(Two Peace Signs / GoodToGo)

Alle paar Wochen kommt dieses eine Album, an dem man nicht vorbeikommt. Dieses sensationelle Debüt, auf welches sich alle einigen können. Von Intro über Visions bis hin zum Spiegel – alle blasen ins gleiche Lobhorn – da darf natürlich auch Gestromt nicht fehlen: Sechs Blitze für LEONIDEN.

Es scheint, als ob LEONIDEN momentan alles richtig machen. Erst Live-Geheimtipp, dann eine beachtenswerte EP und nun der erste Longplayer in DIY-Manier über das bandeigene Label "Two Peace Signs Records". Das hätten sie vermutlich auch einfacher haben können, denn mit Hits wie 'Nevermind' oder auch '1990' in der Tasche, wäre ein Major-Platten-Deal vermutlich ein Klacks gewesen. Die Jungs aus Kiel gehen nun aber den sympathischeren Weg via Selbstvermarktung über "two peace signs".

Den Start ins Debüt markiert der Über-Alles-Song 'Nevermind'. Wäre ich noch im Discoalter, würde ich vermutlich derzeit zu diesem Track in den Indiediscos meinen ungelenken Körper über den Dancefloor schieben. Der Track ist solch ein Bastard von Ohrwurm, dass er sich nicht nur in den Ohren festbeißt sondern am ganzen Körper zerrt. Thematisch geht es in dem Stück um den Aufbruch, eine neue Stadt, eine ungewisse Zukunft – eine Mut machende Hymne, die Sänger Jakob Amr vor allem für sich selbst geschrieben hat. Der junge Mann ging den Weg von Hamburg nach Kiel um dort mit den anderen LEONIDEN zusammen Musik zu machen. Das sich deren Zukunft momentan sehr rosig gestaltet, kann man auch an '1990' hören. Der Track, welcher bereits auf der 2016er EP "Two Peace Signs" veröffentlicht wurde, feiert hier ein willkommenes Wiedersehen. Das Gitarrengewitter konnte dabei bereits letztes Jahr beachtliche Radioeinsätze absolvieren und fand sich in vielen Indie-Best-Of-Jahreslisten wieder.

Mit 'The Tired' nehmen LEONIDEN dann erstmal ein bisschen Tempo raus, verweilen aber dennoch auf allerhöchstem Niveau. Der Mix aus Indie, Pop und Soul bekommt hier eine Frischzellenkur in Form eines Bar-Pianos verabreicht, der neben dem fast schon falsettartigem Gesang für eine Prise R n'B sorgt, welche man innerhalb des Gestromt Kosmos nicht für möglich gehalten hätte.

Ein weiterer Fixpunkt auf der Platte findet sich mit 'Iron Tusk'. Ein Song der so vertrackt aufgebaut ist, dass er für die Referenz Nennungen von The Mars Volta und At The Drive In in einigen Medien verantwortlich sein dürfte. Mich erinnert der Track vor allem an die ersten Songs die ich 2005 von den Arctic Monkeys gehört habe. Aber 'Iron Tusk' ist bei weitem keine schlichte Kopie oder der Versuch, bereits ausgetretene Pfade zu bestreiten. Dafür besitzen LEONIDEN viel zu viel Kreativität und eigene Ideen. Auch wenn sich mit 'Doves' und 'Storm' und 'Two Peace Signs' gleich drei weitere Wiederveröffentlichungen auf dem Album finden. Die Tracks funktionieren im Albumkontext nämlich genauso gut wie auf der 2016er EP. Frische und neue Ideen bekommt man auch so ausreichend in die Gehörgänge gepflanzt. Das wunderbare 'Remote' setzt auf bereichernde Elektroklänge und erweist zum Ende eine erstaunliche Härte. 'Sisters' ist verdammt facettenreich und unglaublich eingängig. Das etwas ruhigere 'North' wirkt im Vergleich zu den anderen Tracks wie eine Fingerübung und mit 'City' bekommt man einen Hit wie ihn die Wombats, Phoenix oder Two Door Cinema Club gerne mal wieder schreiben würden.

Wem diese ganze Lobhudelei nochnicht genug Anlass ist, mal ein Ohr bei LEONIDEN zu riskieren, dem sei noch die Live-Darbietung von 'Iron Tusk' ans Herz gelegt, da sollten dann keine Fragen bezüglich des Talents von LEONIDEN offen bleiben:

Das selbstbetitelte Debüt von LEONIDEN beinhaltet zwölf Tracks und keinerlei Füllmaterial. An der Band wird 2017 kein Weg vorbeiführen – sollte man sie in diesem Jahr nicht live sehen (was bei der ausgedehnten Konzert- und Festivalreise 2017 eigentlich unmöglich erscheint), dann sieht man sich spätestens im Jahrespoll bei den Platten des Jahres 2017 wieder.

Album-VÖ: 24.02.2017