(Victory Records / Soulfood) Man kann über ILL NIÑO sagen, was man will, aber es schaffen nicht mehr viele Bands, über eine Dekade zusammen zu bleiben, kleine Besetzungs-Wechsel inbegriffen, und dabei sieben Alben zu veröffentlichen. Vielen wird der ständige "Tour folgt auf Album folgt auf Tour Stress" irgendwann zu groß oder der etwaige mangelnde große Erfolg frisst das Bandgefüge von innen heraus auf. ILL NIÑO haben alle Höhen und Tiefen überstanden und präsentieren ihr neues Album "Till Death, La Familia" im 14. Jahr ihrer Karriere. Immer noch ist ihr Metal vom Latin beeinflusst und Percussion-Momente sind an allen Ecken und Enden zu finden, doch neue Keyboardpassagen, Samples, samt frischen Gesangsideen lockern das Geschehen auf und sorgen für einen neuen Anstrich. Das Major Label Debüt "Revolution Revolución" erschien im September 2001 und in den Folgejahren ist sich die Band und ihrem Sound stets treu geblieben. Der Einstieg in die neue Platte ist ungewohnt modern und melodisch. Die Nummer geht ins Ohr doch es steht zu befürchten, dass die Herren ausgewimpt sind, was man mit dem nachfolgenden Brecher 'Not Alive In My Memories' aber vehement widerlegt! Das Stück hat Metalcore-Elemente und bietet fiese Brüllpassagen in der Strophe samt einprägsamem Refrain. Die große Stärke des siebten Albums sind eben diese Hooklines, die sich sofort ins Ohr fräsen. Shouter Cristian Machado ist zwar kein begnadeter Sänger, aber seine Stimme hat Charakter, was vielen gleichklingenden Brüllaffen da draußen fehlt! 'I’m Not The Enemy' nimmt dann wieder Härte heraus und erinnert stellenweise an die großartigen Nonpoint. 'Blood Is Thicker Than Water' hat ebenfalls Metalcore-Anleihen plus spanisch gesungenem Mittelteil, ist aber durchweg hochmelodisch. 'Are We So Innocent' zieht nicht nur in Sachen Geschwindigkeit an, bietet ein schönes Schweden-Riff in der Strophe, das von einem schönen Refrain gekrönt wird. Die Wechsel zwischen Brutalität und Harmonie sind stimmig und kurzweilig. 'Pray I Don't Find You' beginnt unterschwellig und Band-untypisch, bevor die Stimmung nach etwa einer Minute in eine Death Metal-Walze kippt, die alles platt macht. 'World So Cold' ist ein recht typisches ILL NIÑO-Stück, was aber trotz Normalität Spaß macht. Die darauf befindliche aggressive Zweitstimme klingt bedrohlich und bitterböse. 'Dead Friends' knallt dem Hörer viel Percussion-Arbeit auf die Ohren und dadurch scheint der Rhythmus ungewöhnlich. Auch die Melodieführung ist in diesem fiesen Nackenbrecher etwas untypischer, was für weitere Abwechslung sorgt. IllNino_TomValdez_1Auch 'Breaking The Rules' lebt von den Gegensätzen und der Variabilität von Gesang und Musik. ILL NIÑO haben nach wie vor ein gutes Gespür für die richtigen Wechsel und packende Gesangsmelodien. Klar ist hier viel Pathos im Spiel, aber das brutale Shouting ist ein perfekter Gegenpol. Die noch derberen Death Metal-Growls sind dann ab und an nochmal das Salz in der Suppe. In 'Payaso' können die beiden Trommler ein weiteres Mal so richtig zeigen, was sie auf dem Kasten haben und duellieren sich ohne den Song zu zerstören! Der Rausschmeißer 'My Bullet' geht dann wieder deutlich harmonischer zu Sache. Der treibende Beat und der tolle Gesang halten den Song zusammen und kleben ihn förmlich im Gehörgang fest! Trotz vieler bekannter Elemente ist "Till Death, La Familia" eine mitreißende Platte geworden, die Fans wie Neueinsteiger begeistern sollte. Keine großen Ermüdungserscheinungen zu verzeichnen. So kann es gerne noch eine weitere Dekade weitergehen! In diesem Sinne: Stay tuned and long live la familia! Album-VÖ: 25.07.2014 (Photo by Tom Valdez)