(This Charming Man/ Cargo Records)
HEY RUIN aus Köln besteht aus Mitgliedern, die vorher in diversen Hardcore-Bands aktiv waren und dort mit englischen Texten ihre Wut auf's Establishment rausgebrüllt haben. Irgendwann wurde der Schalter umgelegt und nun werden deutsche Texte genutzt, um Frust, klare Statements und wichtiges Ansprangern verständlich rüberzubringen. Musikalisch blieb man der lauten Gitarre treu und hat sich in Punkrock mit Indie-Kante verliebt. Nach dem letztjährigen Album "Irgendwas mit Dschungel" wird diesmal ein neues Kapitel namens "Poly" geschrieben.
Wenn man das Eröffnungs-Dreigestirn 'Ram', 'Poly' und 'Smells Like Teens' gehört hat, ist man angekommen und fühlt sich mitgenommen auf eine Reise durch den deutschsprachigen Punkrock, der schon immer auf verschiedenste Art und Weise bewiesen hat, wie wichtig solche Platten sind. HEY RUIN schaffen es mit wenigen Kniffen einen Sound zu kreieren, der sich im Gehirn verankert. Das Außergewöhnliche daran: Obwohl nicht unbedingt von Hits (im Sinne von Zugänglichkeit) gesprochen werden kann, erzeugen die Songs ein wohliges Gefühl und trotz teils sehr wütender Texte eine innere Zufriedenheit - vielleicht weil man sich verstanden fühlt bzw. denkt, die Band verstanden zu haben.
Jeder, der schon einmal eine Platte von Captain Planet, Boxhamsters, Duesenjaeger oder den gern (referenziell) genommenen Turbostaat im Schrank stehen hat oder auch nur angehört hat, findet bei HEY RUIN Ansatzpunkte, die ihn begeistern werden. Wenn man die zeitlich ausufernden Tracks wie z.B. 'Über dem Abfluss' oder 'Pinguine' abspielt, kommen auch Assoziationen zur alten "Hamburger Schule" (Die Sterne/ Tocotronic) auf.

Hey Ruin Photo by Sebastian Igel
HEY RUIN haben mit "Poly" ein Album voller Melancholie und Wut erschaffen, welches mal nachdenklich indierockt, um im nächsten Augenblick rigoros loszuscheppern. Es finden sich durchdachte Songs, die intellektuell fordern, aber nie Gefahr laufen überheblich zu sein. Dafür klingen HEY RUIN zu geerdet. Wer in diesem Jahr noch etwas für sein Karma tun möchte, sollte sich "Poly" zulegen.
Album-VÖ: 24.11.2017