Nur ein einziges Jahr will ich mal erleben, wo in Wacken am ersten August-Wochenende „ganz normale“ Temperaturen und Witterungsbedingungen herrschen. Das Motto „Rain or shine“ durfte mal wieder absolut wörtlich genommen werden, und insbesondere der Dauerregen direkt vorm Festival sowie die ersten zwei Tage hinweg hatte erneut zur Folge, dass das WACKEN OPEN AIR 2015 eine Schlammschlacht wurde. Zwischenzeitlich hatte die Festivalorga sogar ein Anreiseverbot verhängt, da man der im Matsch festgefahrenen Autos nicht mehr Herr wurde. Aber als Alternative gab es einen kostenfreien Parkplatz in Itzehoe sowie einen Shuttleservice. Für den Samstag hieß es dann „unten Gummistiefel, oben am besten gar nichts“, denn hier kam die Sonne wie eigentlich fast jedes Jahr zumindest für einen Tag erbarmungslos raus und sorgte dafür, dass das diesjährige WACKEN OPEN AIR zumindest wettertechnisch halbwegs versöhnlich auslaufen sollte. woa2015_1Was tut man, wenn es ununterbrochen stürmt und regnet? Wer jetzt denkt, dass sich der durchschnittliche Wacken-Besucher in seinem Zelt verkriecht und auf besseres Wetter wartet, der irrt sich gewaltig. Trotz teilweise kniehohem Schlamm im Infield ließen es sich die Fans nicht nehmen, kontinuierlich ihre Bands zu feiern und alles zu geben. Für uns startete das Vergnügen gleich am Mittwoch in Bullhead City, wo die beiden Zeltbühnen untergebracht waren. Mit einem bunt gemixten Programm von GRAILKNIGHTS über MAMBO KURT, hin zu NEW MODEL ARMY, ULI JOHN ROTH und EUROPE war die Stimmung zwar noch etwas gedrückt ob der Tatsache, dass der Weg dorthin einfach katastrophal war, aber je länger man trocken stand, umso besser wurde die Laune, und spätestens bei einem grandiosen Auftritt von NEW MODEL ARMY war das Wetter zunächst vergessen. Der Donnerstag sah nicht viel besser aus und lieferte auch noch eine ärgerliche Überraschung. Der Shuttle-Bus, der letztes Jahr bereits für Unmut auf Seiten der Pressevertreter gesorgt hatte, war aufgrund der schlechten Wegbedingungen nicht in der Lage, seinen Inhalt am dafür vorgesehenen Platz auszuspucken, sodass man zunächst über den offiziellen Campingground einen Weg zum Infield suchen musste. Ergebnis: nach 20min Wartezeit auf den Bus folgte noch ein etwa halbstündiger Fußmarsch durch tiefen Schlamm und Schlick (besonders gut, wenn man teures Camera-Equipment mit sich führte), bevor man dann am hinteren Ende vom Infield ankam. woa2015_3 ROB ZOMBIE? Ja, den haben wir für einen Augenblick noch aus weiter Ferne gesehen, und da dann zunächst einmal die Lage für die nächsten Tage geklärt werden musste, zogen DARK TRANQUILLITY vollkommen ungesehen an uns vorbei. Dafür gab es ein phänomenales Set von SAVATAGE und dem TRANSSIBERIAN ORCHESTRA zu sehen, wobei vor allem die alten SAVATAGE-Songs zu überzeugen wussten. Später am Abend gab es noch MANTAR im Zelt, die mit einer der besten Ansagen des Festivals nachhaltig im Gedächtnis blieben. Frei zitiert: “Ihr musstet viel erdulden: den Sturm, den Regen, Geigen und Dudelsäcke, und Menschen, die sich für Piraten halten.“ Grandios, was die zwei Kerle ansonsten für einen Geräuschpegel auf der Bühne fabrizieren konnten. Vom ursprünglich eingeplanten Freitags-Programm wurde großzügig gestrichen, denn die Bedingungen auf dem Platz waren wirklich Kräfte zehrend. Somit blieben dann auf der persönlichen Running Order nur AT THE GATES, QUEENSRYCHE, OPETH, DREAM THEATER, wenige Augenblicke BLACK LABEL SOCIETY, SAMAEL, IN FLAMES und MY DYING BRIDE übrig. woa2015_4 SAMAEL mit spezieller "Ceremony Of Opposites"-Show, MY DYING BRIDE mit einem tollen Publikum, dass sich mitziehen ließ und zu meinem Erstaunen weite Teile des Sets mit geschlossenen Augen genoss. Dass IN FLAMES eine der besten Livebands ist, die es momentan gibt, braucht man wohl nicht extra zu sagen. Auch der Samstag wurde ausgedünnt, auch wenn jetzt wie gesagt das Wetter mitspielte. Nichtsdestotrotz wurde die abendliche Abreise beschlossen und entsprechend auch schon im Vorfeld zusammengepackt. Zeit für AMORPHIS mit ihrer "Tales From The Thousand Lakes"-Show, BLOODBATH mit einem überzeugenden Nick Holmes am Gesang und Dan Swanö für 'Eaten' als Gastsänger, eine unglaublich Fremdscham-gefüllte Zeit mit SABATON, einem soliden JUDAS PRIEST-Set sowie ein paar Songs von CRADLE OF FILTH war dann doch noch. woa2015_5Fazit: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Ausrüstung. Naja, das stimmt nur bedingt, denn das Wetter war wirklich grenzwertig beschissen, trotz angepasster Ausrüstung. Nichtsdestotrotz hat die Festival-Organisation die Situation erneut großartig gemeistert, auch wenn für den Otto-Normal-Camper die Platzverhältnisse teilweise sicherlich wirklich enorm hart waren (wir hörten von fliegenden Zelten, Dixi-Toiletten, die nicht mehr geleert werden konnten, weil der Pumpwagen nicht hin kam, von Zelten, die unter den Schlammmassen einfach sang-und klanglos untergingen, völlig abgesackten Autos, …). So mancher wird sich das fürs Folgejahr noch einmal genau überlegt haben, aber der Andrang ist so groß, dass es erneut nach nur zwei Tagen Vorverkauf hieß „Sold out“. Für 2016 haben sich bislang angekündigt: BLIND GUARDIAN, MINISTRY, STEEL PANTHER, ELUVEITIE, DRAGONFORCE, CALLEJON, AXEL RUDI PELL, LEGION OF THE DAMNED, ORDEN OGAN, ORPHANED LAND, BORKNAGAR, ESKIMO CALLBOY, HENRY ROLLINS (mit Spoken Words), THERION, UNISONIC, KYLESA und PYOGENESIS (die hoffentlich auch jede Menge alte Sachen spielen werden). 2016 heißt es dann also wieder: RAIN OR SHINE! Wir freuen uns drauf!