weiter, einem Stück Irish-Speedfolk, welches nach dem berühmten irischen Whisky benannt ist und einen mit seiner Schnelligkeit und Fröhlichkeit schnell in den Bann zieht und die perfekte thematische Überleitung zu
'Der Teufel…' darstellt. Hier haben wir es nämlich mit einem astreinen Trinklied zu tun und die Ohrwurmquote ist bedrohlich hoch. Besonders gelungen hierbei sind die Gastauftritte von
Russkaja, welche stillecht auf russisch singen, und
Fiddler‘s Green, die dem Ganzen eine schöne englische Note verpassen. Krüge hoch und feiern sollte bei diesem Lied die Devise sein. Die dritte Ballade im Bunde nennt sich
'Mein Bildnis' und ist sehr leise und melodiös einschmeichelnd. Es kommt einem somit schon wie der Ausklang des Albums vor, welcher aber eine ganz besondere Ausstrahlung hat. Dabei steht mit
'Märchenmond' noch eine Neuinterpretation des
WETO Songs an, der auf
Wolfgang Hohlbeins Debütroman basiert. Er fängt langsam und ruhig an und entwickelt mit fortschreitender Laufzeit immer mehr Energie, bis er auf der Hälfte dann komplett in einen instrumentalen Rocksong mit einem tollen Gitarrensolo umschwingt und somit alles - trotz dem Namen
"Unendlich" - seinen Abschluss findet.
Erwähnenswert wäre auch noch das schlichte aber gelungene Cover, das ein Unendlichkeitszeichen, erschaffen wie aus einem Zaun, darstellt. Auch als Limited Edition ist das Album erhältlich und enthält obendrauf noch eine CD mit allen Stücken in einer Akustikversion und eine Bonus-DVD mit einer Doku über die Band, welche in einem schicken Digibook daherkommt und zum Glück nur ein aufgeklebtes FSK-Logo hat.
Allen Zweiflern zum Trotz sind
SCHANDMAUL noch genau die Band, die sie auch vor dem Labelwechsel gewesen sind. Und nicht nur das, die
Münchener liefern mit
"Unendlich" nicht nur ein deutlich runderes Album, als zuletzt mit dem etwas zu balladesken
"Traumtänzer", nein es handelt sich sogar um das stärkste Album seit
"Wie Pech & Schwefel" ...und das wird dieses Jahr schon zehn Jahre alt. Vor allem die ruhigeren und emotionalen Lieder sind dieses Mal sehr packend ausgefallen, aber auch die schnelleren Songs - wie allen voran
'Der Teufel…' - verbreiten sofort eine gute Laune. Da man trotzdem nicht ganz an die Hitrate von früheren Werken herankommt, schrammt das gut einstündige Album haarscharf an der Höchstwertung vorbei. Das Jahr könnte für Folk Rock-Fans kaum besser beginnen und man kann sich schon jetzt darauf freuen, sich von der Livequalität der Lieder überzeugen zu dürfen.
Anspieltipps:
'Euch zum Geleit', 'Saphira', 'Der Teufel…'
Album-VÖ: 24.01.2014
(Photo by Erik Weiss)