(UNFD)
Das letzte CROSSFAITH-Album "Xeno" erschien im Spätsommer des Jahres 2015 und ist damit immerhin schon drei Jahre alt. Währenddessen waren die Jungs aus dem japanischen Osaka aber alles andere als faul. Neben mehreren Touren durch Japan und die Welt, gab es in der Zeit drei neue EPs. Wobei die Titeltracks der letzten beiden Veröffentlichungen nun auch auf dem neuen Album "Ex_Machina" vertreten sind. Es handelt sich dabei diesmal um ein Konzeptalbum, wie mir Sänger Ken ja erst vor wenigen Wochen im Interview erklärte. Tatsächlich spielt es in einer Zukunft, wo die Technik sich soweit entwickelt hat, dass sie die Menschheit als herrschende Klasse auf diesem Planeten abgelöst hat und diese nun sogar unterdrückt. Sicherlich ein Konzept, dass schon vor vielen Jahrzehnten des Öfteren umgesetzt wurde, aber immer aktueller wird, je weiter sich die Technik entwickelt. Die Band bittet darum dieses Album als Warnung zu verstehen und über die eigene Zukunft nachzudenken. Mensch, das sind ja große Worte, aber im Endeffekt ist es für mich interessanter, ob die Scheibe auch musikalisch was drauf hat. Also dann mal frisch ran ans neue Werk.
Der Opener 'Deus Ex Machina' erklärt kurz was passiert ist und unter welcher Herrschaft die Menscheit gerade steht. Hierbei handelt es sich um ein typisches Technostück und die Erzählstimme erinnert ein bisschen an H.P. Baxxter, wodurch alles ein bisschen an Scooter erinnert. CROSSFAITH haben also nicht vergessen, dass man sie liebt, weil sie Techno und Metal verbinden. Der starke elektronische Unterbau kommt dann auch gleich bei 'Catastrophe' voll zur Geltung, wobei man dem Ganzen mit heftigen Beats und Riffs sofort einen ordentlichen Arschtritt gibt. Der Dance-Aspekt ist dabei deutlich ausgeprägter als auf den letzten beiden Alben. Verbunden mit den Agressionen die im Gesang und mit den Instrumenten vermittelt werden, kriegt man also gleich die schöne Mischung, durch die man die Band damals kennengelernt hat. Apropos agressiv: 'The Perfect Nightmare' ist einer der härtesten Tracks, den die Band jemals geschrieben hat. Ich kann nur prophezeien, dass damit im Herbst zur Europatour so mancher Club abgerissen werden wird. Ho99o9 ist ein amerikanisches Hip-Hop-Duo, von dem ich bis jetzt noch nichts gehört habe. Warum ich sie nun erwähne? Weil sie bei 'Destroy' mit dabei sind und somit ein paar Hip-Hop-Elemente einbringen. Ihr Auftritt gibt dem sonst eher harten und düsterem Track eine schöne und erfrischende Note. Insgesamt merkt man wie düster CROSSFAITH die Zukunft sehen, hier knallt bisher ein jedes Stück mit ordentlich Härte auf den Hörer ein.
Es geht auch gleich mit dem nächsten Gastauftritt weiter, bei 'Freedom' gibt sich nämlich Rou Reynolds von Enter Shikari die Ehre. Und sein Rap-Part in diesem Lied passt wirklich hervorragend und wertet das Gesamtprodukt deutlich auf. Die Nutzung der elektronischen Hilfsmittel lassen dabei das Stück an sich etwas freundlicher daherkommen, ohne dem Ganzen aber die Energie zu rauben. In diese Richtung geht dann auch 'Make A Move', welches fast fröhlich erscheint. Die Strophen kommen hier als Rap daher, womit auch Ken mal beweisen kann, dass er durchaus mehr als Growls und Clean-Vocals beherrscht. Der Refrain verbreitet dabei eine regelrechte Party-Atmosphäre und lockert damit "Ex_Machina" ziemlich auf, welches bis dahin eher mit Volldampf voran geprescht ist. Mit 'Lost In You' begibt man sich irgendwo auf den Weg zwischen Ballade und Dancehall-Kracher. Das mag zwar völlig unerwartet sein, passt aber wie Arsch auf Eimer. Auch sowas können die Jungs also und beweisen sich damit vielseitiger als je auf einem Album zuvor. Bei 'Wipeout' nimmt man dann wieder an Geschwindigkeit zu und es darf erneut gegrowlt werden, wobei der Refrain ruhiger als der Rest ist. Bereits Anfang des Jahres, wurde dieses Lied im Rahmen einer EP veröffentlicht und schon damals hat es mich nicht komplett vom Hocker gehauen. So ist es auch hier das für mich Schwächste der vertretenden Stücke.
Jetzt wird es wild oder halt auch nicht, denn 'Milestone' kommt fast wie ein Pop-Rock-Song daher. Wenig Härte, dafür viel Melodie, gefühlvoller Gesang und oftmals eher leise Töne. Und trotzdem hört man durchgehend heraus, dass es sich hierbei um ein Lied von CROSSFAITH handelt. Bei dem Titel 'Eden In The Rain', dachte ich schon wegen des Titels, dass es in dieselbe Richtung gehen könnte. Allerdings merkt man sofort, dass hier die Instrumente deutlich hörbarer vertreten sind und es doch 'ne Nummer rockiger zur Sache geht. Teilweise erinnert die Nummer etwas an die Linkin Park-Stücke der späteren Alben. Eins fällt nun unweigerlich auf - die anfangs vorherrschende Voll-auf-die-Fresse-Stimmung ist hier überhaupt nicht mehr zu finden. Meistens gibt es ja auch immer ein instrumentales Trance-Stück auf einem CROSSFAITH-Album und das erwartet uns nun mit 'Twin Shadows'. Hat überhaupt nichts mit Rockmusik am Hut, finde ich aber genau wie 'Astral Heaven' auf "Xeno" damals richtig gut. Dann sind wir mit 'Daybreak' auch schon am Ende der Geschichte angekommen und wie es sich gehört geht es nun wieder in die Vollen! Das heißt es wird wild gescreamt, es erklingen Blastbeats und es werden keinen Gefangenen gemacht. Zumindest bis zum letzten Drittel, dann erklingt auf einmal alles etwas fröhlicher. Die Zukunft ist wohl noch nicht verloren und deswegen passt es sehr gut, das Album mit diesen Tönen zu beenden. Wobei wirklich vorbei ist es nämlich noch gar nicht, wenn sich manche Stücke schon nach Linkin Park anhören, kann man ja auch gleich noch ein Cover von 'Faint' nachschieben. Als Gastsänger hat man hierbei Masato von Coldrain an Bord, der sich wirklich verdammt gut als Chester-Ersatz macht und mit zu den besten Covern gehört, die ich in letzter Zeit gehört habe.

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Ohne Frage, "Ex_Machina" ist ein wilder Ritt, der es in sich hat. Die erste Hälfte prescht ohne Gnade auf den Hörer ein, dann wird es auf einmal deutlich softer, ohne je den Schneid zu verlieren. Vor allem die Mischung aus Techno und Metal wird diesmal mehr betont als bei den bisherigen Alben. Vielleicht sogar eine Ecke mehr als bei den ersten beiden Alben aus den Jahren 2009 und 2011. Auch die ruhigere zweite Hälfte gefällt mir außerordentlich gut, weil sie so viel Abwechslung mit sich bringt und die elektronische Teile noch besser zur Geltung kommen. Wie diese Lieder live rüberkommen werden muss sich dabei erst zeigen, wie auch die Reaktionen der Fans auf diesen doch eher ungewohnten Sound. Die Ankündigung der Jungs, dass sich die Band in einem Umbruch befindet, kann man auf jeden Fall nun vollends nachvollziehen. Es handelt sich hierbei um das abwechslungsreichste Album und dem qualitativ besten Output seit der 2015er Scheibe "Xeno". Die erzählte Geschichte konnte ich übrigens nur bedingt verfolgen, weil mir ein Booklet mit den Texten fehlt. Und die Texte komplett herauszuhören, ist vor allem bei den schnelleren Liedern gar nicht mal so einfach. Ich behaupte trotz der anhaltenden Gluthitze wird man nicht anders können, als zu der Musik mal so richtig abzugehen. Und was folgt auf die Hitze? Natürlich ein Gewitter, in diesem Fall in Form von sechs Blitzen.
Anspieltipps: 'The Perfect Nightmare', 'Make A Move', 'Daybreak'
Album-VÖ: 03.08.2018