(Out Of Line Music/ Rough Trade)

Vor gut zwei Jahren haben es die Jungs von UNZUCHT geschafft mich mit ihrem Album "Neuntöter"  vollends zu begeistern. So hörte sich in meinen Ohren wirklich gelungener, deutscher Dark-Rock an. Nun wird mit "Akephalos" das nächste Album auf den Markt gebracht und meine Erwartungen waren natürlich enorm. Der Name des Albums bezeichnet übrigens einen kopflosen Dämon, wobei ich mir sicher bin, dass beim Songwriting sicherlich niemand kopflos war. Also genug der lahmen Vorworte und endlich die Scheibe mal anwerfen und gucken was uns da so erwartet.

Fangen wir doch gleich mit einem schlechten Wortspiel an, denn der erste Song schlägt ein wie ein 'Projektil'. Harte Riffs und elektronische Beats machen sofort klar: Das Spiel zwischen Metal und Dark-Rock beherschen UNZUCHT immer noch in Perfektion. Mit satten 6:30 Minuten hat es nicht nur eine stattliche Länge, sondern ist tatsächlich direkt das Längste des ganzen Albums. Diese Zeit wird aber auch ideal genutzt und so besteht das Lied aus vielen verschiedenen Teilen, die zu einem grandiosen Ganzen verschmelzen. Dass der Text grandios ist und zum Nachdenken anregt, kommt da noch hinzu. Da können sich die meisten anderen Bands aus dem Genre 'ne Ecke von abschneiden.

Besser kann man ein Album eigentlich gar nicht beginnen. Die Messlatte wird also direkt zu Beginn hoch aufgelegt. Und da wir 'Nela' schon als Musikvideo zur Ankündigung dieses Album kredenzt bekommen haben, kennt dies wahrscheinlich eh schon fast jeder Leser dieser Zeilen. Daher ist es auch kein Geheimnis, dass die hohe Qualität ohne Mühe gehalten wird. Bereits seit dem ersten Mal hören vor ein paar Monaten, hängt mir das Lied im Ohr und kommt immer wieder in den Kopf, um von mir gesummt zu werden. Wer es nicht kennt, sollte sich unbedingt das Musikvideo anschauen.

Bei 'Der Tod In Mir' werden die Riffs etwas abgeschwächt, es bleibt aber dennoch sehr rockig. Der düstere Industrial-Touch wird dabei mehr in den Vordergrund gestellt. Auch ein schönes Lied, aber es reißt mich nun nicht mehr so mit wie die zwei direkten Vorgänger. 'Die Verbotene Frucht' startet mit einem langen Elektronikteil, bevor die Gitarre überhaupt einsteigen darf. Dies macht sie dann auch eher tief und langsam und so ist auch das Lied aufgebaut. Die Langsamkeit gibt den Texten auf jeden Fall mehr Zeit sich im Kopf des Hörers entfalten zu können. Und hinten raus werden wir dann sogar doch noch mit einem Gitarrensolo beglückt.

Mit 'Akephalos' wird es dann Zeit für den Titeltrack und jetzt wird das Gaspedal wieder durchgetreten. Mit seinen knapp drei Minuten ist es deutlich kürzer als die Stücke die vorangingen und verfolgt so die Devise kurz und geil. Begeistert mich irgendwie wieder deutlich mehr als die zwei ruhigeren Vorgänger. Aber es ist nicht so, dass es für mich immer schnell sein muss. So ist 'Du Fehlst' auch langsam und ruhig, handelt es sich doch hierbei um eine Ballade und begeistert mich doch wieder sehr. Vor allem die schöne Melodie und das akustische Gitarrenspiel veredeln hier das Gesamtkunstwerk, welches von einem wunderbar emotionalem Text getragen wird.

Fette Industrialbeats sind das Erste was man bei 'Der Schmale Grat' zu hören kriegt, aber auch der Rest hat es in sich. Vor allem, wenn nach knapp einer Minute die dicken Riffs dazukommen. Der Refrain gehört dann auch zu der Sorte, die man so schnell nicht mehr vergisst. Zu 'Nur Die Halbe Wahrheit' wurde jetzt zum Release von "Akephalos" auch ein Musikvideo veröffentlicht. Tatsächlich hätte mich die Wahl des Liedes nicht weniger überraschen können. Mit einer Länge von knapp vier Minuten passt es gut zu einem Video, es verbindet wieder schön die melodischen und agressiveren Elemente und der Text ist nicht nur gut, sondern auch wichtig. Auch hier gilt, am besten das Video gucken, um sich selber ein Bild zu machen. Auf dem hohen Niveau, welches die Jungs hier fast durchgehend halten, agiert dann auch 'Nachts Im Meer'. Es gehört wieder zu der kürzeren Sorte und geht dafür umso schneller nicht nur ins Ohr, sondern den ganzen Körper. Einfach ein tolles Teil und während man davon noch begeistert ist, knallt es auf einmal ordentlich. Es wird gekreischt, es wird geschrien, die Beats und Riffs werden Einem im Stakkato um die Ohren gehauen - ja der Einstieg in 'Fleisch Und Ruinen' hat es in sich und da bis auf einen kurzen Teil in der Mitte nur Daniel De Clercq singt, hat das Ganze einen schön harten und düsteren Touch, wodurch der Part von Der Schulz nach zwei Minuten aber noch besser zur Geltung kommt. Hach, das ist mal wieder großes Kino in unter vier Minuten.

Leider nähern wir uns nun schon unweigerlich dem Ende und 'Das Sichere Ufer' ist leider schon die letzte neue Komposition. Aber die hat es noch mal so richtig in sich! Ein ziemlich vorantreibendes und auch hoffnungsvolles Lied. Ich will dazu eigentlich gar nicht so viel schreiben, sondern finde es besser, wenn es jeder für sich selber entdecken wird. Beim letzten Titel handelt es sich dann um einen Coversong, aber nicht so wie ihr grade denkt. Nicht UNZUCHT covert einen Song, sondern Saltatio Mortis geben ihre Version des Knüllersongs 'Ein Wort Fliegt wie ein Stein' zum Besten. Als jemand der beide Bands gerne hört, kann ich nur sagen was für ein geiles Cover und somit ein mehr als gelungener Zusatz. Vielleicht bedanken sich die Jungs ja damit für das Cover welches UNZUCHT für Saltatio Mortis letztes Album zugesteuert haben.

Photo Courtesy of Out Of Line Music

Sie haben es wieder geschafft! Auch "Akephalos" ist wieder ein großartiges Album geworden, bei dem ich es kaum abwarten kann, die Lieder live erleben zu dürfen. Nur zur Höchstwertung reicht es diesmal knapp nicht, da 'Der Tod In Mir' und 'Die Verbotene Frucht' mich auch nach mehrmaligem Hören nicht so ganz erreichen. Aber das sind echt nur leichte Abzüge in der B-Note und ich kann einem jeden Fan solcher Musik das Album nur ans Herz legen. Wer von der Band immer noch nichts gehört hat, sollte das verdammtnochmal endlich tun. Wir sehen uns dann spätestens im Dezember in Hannover, zur inzwischen fast zur Regel gewordenen Vorweihnachtshow und dem Tourfinale.

Anspieltipps: 'Projektil', 'Nela', 'Das Sichere Ufer'

Album-VÖ: 27.07.2018