(International Death Cult/ Rough Trade) FRANK CARTER, das Enfant Terrible des modernen Oldschools jeglicher Form, das wandelnde Tattoo-Kunstwerk und gleichzeitig Mitarbeiter des Londoner Tattooladens Sang Bleu. Das Mastermind hinter Gallows, als es noch galt Hassbrocken mit Message rauszufauchen, aber auch der Mensch, der sich mit Pure Love selbst (wieder-)erfunden hat und den Fans emotionale, wunderschöne Indierock-Stücke mit leichter Punkkante geschenkt hat. Nun also: FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES. FRANK stellt sich jetzt selbst bei der Namensgebung seines neuen Projekts in den Mittelpunkt - und dies ist genau der richtige Ort für eine so extrovertierte Person, wie sie Herr CARTER nunmal ist. Mit "Blossom" wird somit eine enorme Erwartungshaltung aufgebaut, verbunden mit der Vermutung, dass es vollkommen anders klingen kann, als alles davor Gewesene. Das ist das Spannende an dem Menschen und Musikkünstler FRANK CARTER: Eine Wundertüte, die immer den Hauptgewinn bereithält. Der Einstiegssong 'Juggernaut' hat ja im Vorfeld schon ein Video spendiert bekommen und zeigt Herrn CARTER in bester Henry Rollins-Manier wüten und brüllen. Mit der druckvollen musikalischen Untermalung wird ein visuelles und akustisches Monster geschaffen, welches ab sofort nicht mehr einzufangen ist. Das 'Trouble' danach das Aggressionslevel etwas absenkt und sich lieber um Melodie und verständlichen Gesang kümmert, ist nicht die schlechteste Entscheidung, weil dadurch die Intensität von vornherein bei "Blossom" extrem hoch gehalten wird und die Aufmerksamkeit komplett fordert. Und aufgrund der Konzentration, die man dem Debüt von FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES gewährt, wird man in einen Sog hineingezogen, dem man sich nicht mehr entziehen kann bis der letzte Ton verklungen ist. Wer Meisterwerke wie 'Paradise' so genial vertont, dann diesem einen ironisch depressiven Text verpasst ("But If There Is A Paradise, Hidden In The Sky. I Hope You Never Get It, When You Die.") und den Song quasi zweiteilt in einen Uptempo-HardCorePunkSong der mit den Worten "You Coward Fucking Scum" beendet wird, um rüberzuwechseln in den - ich nenne es mal: SludgePart, der mit Atmosphäre und negativen Gefühlen seinen grandiosen Abspann zelebriert, muss ein Mensch sein, der für seine Kunst lebt und nicht unbedingt davon. Dass es textlich weiterhin negativ bis depressiv zugeht, beweist einmal mehr der Track 'Loss' der mit einer verzweifelten Stimme punktet und soviel Emotion transportiert, dass der straight nach vorne rockende Punkbeat einen guten Gegenpol anbietet und dankbar vom Hörer aufgenommen wird. Der Verlust von scheinbar allem, was einem Menschen wichtig sein kann wird thematisiert bzw. aufgezählt und wenn es FRANK CARTER darum geht sich selbst zu therapieren, bin ich gerne bereit den Psychiater/Psychologen zu spielen, der sich seine Probleme anhört. Auch Titel wie 'Rotten Blossom' oder 'Beautiful Death' sprühen nicht gerade vor Posivität. Es wird eine markerschütternde Tiefe erreicht, dass man sich nach dem Genuss davon einmal durchschütteln muss, um den Kopf wieder klar zu bekommen. Selten hat mich Kunst (ob nun Musik/Film/Literatur) dieses Jahr so gefangengenommen und beeindruckt zurückgelassen. Hier wird Musik gelebt und geatmet. Das pumpt und arbeitet. Hat aber im Umkehrschluss soviel Leichtigkeit, dass einem der Zugang nicht verwehrt bleibt. Mit dem wütend-aggressiven 'Primary Positive' und dem ironisch-zurückgenommenen Blues 'I Hate You', welcher mit drastischer Wortwahl das negativste Gefühl umschreibt endet "Blossom" auf den Punkt. Keine Note zuviel, keine Emotion zu wenig. Perfektes Album. Ich hoffe, dass FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES nicht nur ein weiteres kurzlebiges Projekt ist, sondern sich als Band konsolidiert und weiter an der angehenden Legende arbeitet. Umso öfter ich mir "Blossom" anhöre, umso geiler finde ich das Ganze! Verdammt, das ist die volle Punktzahl - fertig! Album-VÖ: 28.08.2015