(Deepdive Records / H'Art - Believe)
Die Retro-Welle ist so neu ja nicht, und eigentlich war gut gemachter Blues-Rock ja auch nie wirklich "out", sondern vielleicht nur ein wenig in die Nische gedrängt. Und so gibt es hier auch statt nerdigem Abschlussball-Band Look-A-Likes, die die alten Songs vom Gitarrenunterricht dudeln, 'ne Band, die Eindruck hinterlässt. Die 3 Söhne vom Gott des Schlafes aus dem benachbarten Alpenländle mit dem Halsbonbon (ein Schelm, wer hier eine Brücke zur - dem Klischee nach - Langsamkeit von Schweizern schlägt), wissen auf jeden Fall, wie man es anzugehen hat.
Beim ersten Durchhören hat mich der wild-explosive Sound ganz ordentlich kribbelig gemacht im schnarchnasigen frühmorgendlichen Landstraßen-Verkehr. Im positiven Sinne, wohlgemerkt! Ganz tief aus der 60er und 70er Schublade, holen die drei Ihre Einflüsse. An die
Stones erinnernde Rocker wie
'Into The Sun' gehen richtig gut los, wobei
'Wasted Bullet' eher das psychedelische Ende vom Spektrum darstellt. Die
Doors lassen grüßen, minus der Hammond-Orgel. Die Video-Auskopplung
'Pay For Me' ist ein klassischer Blues-Song vom Gitarrenriff und
'Sugar Boogie' ein 80-Rocksong im 70ties Gewand, Schlaghose statt Haarspray. Kommt gut. Angeblich ist das Album weitestgehend live eingespielt worden, was gut zum Gesamtbild passen würde. Der Sound, gemixt von
Jim Winters (u. a.
Sonic Youth), klingt sehr "live", authentisch und ungestüm. Viele Gitarrenparts sind sehr ausschweifend und wirken locker, flockig aus dem Arm improvisiert. Im kleinen Club müssen die Jungs 'ne Granate sein, wenn sie auf dem Album schon so viel Spielfreude versprühen.

Eine Tour läuft im Übrigen gerade an. Dennoch drängt sich mir der Gedanke auf, ob die Band nicht gut darum beraten wäre, eine echten Sänger dazu zu holen. Denn über die Albumlänge hinweg kommt einem schon die Vermutung, dass der Gitarrist vor allem eben erstmal Gitarrist sein möchte. Er macht zwar seine Gesangsparts gut, Stimme passt, knarzt schön und alles, aber so manche Melodie, so mancher Part wäre von einem auf das Singen konzentrierten Sänger anders, prägnanter und weniger vorhersehbar geworden. Sein Gitarrenspiel dagegen kann sich vor Ideen und Licks kaum retten.
Die Rythmussektion hat auch alles im Griff und verstärkt Ihrerseits das Live-Feeling der Platte. Am Ende fehlt dem Album ein richtiger Smash-Hit. Das oben genannte
'Pay For Me' hat 'ne Menge Potential dazu, ich behaupte aber, da geht noch mehr. Die Grundlagen sind hervorragend. Nehmt einen vierten Mann (oder Frau - wie bei den großartigen und zurecht gehypten
Blues Pills), die/der aus den Songs noch ein kleines bisschen mehr heraus kitzelt, dann wird's richtig super.
Album-VÖ: 19.09.2014
(Photo by Silvio Zeder)