(PAX-AM/Capitol/Universal)

Unfassbar, welches Tempo RYAN ADAMS in seiner Karriere anschlägt. Nach knapp zwanzig Jahren kann er nun auf 16 (!) Studioalben zurückblicken. Und aller Unkenrufe zum trotz, kann sich "Prisoner" sicherlich im oberen Qualitätsdrittel aller seiner Veröffentlichungen einordnen.

Mit 'Do You Still Love Me?' gibt es einen Vorabtrack als Opener. Ein Song der es einem leicht macht und mit der Tür ins Haus fällt. 80er Jahre Springsteen Synthies, kombiniert mit einem verschleppten AC/DC Riff. In den Lyrics leidet und schmachtet ADAMS so herrlich, als ob er den gesamten Weltschmerz auf sich geladen hätte. Und wer mag es ihm verdenken, eine Scheidung von Hottie Mandy Moore würde vermutlich keinen Mann unberührt lassen. Wenn man aber einen Blick auf das Arbeitspensum von RYAN ADAMS wirft, muss man sich ohnehin fragen, wie überhaupt eine Frau in seinem Leben Platz finden konnte. Work, work, work! Und dabei wird stets verlässlich geliefert.

Dennoch ist Liebeskummer ein zentrales Thema auf "Prisoner", „..aber es geht um weitaus mehr als das. Diese Songs handeln davon, das wahre Wesen des Verlangens zu verstehen – und zu verstehen, wie einem das mehr noch als jedes andere Erlebnis im Leben das Herz brechen kann.“ (RYAN ADAMS).

Der Sound ist mal beschwingt und hoffnungsvoll ('Prisoner'), mal bedrückend und tragisch ('Shiver And Shake'). Laut Selbstauskunft hat ADAMS bei der Entstehung der Tracks viel 80er, viel Hornsby und vor allem Springsteen konsumiert. Somit kann es nicht verwundern, dass jeder zweite Song auch nach dem Boss klingt. Bestes Beispiel, die Single 'Doomsday':

Die zweite Hälfte der Platte besticht durch eine ganze Reihe sehr ruhiger Tracks, die zwar 80s Elemente in sich tragen, aber immer wieder von einer ganzen Menge Hall und den Gitarren der 70ern eingefangen werden. Vermutlich der Einfluss von Produzentenlegende Don Was, welcher bereits für die Rolling Stones, Bob Dylan oder Iggy Pop im Studio Platz genommen hat. Das dies eine stimmige Kombination darstellt, beweisen vor allem die Highlights 'Shiver And Shake', 'We Disappear' und 'Outbound Train'. Allzu beliebig wird es bei den dahinplätschernden 'To Be Without You' und 'Breakdown'.

Vielleicht hat man in der Zusammenstellung der Songs für das Album auch einfach ein bisschen die Übersicht verloren, denn schließlich musste man einen Songkatalog von 80 Tracks auf stimmige zwölf zusammenstreichen. So bleibt der ganz große Wurf mit "Prisoner" zwar aus, aber dennoch ist das Album in meinen Ohren sein bestes Album seit "Cold Roses". In den guten Momenten erreicht es gar die Stimmung der beiden "Love Is Hell"-Platten. Deren Originalität sucht man auf "Prisoners" zwar vergebens, aber das stört nicht.

Album-VÖ: 17.02.2017