(Rodeostar / SPV) Die seit 1986 (!!!) aktiven WALTARI warten mit ihrem neusten Output auf und es obliegt mir, die Rezension für gestromt.de zu verfassen. Ein schwieriges Unterfangen, denn die verrückten Finnen gehörten quasi zu meiner musikalischen Früherziehung. Kollege Zosse und meiner einer haben von den Bandklassikern "Big Bang" (1995) und "Space Avenue" (1997) so manchen Titel auf unseren Disco-Events aufgelegt (abfeiern inklusive) oder zu den derben Klängen der Death Metal Oper "Yeah! Yeah! Die! Die! Death Metal Symphony in Deep C" (1996) gemosht, bis der Nacken schmerzte. Ich bin also vorbelastet. Und ich meine damit keine Halswirbelfraktur. Die einzige Konstante im wirren Klangkomos der Skandinavier ist Bandleader Kärtsy Hatakka, die übrigen Mitstreiter wechselten immer wieder ihre Posten. Auf "You Are Waltari" wirft Hatakka das Bandgefüge nun aber völlig über Bord, zugunsten eines Künstlerkollektivs, bestehend aus vielen ehemaligen Mitstreitern und diversen Gästen. Das erhöhte kreative Potential macht die Mischung auf dem neusten Werk noch weitreichender und differenter als je zuvor. Die daraus resultierende künstlerischere Mannigfaltigkeit könnte viele Hörer zwar zunächst vor den Kopf stoßen aber, wer Klänge wie Faith No More oder Mr. Bungle gewohnt ist, der erfreut sich an der bunten musikalischen Vielfältigkeit. Die Variabilität würde einem Frank Zappa zur Ehre gereichen. Auf der anderen Seite ist die große Experimentierfreudigkeit auch stellenweise etwas anstrengend. Doch wer sich damit anfreunden kann, dass Metal mit Country, Dubstep, Latin und diversen anderen Stilen fusioniert, der findet hier Befriedigung. Eine solche Vielseitigkeit sucht man in der heutigen Musiklandschaft oft vergeblich. Zu viele Musiker kochen immer dasselbe Süppchen. WALTARI machen es dem Hörer zwar nicht sonderlich leicht, ihrem hohen musikalischen Standard zu folgen, aber auf der anderen Seite dürfte kaum eine andere Band ein dermaßen breit gefächertes Publikum besitzen. Hier bängen sowohl Metalheads, Gothics, Technojünger und Rocker in der ersten Reihe! Waltari_Presse_IMG_6755_webDa bei jedem Album-Track ein anderes Line-Up zu hören ist, muss man bei dem Gesamtwerk fast von einem "Kreativ-Ungetüm" sprechen – Kritiker könnten dem Album aber auch (teilweise zu recht) vorwerfen, wie ein unzusammenhängender Soundtrack unterschiedlicher Bands zu klingen. Die Stiloffenheit ist somit Fluch und Segen zugleich. Ich für meinen Teil vermisse ein paar echte Hits bzw. Refrains, die der Großteil des weiter oben erwähnte Referenzmaterials aufwies. Aber vielleicht haben sich mir die Songs in ihrer gesamten Breite auch noch nicht erschlossen. Darüber hinaus konnten sich die alten Hits auch über Jahre immer weiter in die Hirnwindungen fräsen. Kann also noch passieren... Trotzdem fegen die Finnen selbst mit diesem (bis dato) „nur“ sehr guten Album 99% der Konkurrenz ins nächste Sonnensystem! Album-VÖ: 27.02.2015 (Photo courtesy of Rodeostar)