(BDHW/Soulfood)
Die Jungs der US-amerikanischen Hardcore-Band LIONHEART sind schon so eine Sache für sich. Erst letztes Jahr im Mai gab man die Auflösung der Band bekannt und im Herbst folgte dann auch eine Abschiedstournee, so dass man im November 2016 das letzte Mal in Deutschland spielte. Und nun gerade mal ein einziges Jahr später habe ich hier das neue Album liegen. Richtig, die Auflösung hat nichtmal ein ganzes Jahr gehalten und nun sind LIONHEART schon wieder zurück. Laut Aussage der Band fehlte es ihnen, Musik zu machen. Sie wollen nun keine "Vollzeit-Band" mehr sein, um mehr Zeit für ein geregeltes Leben zu haben, werden ihre Fans aber immer wieder mit neuem Material versorgen. Na das hört sich doch nach einem guten Kompromiss für beide Seiten an. Da es sich ja jetzt quasi um einen Neuanfang handelt, heißt das neue Album auch passenderweise "Welcome To The West Coast II".
'Cail Stomp' ist eigentlich nur eine kurze Live-Aufnahme eines Konzerts wo die Fans lautstark "LHHC" skandieren und dann eine kurze gepfefferte Hardcore-Ansage, dass man wieder zurück ist. Richtig aufgedreht wird dann erst mit 'Still Better Still Cold' und da kriegt der geneigte Hörer auch gleich eine typische Ladung bester Hardcoretöne in die Fresse. Für 'Shelter' wird dann ein bisschen an der Geschwindigkeitsschraube gedreht, dass die Texte stark gesellschaftskritisch sind, versteht sich dabei von selbst.
'Cursed' ist eher ein Segen für die Hörer und auch zu 'Trail By Fire' kann man richtig ausgelassen abgehen und ist eine Kampfansage an unsere moderne Gesellschaft. Bei so viel Botschaften, die da mitschweifen versteht man sofort, warum die Band dann doch gleich neue Lieder schreiben musste und nicht einfach in der Versenkung verschwinden konnte. Mit 'Vultures' folgt dann die Abrechnung mit den Musiklabels und das auf wirklich eindrucksvolle Weise, bevor es mit 'Unhinged' nur ein paar Anrufbeantworter-Aufnahmen zu hören gibt.
Das nächste wirkliche Lied ist dann 'Thirty Years', welches uns dann erklärt, was es mit dem vorangegangen Stück auf sich hatte. Tatsächlich steckt hinter den beiden Songs nämlich eine tragische Geschichte. Auch der Hintergrund zu 'Treading Water' scheint höchst dramatisch zu sein, wenn man dem Text glauben kann. Wenn LIONHEART persönliche Geschichten verarbeiten, sind sie einfach wirklich am Besten. Nach knapp 20 Minuten folgt mit 'LHHC '17' bereits schon das Finale und wenig überraschend handelt es sich dabei um eine abgeänderte Version des Orginal-Liedes. Der Text wurde dabei einfach auf die letzte Jahre angepasst, sonst bleibt eigentlich fast alles beim Alten. Ein Klasse Stück Musik bleibt es somit auch 2017.
Viel Abrechnung mit der Gesellschaft und der Musikszene, wie man es eigentlich von fast jeder Hardcore-Band gewohnt ist. Wirklich herausstechen tun dabei aber die persönlicheren Lieder, bei denen neben viel Hass auch noch andere Emotionen zum Tragen kommen. So gibt es knapp über 20 Minuten lang feinste Grooves und Breakdowns für den gepflegten Hardcore-Genuss. Für ein vollwertiges Album zum Normalpreis scheint das aber auch irgendwie etwas knapp bemessen zu sein. Das führt unweigerlich zu Abzügen in der B-Note, ändert aber auch nichts daran, dass man in dieses Album als Fan des Genres auf jeden Fall reinhören sollte.
Album-VÖ: 10.11.17