(Grand Hotel Van Cleef / Indigo)
Timing ist manchmal alles. So scheint es auf jeden Fall, als ich in der Morgendämmerung mit dem Auto auf mit Schnee bedeckten Straßen durch eine sich anbahnende Nebelwand fahre. Klingt erstmal nach schlechtem Timing. Wären da nicht die Klänge aus den Boxen, denn diese scheinen mit
"Kontakt" den passenden Soundtrack für oben beschriebene Szene zu liefern.
Seit vier Jahren und mit dem nun zweiten Longplayer zeichnet das
Aachener Trio
FJØRT zwischen Post- und Emocore eine musikalische Landschaft, die sich ausschließlich dem Winter und seinem klirrend beißenden Gewand zuordnen lässt. Vom ersten bis zum letzten Ton der vorliegenden elf Songs entsteht eine gewaltige Soundkulisse, die sich lawinenartig über alles auszubreiten scheint, dass sich auch nur im Geringsten in Hörweite befindet. Dabei beginnt
"Kontakt" schleppend und dennoch wuchtig mit
'In Balance', bevor mit
'Anthrazit' ein Uptempo-Song zeitweise vorbeizufegen scheint und unheimlich druckvoll ist.
So kann man eigentlich das komplette Album beschreiben. Das Tempo der Songs varriiert, aber das Grundgerüst bleibt beständig: Inbrunst, welche sich im Instrumentalem sowie in Gesang und Lyrics wiederfindet.
Hin und wieder kommen einem Vergleiche mit
Marathonmann oder einer Hardcorevariante von
Turbostaat in den Kopf, aber irgendwie haben
FJØRT doch eine eigene Intensität.

Photo by Andreas Hornoff
Dabei wechselt Sänger
Chris zwischen kehligem Shouten und anklagendem Gesang, bleibt in der Regel aber immer verständlich. Die Texte greifen vielfältige Themen wie zwischenmenschliche Prolematiken, Familie, politische und religiöse Fanatiker auf. So entstand z.B.
'Abgesang' nachdem
Chris am Tag des Anschlags auf
Charlie Hebdo in
Paris war. Ein weiterer Faktor, der
"Kontakt" diese sphärische Dichte einverleibt, die man beim Hören einfach spürt. Es ist ein schweres Album, das sich nach Authentizität anhört und eiskalt anfühlt. Möglicherweise ist es ein saisonales Werk, dass durch seine Bitterkeit im Sommer eher unangebracht wirkt, aber das wird sich erst in einigen Monaten zeigen. Für den Januar ist es prädestiniert.
Und wer jetzt schon reinhören will, kann dies mit der Auskopplung
'Lichterloh' ab sofort tun. Am Besten, so lange es noch friert...
Album-VÖ: 22.01.2016