(Nuclear Blast)
SUICIDE SILENCE. Klar, Deathcore aus Kalifornien. Oder sind all das 2017 alternative Fakten?
Drei der zwei Infos stimmen noch. Da wäre der Bandname, zugleich auch der Name des fünften Studioalbums. Und da wäre Kalifornien. Warum aber sollte Deathcore nunmehr nicht mehr zutreffen?
Wer sich an "Suicide Silence" heranwagt, muss sich auf ein Experiment gefasst machen. Offen zu sein, Dinge zu Ende zu bringen und sich ein Bild erst am Ende der Geschichte zu machen.
Also Play drücken, Augen zu und Ohren auf. Es ist 2017. Und nach wenigen Minuten des neuen Albums realisiert man, SUICIDE SILENCE machen Nu Metal. Halt, das Revier von Korn? Die Heimat der Deftones? Ja, richtig! Sacken lassen. Veränderung ist nicht immer einfach, vor allem dann nicht, wenn man SUICIDE SILENCE seit "The Cleansing" bis hin zu "You Can't Stop Me" verfolgt hat. Klar wünscht man sich irgendwie, dass es immer so weiter geht. Aber was bekommt man dann am Ende? Die 10.Version der ersten Version. Es gibt Bands, die ziehen das 20, 30 Jahre so durch- mit Erfolg. Andere brechen aus diesem Zirkus aus. Mal werden sie dafür gefeiert, mal gehasst. "Suicide Silence" ist dieser Ausbruch.
Riffs, Beats und Sounds wie wir sie schon seit den Mittneunzigern kennen, als grelle Videos, gefüllt mit Baggypants und Baseball-Caps über die Schirme flimmerten. Doch "Suicide Silence" zitiert lediglich, das hier ist dramatischer, dafür braucht es keine musikalische Schublade.
Sänger Eddie Hermida erleidet auf "Suicide Silence" gesangliche Nervenzusammenbrüche am laufenden Band. Kaum eine Note, die getroffen wird. Der Band-Sound ist schroff, chaotisch und dreckig. Alles ist im freiem Fall. Songstrukturen? Fehlanzeige! Keine digitale überproduzierte, glattgestrichene und perfektionierte Darbietung. Alles ist so analog wie es nur sein kann. Das hört und fühlt man: Aufgenommen wurde „old-school“ auf Band und teilweise auch live.

Courtesy of Nuclear Blast
Produziert wurde "Suicide Silence" von Ross Robinson. Man mag ihn als Produzenten mögen oder nicht, der Mann weiß aber nach wie vor sehr was er tut. Der Zweite im Bunde ist Mixer Joe Barresi (QOTSA, Tool, Slipknot, Kyuss). Das alles hat diesem Ausbruch, diesem Experiment den Rückenwind gegeben, den es braucht um nicht direkt unterzugehen. Alles andere liegt dann in der Hand der Zuhörer. Es schadet nicht, das Album 2-3 Mal durchzuhören. Es offenbaren sich Welten.
FAZIT: "Suicide Silence" ist ein gefühltes Live-Album. Mehr Seele denn Wall of Sound. Das macht es echt. Analog. Ehrlich. Wer so etwas 2017 macht, verdient Respekt und eine Chance. Das Album ist ein Ausbruch aus allem. So etwas würde einigen anderen Bands ebenfalls gut zu Gesicht stehen.
Schnelleinstieg in das Album: 'Run', 'Listen' und 'Hold Me Up Hold Me Down'.
Album-VÖ: 24.02.2017