(Fat Wreck Chords/ Edel)
Nach elf Jahren Entzug gibt es neue Musik aus dem Hause THE LILLINGTONS. Dass der Hauptarbeitgeber Teenage Bottlerocket die weitaus bekanntere Band von Frontmann Kody Templeman ist, sollte allgemein bekannt sein. Spätestens beim Gesang wird es auch dem Letzten klar werden.
THE LILLINGTONS sind im PopPunk zu verorten - allerdings nicht dem technisch überproduzierten der Jetzt-Zeit wie es z.B. Neck Deep und Blink-182 zocken, sondern eher dem 1-2-3-4 Punkrock der Ramones-Schule und somit in bester Gesellschaft solch unterbewerteten Bands wie The Methadones, The Isotopes oder The Riptides.
THE LILLINGTONS feiern ihr Label-Debüt bei Fat Wreck Chords mit ihrem insgesamt fünften Album "Stella Sapiente" und haben ihre eigene Form des Pop-Punks mitgebracht. Songs des Quartetts sind nämlich nicht unbedingt zum Feiern geeignet, sondern haben einen bisweilen melancholischen Unterton, der einen leichten New-Wave-Einschlag mitbringt. Wenn man eine Genre-Schublade aufmachen will, könnte man das Ganze auch "Dark-Edge-Pop-Punk" nennen.
Und so fällt im ersten Moment, selbst für geübte Ohren, der Zugang zum Album schwer, da sich die Tracks nicht sofort im Gehörgang festsetzen, sondern einige Durchläufe benötigt werden, um die Schönheit und Vielfalt dahinter zu entdecken. Die Vorgängeralben "The Backchannel Broadcast" und "The Too Late Show" überzeugten noch mit feinen Up-Tempo-Knallern, die sich quasi sofort im Gehörgang festgefräst haben. "Stella Sapiente" möchte erobert werden und macht es dem Zuhörer nicht ganz so einfach. Adult-Punkrock könnte man sagen - denn so wie die Band sind womöglich auch die Fans erwachsener und ernsthafter geworden.
'Golden Dawn/Knights Templar' ist ein zweigeteilter Opener, der mit einem atmosphärischen Intro beginnt, um dann in melancholischen Punkrock abzudriften, der sogar etwas von alten Alkaline Trio hat.
'Insect Nightmares', 'K6' oder 'They Live' klingen genauso, wie man THE LILLINGTONS vor fast anderthalb Dekaden kennen- und liebengelernt hat. Mit viel Drive knackig auf den Punkt durchgezockt. Dagegen gibt es aber auch die "ernsten" Kompositionen, die für THE LILLINGTONS-Verhältnisse eine ganz neue Songstruktur aufweisen und sich gerne in anderen Musikstilen bedienen. So entstehen Songs der Marke 'Night Visions', 'Pursuit Of Pleasure' und 'Cult Of Dagon', die vielleicht nicht als typisch bezeichnet werden können, aber das Album in meinen Augen extrem spannend gestalten.

The Lillingtons Photo courtesy of Fat Wreck Chords
Bei "Stella Sapiente" darf keine durchgehende Punkrock-Party erwartet werden - THE LILLINGTONS probieren sich aus und lassen auch Einflüsse außerhalb des Genres zu. Diese werden allerdings so gekonnt und perfekt eingebunden, dass es beim dritten oder vierten Hördurchgang auf einmal "Klick" macht und man feststellt, dass das Quartett ihr vermutlich bestes Werk abgeliefert haben.
Album-VÖ: 13.10.2017