(Long Branch Records / SPV)
Nach dem ersten Hördurchlauf, ohne vorab irgendwelche Infos gelesen zu haben, hätte ich die Band GHOST IRIS nach Australien verortet, ein Blick in das Kleingedruckte verrät mir aber, dass es sich um Dänen handelt. Zudem stelle ich fest, dass "Blind World" bereits das zweite Werk der Herren ist, was mich, soviel mag ich jetzt schon verraten, dazu bringt, bei Gelegenheit auch das Debüt zumindest querzuhören.
Ungestüm, wild und technisch auf den Punkt startet das Quartett in ihr zehn Songs umfassendes Werk, das so viele Ideen und Überraschungen zu bieten hat, dass mir teilweise schwindlig wird. Wie nennen wir die Schublade? Progressive Djent Metalcore dürfte wohl am ehesten treffen, klingt aber viel zu schwülstig und umständlich. Lästige Querverweise zu Periphery, Parkway Drive und Protest The Hero drängen sich mir auf, wobei mir durchaus bewusst ist, wie unvereinbar das zunächst klingen mag. GHOST IRIS können technisch brillieren, Djent-mäßig stumpf auf den Punkt spielen, haben einen fiesen Shouter, aber auch einen Cleansänger, der teilweise extrem hohe Töne erreicht. Mit 'Gods Of Neglect' werden die Weichen gestellt, 'Save Yourself' macht quasi den Sack direkt zu, und alles, was danach folgt, ist eine herrliche Kür abwechslungsreich gestalteter Metalcore-Nummern, die mir das Sub-Genre Djent fast schon gefällig machen.
Die Produktion ist satt, bietet immer mal wieder Erholungsphasen für das Ohr und wirkt dadurch gleichsam kraftvoll, dynamisch, stellenweise aber fast schon zu steril in der Schneidarbeit an den Gitarren (was aber durchaus gewollt ist).

Photo courtesy of Long Branch Records / Heartmatterartworks
Einen guten Eindruck von der Band verleiht die Video-Auskopplung 'Pinnacle'. Einfach mal auf Youtube und Co. antesten, es lohnt sich. Für mich sind GHOST IRIS eine Band, die ich nicht auf dem Zettel hatte, die mich aber trotzdem voll abholen, was immer schon ein recht gutes Zeichen ist. Dass ich "Blind World" schon mehrere Tage ohne Unterbrechung hören kann, spricht ebenfalls für die Band. Ich wüsste auf Anhieb nicht, was man hier hätte besser machen können, aber irgendwie denke ich, dass da noch Luft nach oben bleiben muss, denn ich traue den Herren noch eine Steigerung zu. Vielleicht einfach nur die Tatsache, dass alle Songs für sich absolut gut sind, aber eine wirkliche Hit-Single noch fehlt.
ALBUM-VÖ: 17.02.2017