(Four/Sony) Wie soll man eigentlich als überzeugter Fan die journalistische Distanz wahren, wenn man ein Album seiner musikalischen Lieblinge rezensieren soll? Auf jeden Fall habe ich es erneut versucht... Gleich zu Beginn von ihrem sechsten Studioalbum lassen MADSEN die 'Sirenen' aufheulen und machen direkt einen auf dicke Hose. Monsterriff, Gitarrensoli, Schlagzeugsoli. Die vier Norddeutschen lassen hier kräftig die Muskeln spielen und schickten diesen Song dann auch als Vorab-VÖ und Appetizer durch die Promomühle. Die Vorfreude auf "Kompass" war somit geweckt. Die erste richtige Single des Albums heißt jetzt allerdings 'Küss Mich', welches man dann auch im ZDF-Aspekte Studio vorspielen durfte und sich zudem anschickt, damit den Bundesvision Song Contest für Niedersachsen zu gewinnen. Vermutlich ein aussichtsloses Unterfangen, denn der Song will auch beim wiederholten Durchlauf nicht richtig zünden. Betrachtet man diese beiden bereits bekannten Songs zusammen, dann kann dieses Paket durchaus repräsentativ für den Sound von "Kompass" stehen. Es gibt da halt diese Tracks à la 'Küss Mich', 'Leichter', 'Nochmal' oder 'Ich Bin Korrupt', welche eigentlich aus den richtigen Zutaten für einen MADSEN-Kracher bestehen, aber irgendwie nicht richtig Feuer fangen wollen. Zum anderen gibt es eine ordentliche Auswahl an Stücken, welche richtig losrocken und mit beiden Beinen eher im Rock als im Indie zuhause sind ('Sirenen', 'Graue Welten', 'Ich Trink Nur Eben Aus', 'Fluten'). Teilweise kann man MADSEN hier eine gehörige Portion Mut attestieren, da es die Band hier immer mal wieder schafft, sich von breitgetretenen Songstrukturen zu entfernen. Die Freunde der härteren Gangart dürften MADSEN wohl besonders für den Kracher 'Graue Welten' feiern, welcher ganz unverhohlen den Mutationsprozess zu den deutschsprachigen Foo Fighters fortsetzt, indem man 'Everlong' mehr als nur zitiert.Und das neben den Foo Fighters auch Wolfmother zu den musikalischen Vorbildern und Einflussgebern der vier Jungs aus dem Wendland gehören, kann man an dem Song 'Fluten' hören. Den Mut, den man vor einem halben Jahrzehnt in dem Titelsong des "Labyrinth"-Albums bewiesen hat, entdeckt man hier wieder. Aber wo man sich vor Jahren noch bei den Motiven von Queen bedienen musste, gelingt es MADSEN hier nun ihre ganz eigene Note einzubringen und das Stück derbe nach vorne zu rocken. Mit den beiden Standard-Balladen ('Unerreichbar' und 'Über die Berge') geht die Band dann allerdings wieder eine Nummer zu sicher und präsentiert lediglich weitere Variationen der typischen MADSEN Schmachtfetzen à la 'Der Moment', 'Astronaut' oder 'So cool bist Du nicht' von vorherigen Alben. MADSEN_Bild 2-by MARCO SENSCHEBleiben nun noch der Titeltrack 'Kompass', welcher von allen Songs des Albums am ehesten nach Hit klingt und der abschließende Track 'Leuchttürme', welcher sich den Luxus des Gastsängers in Form von Axel Bosse leistet und zu den überzeugendsten Momenten des Albums zählt. Will man nun ein Fazit zur neuen MADSEN Platte ziehen, so fällt dieses nicht sonderlich leicht. Der Pressetext des Albums schreibt von einer „wiedergewonnenen Unbekümmertheit“, diese hatten MADSEN allerdings bereits mit dem Vorgänger "Wo es beginnt" bewiesen. Die sich dort bereits ankündigende etwas härtere Gangart, setzt sich hier nahtlos fort, dennoch wünscht man sich von der Band weiterhin ein kleines, dreckiges, rohes und lautes Punkrock-Album ohne jegliche Kompromisse. Denn wie auf jedem Album sind die lauten Momente, in denen Sebastian Madsen mit seinem Gesingschreie die Sau rauslässt, die Höhepunkte des Albums. Album-VÖ: 14.08.2015 (Photo by Marco Sensche)