(GHVC/Indigo/Finetunes)

Die musikalische Vita von TIM NEUHAUS liest sich äußerst beeindruckend. Musikalischer Kollaborateur von Clueso, Live-Musiker für Acts wie BOY oder Glen Hansard. Livegigs auf den größten Bühnen der Republik. Aber da gibt es auch noch den anderen TIM NEUHAUS. Den ruhigen und angenehm zurückhaltenden Solokünstler und Musiknerd NEUHAUS, welcher nun sein drittes Album, "Pose I + II", veröffentlicht und dort diese zwei Seiten zum Thema macht.

Mit 'The Music That You Are' gibt es einen absolut kraftvollen und positiven Track zur Eröffnung. "Erst dachte ich mal, dieser Song sei politisch. Heute glaube ich, dass er von echter Freiheit handelt" so Tim zur zweiten Single aus "Pose I + II". Auch ein Blick auf das Video, welches von Dennis Dirksen gedreht wurde, lohnt. Beleuchtet es schließlich den Entstehungsprozess eines TIM NEUHAUS Songs und sorgt somit für interessante Einblicke.

Welch ein starker Auftakt. Stärker als ich es ihm zugetraut habe und sicher auch besser als es hier der ein oder andere Gestromt-Fan erwartet hat, als er Clueso in der Vita gelesen hat. Denn auch bei 'American Dream In Berlin' lässt NEUHAUS die E-Gitarre ausgepackt und reist in seine eigene Vergangenheit, welche aus lokalen Prog-Rock Bands bestand, in denen der Multiinstrumentalist erste musikalische Gehversuche wagte. Ein Weg der sich gelohnt hat und nun seinen vorläufigen Höhepunkt in einem sehr ambitionierten und interessanten Album findet. Chapeau, Herr NEUHAUS. Und das dies dem Musiker ausgerechnet mit dem schwierigen dritten Album gelingt, ist ja umso erfreulicher. Für NEUHAUS geht der Entstehungsprozess der neuen Stücke zurück zu seinen Anfangstagen als Musiker: "Ich habe die Songs so geschrieben und aufgenommen, wie ich es mit 16 schon gemacht habe. Nicht zuviel nachdenken, wenige Effekte nutzen, nicht vor Experimenten zurückschrecken. Ich wollte diese 4-Spur-Ästhetik meiner ersten Aufnahmen aus meinen Jugendtagen wieder aufleben lassen." Über zwei Jahre nahm er soviel auf wie er nur konnte, um sich selbst daran zu erinnern, was er am Musikmachen wirklich gut findet, warum er überhaupt damit begonnen hat. "Ich bin damals fürs Musikmachen nach Berlin gekommen und habe mich selbst dabei hier und da mal in dieser großen Stadt verloren. Ich habe für die neuen Songs wieder zu mir zurückgefunden, und konnte dem Teenager-Tim jetzt das schöne Abschiedsgeschenk machen, auf das er solange warten musste" sagt NEUHAUS. 


Interessant ist dabei vor allem, dass sich das Album in zwei recht unterschiedliche Teile aufteilt. So ist "POSE I" als Seite A zu sehen, welche mal den Rocker rauslässt und auch noch Platz findet für die ruhigen und poppigen Momente, die er sich gut bei seinen vielen Jobs abgeguckt haben dürfte.

Und dann ist da noch "Pose II", welches den Musik-Nerd und Schlagzeuger in NEHAUS rauslässt. Die Tracks in der zweiten Albumhälfte kommen teilweise so vertrackt daher, dass man zwei mal hinhören muss. Da die Songs in weiten Teilen gelungen sind, macht man dies aber auch äußerst gerne. Hört man sich 'Control' oder 'Realize' an, so muss man sich dann ja auch wirklich fragen, wie es gelingen kann, den guten NEUHAUS überhaupt wieder einzufangen. Dafür benötigt es dann schließlich eine Kooperation mit US-Songwriter Ian Fisher. Wie schon beim Album "Now" hat Fisher einige Texte mit NEUHAUS gemeinsam geschrieben und singt 'Lila' fast im Alleingang ein. NEUHAUS fährt runter, 'Pose' beendet das Album still, mit zupfender Gitarre und Streicher-Arrangement.

Album-VÖ: 22.09.2017