(End Hits Records/ Cargo Records)
Das sechste Studioalbum. Selbstbetitelt. Der Weg scheint klar und wird so auch im Vorfeld der Veröffentlichung kommuniziert. Die Selbstfindung nach der erfolgreichen Reunion 2013 ist abgeschlossen. Man weiß als Band und als Fan, wohin die Reise geht.
Die Beziehung zwischen
BOYSETSFIRE und ihren Anhängern war und bleibt etwas besonderes. Ohne
BOYSETSFIRE hätte vermutlich schon so mancher Fan die Brocken hingeworfen und wäre im Mainstream geendet - ohne die Fans würden
BOYSETSFIRE aber auch nicht mehr existieren. Es ist eine Synthese über die vergangenen 20 Jahre entstanden, die auf manch harte Proben gestellt worden ist oder Rückschläge aushalten musste, aber aus denen sich gestärkt herausgekämpft wurde.
Die selbstbetitelte Platte ist der momentane Status Quo und klingt so:
Mit
'Savage Blood' gibt es einen typischen Starter in das 13-Song starke Album. Kurzes Intro und die aggressive Explosion, die an
'Release The Dogs' erinnert, sich dann aber zu einem alles umarmenden Chorus öffnet, wobei die Teile hart/soft schon ziemlich nach Blaupause klingen und der Übergang in den jeweils anderen Part zu abgehackt klingt.
Im Anschluss folgt der im Vorfeld schon bekannt gemachte und auf dem
Family First Festival ausprobierte
'Cutting Room Floor'. Massives Drumming, die weiterhin exzellente Stimme von Frontmann
Nathan Gray und eine Melodie für die Ewigkeit machen den ersten richtigen Hit auf
"S/T" perfekt. Druckvoller Midtempo-Brecher, der auch live (eigener Augenzeugenbericht) sauber reinläuft.
BOYSETSFIRE scheinen allerdings keinen Wert darauf zu legen, ein einmal funktionierendes Konzept aufzugeben. Die Aufbaustruktur des Album folgt dem Prinzip des laut/leise. Nach einem Hardcore-infizierten Einstieg geht es schnurstracks Richtung Eingängigkeit, bevor im nächsten Track wieder die Keule geschwungen werden darf. Auch deswegen sind sich alle (weiblich wie männlich) einig - es gibt die wütenden Stampfer, die das Testosteron vor Freude hüpfen lassen und die geschmeidigen Pop-affinen Ohrenschmeichler, die die weiblichen Botenstoffe zucken lassen.
Mit
'Don't Panic' heisst es wieder
"Jungsmusik", es dürfen im Pit die Windmühlen kreisen - kurz durchatmen und.....hach....das ruhigere
'Ordinary Lives' folgt auf dem Fuße, wobei ich persönlich sagen muss, dass es stark nach Füllmaterial riecht - auch wenn der Refrain in Verbindung mit der großartigen Gitarrenarbeit den Song auffängt.
Ich verrate wohl nicht zuviel, wenn ich behaupte dass
'One Match' der zukünftige Klassiker sein wird und wahrscheinlich auch noch in einigen Jahren auf sämtlichen Dancefloors funktionieren wird. Absoluter Ohrwurm, den man schwer wieder aus dem Schädel bekommt. Großartig!
'Filth Of Rising' stoppt die positive Attitüde im Anschluss wieder abrupt und knallt einen Brocken vor die Füße des Zuhörers, der im Mittelteil mit einem fiesen Breakdown arbeitet, um die Atmosphärentemperatur rapide absinken zu lassen. Aber
BOYSETSFIRE wären nicht
BOYSETSFIRE wenn der musikalische Sonnenschein nicht prompt wieder angeknipst wird. Die Powerballade
'Torches To Paradise' ist allerdings so sehr im Alternative-Rock der späten 90er verankert, dass man schon irgendwie
Creed im Kopf hat.
Und zum wiederholten Male wird versucht, mit
'Coward' die Credibility wiederzugewinnen. Nur ist alles so vorhersehbar, die Überraschung fehlt komplett. Und selbst ich als langjähriger Fan muss konstatieren, dass es mir schwerfällt mein selbstgestecktes Ziel zu erfüllen, welches eigentlich darin bestand, dass dieses Review ein Selbstläufer in Sachen Fanboytum hätte sein sollen. Eine Enttäuschung ist
"S/T" keinesfalls geworden, nur ein weiteres Album in der von Höhepunkten reichhaltigen Karriere von
BOYSETSFIRE.

Es geht quasi mit einem Coversong weiter.
'Heaven Knows' stammt vom zweiten Album der tollen
The Casting Out, bei denen bekanntlich
Nathan Gray während des zwischenzeitlichen Exitus von
BSF seine Stimme fit hielt. Ein wunderbar straight nach vorne rockendes PunkRock-Stück, wobei sich mir die Sinnhaftigkeit nicht vollkommen erschließt, warum es als Tributsong ausgerechnet eine Komposition eines Nebenprojekts sein musste.
Jetzt kommen wir quasi zu einem Sakrileg, da ich die beiden Wörter langweilig und
BSF in Verbindung bringen muss. Schuld ist das Machwerk
'Fall From Grace', welches null Ausstrahlung besitzt und zu den schlechtesten Songs der Band aus
Delaware gehört. Da tut das nachfolgende Gebrüll bei
'Dig Your Grave' erstaunlich gut, weil so der angestaute Schmalz vom Vorgängertrack locker abtropfen kann und die Gehörgänge durchpustet.
Zum Abschluss wollen es
BOYSETSFIRE scheinbar nochmal wissen und feuern
'Breathe In, Breathe Out' ab, der die geliebten Trademarks wunderbar kombiniert und ein doch noch versöhnliches Ende für
"S/T" hinbekommt. Irgendwie neben-sich-stehend ertönt im Anschluss noch
'Bled Dry', der zwar auch schon vorher auf einer Charity-Single erschienen ist, hier aber quasi ein Reboot spendiert bekommt. Ist ok. Kann man machen, kann man aber auch sein lassen.
Was ist nun mein Fazit? Es bleibt klar festzuhalten, dass BOYSETSFIRE auf hohem Niveau stagnieren, wobei Stagnation im Grunde nichts Schlechtes ist, wenn es gut gemacht ist. Eindeutig haben BSF schon bessere Alben veröffentlicht. Aber "S/T" ist auch ein Album, welches andere Bands mit Kusshand kopieren würden, um Lob und Ruhm einzuheimsen.
Mein Zwiespalt kann ich schlecht in einer Punktevergabe ausdrücken ohne noch hinzuzufügen, dass es eine persönliche Momentaufnahme ist und ich hoffe, die wahre Schönheit hinter "S/T" noch entdecken zu dürfen. Bis hierhin sind es 4 Blitze.
Trotzdem bleibe ich Fan und gehe mit Vorfreude auf eines der kommenden Konzerte. 🙂
Tour 2015
Support: Silverstein, Great Collapse, Templeton Pek
01.10. DE – Hamburg – Docks
02.10. NL – Amsterdam - Melkweg
03.10. UK – London – Islington Academy
04.10. BE – Hasselt - Muziekdroom
05.10. DE – Münster – Skaters Palace
06.10. DE – Wiesbaden – Schlachthof
07.10. DE – Nürnberg - Löwensaal
08.10. CH – Solothurn - Kofmehl
09.10. AT – Wien – Arena
10.10. DE – Lindau - Vaudeville
11.10. DE – Leipzig – Werk 2
12.10. DE – Berlin – Huxley`s
Album-VÖ: 25.09.2015
(
Photo by David Warren Norbut)
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September 25, 2015
Gerade entdeckt. Gelungene Kritik. Da sind wir uns mit unserer Kritik sehr einig 🙂
http://platten-blog.de/boysetsfire/boysetsfire
September 26, 2015
danke! 🙂 hab euer review auch gerade mal gelesen…in den wichtigen punkten scheint einigkeit zu herrschen. wenn man das album nämlich aufdröselt, ist dahinter nicht viel substanz – schade!