Es sind bereits ein paar Tage vergangen, seit wir für Euch auf dem
MS DOCKVILLE waren und der Freiluftsaison gebührend „Lebewohl!“ gesagt haben. Zeit um nochmal in Erinnerungen zu schwelgen und sich der Vorfreude auf 2016 und dem
MS DOCKVILLE #10 hinzugeben.
Auch 2015 kamen mal wieder an die 60.000 Besucher an drei Tagen zu dem großartigen
DOCKVILLE-Festival in
Hamburg Wilhelmsburg. Und während manch anderes norddeutsches Festival dazu verdammt ist, den Campingplatz als Headliner zu feiern, kann das
MS DOCKVILLE hingegen mit seinem Festivalgelände groß auftrumpfen. Die Hafen-Kulisse des
Wilhelmsburger Reiherstegs bietet einfach viel zu entdecken und viel zu erleben. Auch wenn es bei Tage, für den ein oder anderen Besucher, etwas trist erscheinen mag. Sobald die Dämmerung einsetzt, setzt an diesem Ort auch so etwas wie Magie ein. Viele bunte Lichterketten, Kunstinstallationen oder der angestrahlte Rethespeicher sorgen für ein von der Wurzel bis zur Baumspitze liebevoll gestaltetes Gelände.
(©Dockville-Rethespeicher by Hinrich Carstensen)
Und auch die Freunde des lukulischen Genusses kamen bei der diesjährigen
DOCKVILLE-Ausgabe voll auf ihre Kosten. Diverse Food-Trucks und Essenstände bereicherten die Futterflotte des Festivals und boten von fleischlosen Alternativen bis hin zu feinstem Pulled-Beef diverse Leckereien an, die jede Bandpause schnell überbrücken ließ. Natürlich war auch der Festival-Klassiker Handbrotzeit vor Ort, hier sogar in der Gourmetvariante Ananas oder Schafskäse, Oliven und getrockneten Tomaten.
Die Mühe und Liebe, welche die Veranstalter in das Festival und die Durchführung Jahr für Jahr stecken, wurde ihnen auch dieses Mal von den allermeisten Bands mit größter Spielfreude und First-Class-Performances gedankt. Und das die Sonne ausgerechnet an diesem Wochenende einen ihrer längsten
Hamburg-Besuche des Jahres gebucht hatte, tat der entspannten Stimmung ebenfalls keinen Abbruch.
(©Dockville-Publikum by Harry Horstmann)
Das sollten auch
BEAR'S DEN am frühen Freitagabend auf der Hauptbühne, namens
Großschot, zu spüren bekommen. Während die immer zahlreicher erscheinenden Besucher mit den ersten Bieren in der Hand die Abendsonne genossen, spielten die
britischen Folk-Popper ihre völlig in Melancholie versinkenden Indiesongs. Mit einem schönen Cover von
Drakes 'Hold On, We're Going Home', sowie den Eigenkompositionen
'Above The Clouds Of Pompeii' und
'Agape' kristallisieren sich ganz klar die Hits im Set der Band heraus. In Folge bleibt man im Indiemodus, gibt aber eine Prise Post-Punk in Form von
FINDUS hinzu. Die Alternative wäre die Sicherung eines guten Platzes für das Set von
ÀSGEIR, erneut ein Indiewunderkind aus
Island. Auf einer der zahlreichen DJ-Bühnen hat es sich inzwischen der deutsche Jung-Export der Szene,
FELIX JAEHN, gemütlich gemacht. Die Besucher sind natürlich auch hier zahlreich erschienen, aber nach zwei, drei Songs kann man sich als Fan von handgemachter Musik aber auch schnell wieder von der Stage lösen und sich den Alternativen im Line-Up widmen. Diese gibt es natürlich zahlreich und bietet mit
FM BELFAST einfach den puren Abriss, wie diverse Zuschauer des Konzertes unabhängig voneinander berichten. Auf der Hauptbühne erklangen zeitgleich zwar etwas ruhigere Töne, aber
TOM ODELL hat es mit seiner Band doch geschafft, die Magie des Ortes heraufzubeschwören. Viele Besucher waren sicherlich mit einer „Schaun wir mal!“-Haltung zum Konzert erschienen, doch bereits nach zwei Songs ist die Begeisterung im Publikum förmlich greifbar. Und wenn man mit
'Another Love' dann auch noch einen Überhit im Gepäck hat, dann kann ja fast nichts mehr schief gehen.
(© FM BELFAST @ Dockville 2015 by Hinrich Carstensen)
Der Headliner des
Großschotes ist an diesem Abend dann
INTERPOL. Die
New Yorker liefern eine äußerst routinierte Vorstellung und somit ist es auch nicht verwunderlich, dass das Publikum durchaus eine gewisse Anlaufzeit braucht, um mit dem Wave-Rock der Band warm zu werden. Als es am Ende aber dann auch noch die Hits gibt, scheinen alle zufrieden. Dennoch sollte man von dem HEAD eines Festivals doch erwarten können, dass er seine Spielzeit komplett füllt. So konnte man wenigstens noch die letzten Minuten
ANNENMAYKANTEREIT auf der zweiten Bühne verfolgen und sich davon überzeugen, dass in Zeiten des Internets keine Album-VÖs mehr nötig sind, damit Hunderte von Leuten jede Textzeile mitsingen können.
(© INTERPOL @ Dockville 2015 by Thomas Quack)
Auch der zweite Festivaltag, lässt den musikbegeisterten Besucher wie einen Ping-Pong-Ball zwischen den Bühnen hin und her wandern. Zunächst überzeugt die Indie/Elektrosymbiose
SIZARR mit einer äußerst entspannten Performance und beweist, dass sich auch bei lediglich zwei Veröffentlichungen, bereits eine Menge Hits angesammelt haben können.
Im Anschluss hat
VAULTS etwas Probleme mit der Technik, überzeugt aber dafür mit tänzerischem Einsatz auf der Bühne in Person der Leadsängerin. Nach erneutem Bühnenhopping konnte man sich dann auf der Hauptbühne abermals von
LITTLE DRAGON überzeugen, deren livehaftiger Ruf an diesem Nachmittag eher zurückhaltend betitelt werden dürfte. Die internationale Zusammensetzung von
ALL WE ARE kommt anschließend wie ein Klon der Kritikerlieblinge
Austra daher. Somit kann man es leicht verschmerzen, dass man bereits vor Ende des Sets die Bühne wechselt, um bei den Indiehelden
FRISKA VILJOR möglichst weit vorne in der Crowd zu stehen. Auf jeden Fall eine gute Entscheidung, denn die
Schweden können ein deutliches Stimmungshoch verzeichnen, bei einem Publikum, welches bereits nach halber Festivaldistanz insgesamt sehr müde wirkt. Ähnlich voll wie vor der Hauptbühne ist es am Samstagabend fast durchgehend vor der Bühne des
Vorschotes, wo sich die angesagtesten Deutsch Hip Hop-Acts die Klinke in die Hand geben.
ERRDEKA, die
ANTILOPEN GANG und
PRINZ PI, stellen ihre Zugkraft bei der jugendlichen Klientel eindrucksvoll unter Beweis. Erfreulich zudem, dass viele Hip Hop-Acts sich auch nicht davor scheuen, mit Liveinstrumentierung die Bühne zu entern.
(© FRISKA VILJOR @ Dockville 2015 by Harry Horstmann)
DJANGO, DJANGO hingegen haben schon oft bewiesen, dass sie wissen, wie man mit Liveinstrumenten umzugehen hat. Gewohnt energiegeladen feuern sie ihre Indiehits auf das Publikum vorm
Großschot ab. Im Maschienenraum lädt anschließend
ROOSEVELT zu einer feinen Abzappelparty mit feinstem Indietronic und lässt somit die Fragen nach einem weiteren
Beat!Beat!Beat!-Album so langsam verstummen (
Roosevelt Mastermind
Marius Lauber war der Schlagzeuger der 2010 vielversprechend startenden Indieband
Beat!Beat!Beat!).
Den Headliner des zweiten Festivaltages geben dann die vom
Musikexpress als Könige des Pop betitelten
CARIBOU. Auch hier wirkt das Publikum, wie beim Headliner des ersten Festivaltages, zunächst sehr zurückhaltend, taut aber mit fortdauernder Spieldauer und Hitdichte allmählich auf.
(© CARIBOU @ Dockville 2015 by Pablo Heimplatz)
Nach
CARIBOU gab es dann auch den nächsten Hype zu bewundern.
ROMANO. Hip Hop Schlager aus
Köpenick. Bleibend im Eindruck, aber ganz und gar nicht mein Fall. Man kann dem Hip Hopper
ROMANO zwar durchaus einen gewissen Charme attestieren, aber seine Performance ist geprägt von einem Dilettantismus, den bereits
MC Fitti zu bedienen wusste. Scheint also hitverdächtig.
Nach zwei durchtanzten Nächten kann dann aber auch der letzte Festivaltag nochmal kleine Highlights setzen.
DAN DEACON zählt klar dazu. Der Mann vereint so viel Entertainer Qualitäten in sich, dass der ganz große Durchbruch nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. So viel Bewegung wie bei seinem Gig, gab es an diesem Wochenende selten vor der Hauptbühne.
YOUNG FATHER überzeugen mit Präsenz und Botschaft und bei den
ORSONS dürfen dann auch die Kids des Lütville-Projektes mit den Künstlern zusammen performen. Stets eine gelungene Aktion, die eigentlich noch mehr Aufmerksamket verdient, als sie ohnehin schon hat. Hebt sie das
DOCKVILLE Festival dadurch noch mehr von anderen Festivals ab. Der herzerwärmende Abschluss des Festivals gehört dann
JOSÉ GONZALÈS. Auch wenn der
Schwede zumeist so ruhige Töne anschlägt, dass sie in der Hörerschaft des
Gestromt-Publikums unterzugehen drohen, so kann man den Fans von handgemachter Gitarrenmusik hier ohne bedenken eine Empfehlung aussprechen. Bei Gelegenheit einfach mal hingehen und verzaubern lassen.
(© JOSÉ GONZÁLES @ Dockville 2015 by Pablo Heimplatz)
Als Wiederholungsbesucher des
MS DOCKVILLES kann man attestieren, dass die Infrastruktur des Festivals wohl nahe an der Perfektion sein dürfte. Anstehen für Speisen, Getränke oder Toilettengänge gehört hier der Vergangenheit an. Die Auswahl an Produkten ist nicht nur reichhaltig, sondern auch qualitativ gehoben. Und wenn sich das Line Up zum Jubiläum 2016 ähnlich gut (oder vielleicht ja sogar noch besser) macht, sollte man mal wieder mit einem Besuch in der schönsten Stadt Deutschlands liebäugeln. Also, Save the Date: Das
MS DOCKVILLE 2016 findet vom
19.-21. August statt und feiert 10-Jähriges! Der Vorverkauf für den runden Geburtstag startet am 4. Oktober unter
www.msdockvilleshop.de