(Koch Media)
Ein jugendliches Mädchen liegt im grellen Licht in einem blau glänzenden Kleid auf dem Sofa. Ihr puppenartiges Gesicht ist mit Glitzersteinen verziert und ihre Haare zu einem kindlichen Kranz geflochten. Das Blut topft aus ihrer Kehle auf den Boden. Neben ihr liegen zwei Leuchtstoffröhren. Blitzlicht schnellt alle paar Sekunden in den Raum und durchfluchtet die Dunkelheit taktartig mit stechendem Licht.
Die Szenerie bespielt ein Fotoshooting. Das junge, verwaiste Mädchen ist gerade erst für die große Modelkarriere nach
Los Angeles gekommen. Der Fotograf der makabreren Bilder, stellt sich im Nachhinein als einziger Verbündeter in der großen glitzernden Show-Welt dar.
Regisseur
Nicolas Winding Refn veranschaulicht bereits in der ersten Szene seines Thrillers
THE NEON DEMON die Ambivalenzen der Model-Industrie zwischen absolut makelloser Perfektion und den allertiefsten, menschlichen Abgründen. Ein Sog aus dem es, wenn man einmal hinein gerissen wurde, kein Entkommen mehr gibt.
Die 16-jährige
Jesse (Elle Fanning) lernt nach dem Fotoshooting die Make-Up Artistin
Ruby (Jena Melone) kennen, die das schüchterne Mädchen zu ihrer ersten Versuchung, einer rauschenden Party, führt.
Mit dieses Verbindung und dem darauffolgende Einstieg in die Modeindustrie besiegelt
Jesse ihren Untergang. Denn dieses Mädchen ist das junge frische perfekte Blut, nach dem die inszenierte, operierte und künstliche Industrie dürstet. Jeder möchte ein Stück dieser Perfektion, dieser anziehenden Unschuld, besitzen.
Auch
Jesse hat selbst früh begriffen, welche Macht ihr ihre Schönheit ermöglicht. Und so verwandelt sich das schwache Mädchen selbst zu ihrem größten Feind.
Gelobt für seinen genreübergreifenden Stil, verbindet
Nicolas Winding Refn in
THE NEON DEMON Thriller mit Hochglanzbildern, schwarzem Humor und Hollywood-Blockbuster.
Er kreiert durch Neonlicht und blendende Farben eine klinische, unechte Szenerie, die die Härte und Unbarmherzigkeit des Model-Business kaum passender versinnbildlichen könnten.
Bizarre, elektronischen Beats, brennen dem Zuschauer mit Nachdruck das gerade Gesehene ein und zwingen ihm ein erdrückendes Gefühl auf.

Der gebürtige Däne, der selbst schon lange Erfahrungen in der Modeindustrie gesammelt hat, wollte schon länger einen Film über die Schönheit machen. Das Erlebte hat ihn anscheinenden dazu bewogen, der Modeszene einen Spiegel ihrer eigenen Absurdität vorzuhalten.
„Schönheit ist eine Währung, deren Wert ständig steigt. Im Laufe der Zeit ist sie allerdings immer kurzlebiger geworden, während unser Schönheitswahn immer extremer wird. Diese Besessenheit kann zu einer ganz besonderen Form des Wahnsinns führen.“
Nicolas Winding Refn nutzt in
THE NEON DEMON diesen Wahnsinn gekonnt, um um diese Thematik herum einen spannenden Thriller zu bauen, der sich fern vom klassischen Spannungsverlauf bewegt. Leider ist die Geschichte oft sehr flach. Die Charaktere wirken wie eine leere Hülle oder erfüllen ausschließlich reine Klischees. Natürlich passt diese Stilistik zu der oberflächlichen Welt der Reichen und Schönen, trübt aber die Zuschauerfreude. Interessant ist lediglich der Grad der Absurdität, der der Film bisweilen erreicht, sowie die gekonnte Inszenierung einer Welt, die traurigerweise wahrscheinlich genauso da draußen existiert.
Kinostart: 23.06.2016