(Afterlife Records / Membran)

Herbstzeit = Melancholie. Und auch musikalisch schlägt sich dies nieder. Bands wie Band Of Horses, Okkervil River oder My Morning Jacket haben Hochkonjunktur und setzen gedämpfte Stimmungen mit ihrer Interpretation von alternativen Folk mit Indiegitarren gekonnt und nachhaltig in Szene. Die Erwähnung der Bands deswegen, weil der folgende Künstler stark in diese Genre-Richtung tendiert.

Ein neuer Stern am Indie-Himmel könnte nämlich JASPER SLOAN YIP werden, der mit seinem zweiten Album "Post Meridiem" die dunkle Jahreszeit einläutet und mit einer teils ausufernden Instrumentierung, Songs erschafft, die bildgewaltig nachwirken, sofern man sich darauf einlassen kann.

Das unbenannte Intro '(...)' dient zum Spannungsaufbau und kann geflissentlich geskippt werden...sehr cineastisch und in meinen Augen überflüssig (aber bin eh kein Fan von Intros/Outros). Der Übergang zu 'The Day Passed And The Sun Went Down' ist fliessend und lässt JASPER SLOAN YIPs Gesang sogleich glockenhell erklingen. Fantastischer Songaufbau, der zwischen ruhig gesungenen Passagen, die an Lenny Kravitz erinnern und leichten Rückkopplungsparts (vgl. Sonic Youth) hin- und herschwankt.

Auch 'Strangers' ist bombastisch produziert ohne übertrieben zu wirken. Es gibt Streicher und minimale Klaviersprengsel. Dazu dann diese entspannten Indie-Gitarren, die im Pop angekommen sind. Genauso schön wie 'Put Up Your Hair' - sehr zugänglich, nicht anbiedernd - sondern sympathisch pathetisch.

'In The Livingroom' hätte auch auf früheren Alben von Death Cab For Cutie sein Plätzchen gefunden. 'I Don't Know Where I've Been' fällt dagegen stark ab, mag im Kontext der Album-Struktur einer gewissen Dynamik entsprechen - ich find's extrem langweilig und nicht förderlich. Sehr getragener, langsamer Song, der eher wie eine Collage wirkt und irgendwie ziellos ist.

'Tinfoil Hats' und 'Mary, Never Mind' ziehen das Tempo auch nicht merklich an, haben aber einen emotionalen Duktus, der durch die Stimme von JASPER SLOAN YIP so wertig und vollkommen klingt, dass es schade wäre, wenn sich wieder nur ein Bruchteil von musikbegeisterten Menschen das Album "Post Meridiem" anhören würde. Aber so ist das wohl mit Geheimtipps. 😉

Jasper_Sloan_Yip_Photo_by_Nelson_Mouëllic

Jasper Sloan Yip Photo by Nelson Mouëllic

JASPER SLOAN YIP hat mit "Post Meridiem" ein nicht ganz einfaches Album geschrieben, welches aber wunderschön ist. Wenn man Bright Eyes oder einem John Vanderslice nicht ganz abgeneigt ist, könnte man sich bei Herrn YIP ganz wohl fühlen.

Album-VÖ: 27.10.2017