(Party Smasher Inc./Cooking Vinyl)
Die gemeinsame Tour von THE DILLINGER ESCAPE PLAN und Botch im Jahre 2000 wirkt bei mir immer noch nach. Zwar haben Botch in meinem Herzen für immer die Pole Position, was Chaos-Core / Math-Core angeht, aber THE DILLINGER ESCAPE PLAN kommen gleich danach. Was die Show angeht, sind bei mir einfach schiere Urgewalt, Chaos und das endgültige Inferno in der Erinnerung hängen geblieben. Beide Bands waren ihrer Zeit um Lichtjahre voraus. Und während Washington´s finest (Botch) schon kurz danach die Segel gestrichen haben, fräsen sich THE DILLINGER ESCAPE PLAN immer noch durch Gehörgänge und Publikum.
Als der ursprüngliche Sänger Dimitri Minskakis ausstieg und durch den unglaublich genialen Greg Puciato ersetzt wurde, hagelte es viel Kritik. Sellout, Mainstream und der ganze Quatsch wurden den Jungs da angehängt, nur weil Greg ein wahnsinniges Repertoire abruft und zwischen manischen Screams und episch melodisch eben alles kann. So richtig zugänglich sind sie zwar nie geworden, aber tatsächlich war es weniger Arbeit, eine ganze Platte durchzuhören. Greg ist für mich irgendwie wie eine Mike Patton auf LSD + Stereoiden - Version, einfach komplett durchgekracht. Und die Musik? Da bekommt man, was man erwartet, wenn man die letzten Alben kennt. Wiedermal wandern THE DILLINGER ESCAPE PLAN zwischen genialem Wahnsinn und wahnsinnigem Genie hin und her. Ich hab ja echt keine Ahnung, wie man solche Musik schreiben kann. Um so größer die Faszination dafür. Komplettes Chaos, mit Rhythmen, deren Time-Signatur vermutlich nicht mehr auszählbar ist, geht mN über in ausladend epische Melodiebögen; ohne mit der Wimper zu zucken. Genauso brutal wie einzigartig. Jazz meets Grindcore meets Metal meets Indie meets Rock. Wenn die Jungs 2017 zum letzten mal in Europa auf Tour sein werden (die Auflösung in 2017 ist bereits angekündigt), dann solltet ihr noch mal dabei sein.

Photo courtesy of The Dillinger Escape Plan
THE DILLINGER ESCAPE PLAN sind in vielerlei Hinsicht einzigartig - aber vor allem eben Live. Was da auf der Bühne abgeht; ist Mayhem pur. Instrumente und Bandmitglieder fliegen schonungslos in alle Richtungen - auch Richtung Publikum. Die Ton gewordene Akrobatik wird live durch die Bandmitglieder auch mimisch dargestellt, wenn man so will. Jede schwarzgeschminkte Schrottband mit vor der Spiegelwand einstudierter Choreo kann getrost zu Hause bleiben, THE DILLINGER ESCAPE PLAN sind roh, schonungslos und ungefiltert. Eben eigentlich eine Punk-Band. Im Bereich der extremen Musik haben die Jungs etwas geschaffen, das auf alles, was danach kommt, für immer einen Einfluss haben wird. Ob "Dissociation" jetzt mit "Miss Machine" beispielsweise mithalten kann, dass sei dahin gestellt. Es reiht sich auf jeden Fall in die Reihe herausragender Platten in ihrer Diskographie ein.
Album-VÖ: 14.10.2016