(Spinefarm/Universal Music)
Über die Jungs von BULLET FOR MY VALENTINE muss man ja kaum mehr was erzählen, sie waren mit die ersten, die die neue Metalunterart des Metalcore bekannt gemacht haben und genau deswegen gibt es mindestens genauso viele Fans, wie Leute die sie hassen. Aber auch bis heute und somit 20 Jahre nach der Gründung und 13 Jahre nach dem Durchbruch der Band, weiß die Band noch genügend Menschen zu begeistern. Vor allem ihre Leistung als Einstiegsdroge in die Welt der härteren Rockmusik ist nicht zu verachten. So trifft man auf einem Konzert der Jungs doch immer noch zig Sechzehnjährige oder gar darunter an. "Gravity" markiert dabei das sechste Album und das erste nach der Trennung von Gründungsmitglied Michael Thomas. So heißt es auch im Pressetext, dass die Band aus dieser schweren Zeit nun gestärkt zurückkommt, um ihr bis dato stärkste Album abzuliefern. Na ja, Pressetext hat. Aber interessanterweise kündigt dieser uns auch endgültig die Abkehr vom Metalcore an, zu dessen Pionieren sie ja eigentlich gehören. Also genug geschwafelt und die Scheibe angeworfen.
'Leap Of Faith' fängt schonmal sehr elektronisch an und stellt uns inhaltlich die Lücke dar, die die Band überspringen musste, um gestärkt wiederzukommen. Harte Riffs und vereinzelte Shouts machen aber auch klar, dass man, entgegen des Pressetexts, sich gar nicht so weit vom Metalcore entfernt hat. Die zwei nachfolgenden Lieder wurden bereits vorab als Video veröffentlicht und 'Over It' ist das Erste davon. Es erinnert tatsächlich etwas weniger an Metalcore sondern eher an Nu-Metal der Marke Linkin Park. Aber zum Glück an Zeiten wo diese noch deutlich härter waren, und das ist doch auch gar nicht so schlecht. 'Letting You Go' schlägt da in eine ganz ähnliche Kerbe. Das der Gesang nah an Rap herankommt, lässt die Verbindung zum Nu-Metal nur noch deutlicher werden. Das man zwei so ähnliche Lieder als Musikvideo verwustet hat, ist schon komisch oder man wollte sich genau damit eine bestimmte neue Käuferschicht erschließen. Denn schlecht sind die Songs nicht.
Auch beim folgenden 'Not Dead Yet' zeigt sich aber mehr die Entwicklung zum massentauglichen Rock und ein bisschen Härte oder zumindest Abwechslung wäre nun angebracht. Auch hier handelt es sich um einen grundsätzlich soliden Track, der aber viel zu sehr an die Vorgänger erinnert, nur das er eben noch ein Stück softer ist. Wenn es nun schon 'The Very Last Time' heißt, erwartet man schon vom Titel her nicht unbedingt einen Anstieg in der Härte und so ist es dann auch. Rythmisches Klatschen, dumpfer Bass, Elektronik und fertig ist der Song aus dem "That's The Spirit" Baukasten von Bring Me The Horizon - nur dass man leider in keinster Weise die Qualität der Songs von gerade dem Album erreicht.
Und dann kommt 'Piece Of Me' um die Ecke, welches gleich mit deutlich fieseren Riffs um die Ecke kommt und wo auch wieder mehr geshoutet werden darf. Da merkt man sofort, was man eigentlich von den Jungs hören will. Macht einfach Laune das Teil. 'Under Again' schaltet aber leider sofort wieder zurück und spielt die Elektronik wieder prägnant in den Vordergrund. Klappt bestimmt wieder super damit Teenies zu sich zu ziehen, mir ist das aber leider zu wenig. Titelstück-Zeit, da erwarte ich eigentlich immer Großes und tatsächlich ist 'Gravity' zumindest im Refrain sehr griffig. Insgesamt aber auch nicht das was ich erwartet habe und eher so ein Lied, dass sich mal ins Radio verirren könnte, wenn die Sender hip genug sind.
Als in 'Coma' irgendwann härtere Saiten angeschlagen werden, bin ich schon am Grinsen. Aber leider hält auch das nur kurz an und insgesamt verfängt sich das Album nun ein bisschen im Generischen. Wo ist die Abwechslung oder der nächste Kracher, der einen wachrüttelt? Die Antwort kommt mit 'Don't Need You' direkt im Anschluss. Der knallt nämlich über weite Teile richtig gut rein. Nur der Refrain ist dann leider nicht so packend wie der Rest, was wirklich eine Schande ist. Die Akustikgitarre kommt dann zum Finale bei 'Breathe Underwater' zum Einsatz, welches als astreine Ballade daherkommt und somit einen stimmigen Abschluss bildet.
Eins können wir sofort festhalten, "Gravity" ist ein komplett anderes Album, als alle Alben zuvor. Mehr Elektro, deutlich softer und dahingehend so wie manche Fans es befürchtet haben? Das Ganze ist super produziert, leicht hörbar und macht zumindest über einen kurzen Zeitraum lang Spaß. Aber auf Dauer fehlt hier einfach die Abwechslung und manches hört sich so an, als ob man sein eigenes "That's The Spirit" erschaffen wollte und davon sind BULLET FOR MY VALENTINE leider sehr weit entfernt. Mehr Agressivität hätte helfen können, aber auch einfach mehr Abwechslung hätte Wunder bewirkt. So hört sich vieles ähnlich an und ständig denkt man sich, dass die Jungs hier unter ihren Leistungen agieren. Wie gesagt, schlecht ist das Album nicht, aber leider eins, welches man schnell wieder vergessen hat.
Album-VÖ: 29.06.2018