(Victory Records/ Soulfood)
Nachdem Victory Records innerhalb kurzer Zeit seine beiden lukrativen Easy-Core-Zugpferde A Day To Remember und Silverstein auf nicht ganz astreine Weise verloren hat, sind sie auf der Suche nach Ersatz. Da der Heimatmarkt scheinbar abgegrast ist, hat man seine Scouts nach Europa geschickt - diese sind in Schweden (wo auch sonst?) fündig geworden. ABANDONED BY BEARS könnte die gerissene Wunde schliessen und wollen nun mit ihrem aktuellen Album "Headstorm" beweisen, dass die Vorschußlorbeeren, die die PR-Machine in die Weiten des Internets gekloppt hat, nicht gänzlich unberechtigt sind.
Hört man die ersten vier Songs und lässt diese auf sich wirken, fällt zuerst das handwerkliche Geschick der fünf Jungs auf, die es schaffen aus dem ausgelutschten Genre patente Songs herauszukitzeln, die eingängig tönen, aber dennoch spannend arrangiert sind. Während 'So Far Gone' und 'Headstorm' noch die Pop-Punk-Schiene bedienen, gibt es erste Growls bei 'Strangers', die noch zurückhaltend zum Zuge kommen, um dann in 'Borderline' förmlich zu explodieren. Schönes Laut-Leise-Spiel (bzw. Clean/Gebrüll-Wechsel). Durch die Aggressivität des Songs, kommt auch die metallische Instrumentierung gut zur Geltung.
Auch 'Blurry Vision' bedient sich dieses Stilmittels, allerdings wirkt das Ganze ein bisschen aufgesetzt und zu gewollt. Die Unverkrampftheit vom Beginn der Platte wird leider etwas vergessen, aber mit der Sing-A-Along-Attacke 'Stepping Stones' wettgemacht. Hier wird zwar zwischenzeitlich auch böse gegrowlt, hätte es aber nicht bebraucht, da der Song auch so funktioniert.
'Fervor' wirkt ziel- und planlos, das darauffolgende 'Drowned Out' hat mutigen Wechselgesang in der Hinterhand, wobei beide Sänger klar singen. Überraschender Effekt, da man eigentlich wieder mit typischen Gebrüll rechnete. 'Outrun Reality' ist einer dieser überflüssigen Balladen, die sich Bands, die "Core-Musik" machen, auch echt mal klemmen können - braucht kein Mensch! Wer ist für sowas die Zielgruppe? Schlimm.
'Held Against You' hat wieder die poppige Vollbedienung im Gepäck, während der Abschlusstrack 'Greyscale' dem Album "Headstorm" ein rundes Ende bereitet. Der Song wird Fans von Asking Alexandria Freudentränen ins Gesicht zaubern. Spricht natürlich nicht gerade für Innovation, aber wie soll das auch gehen,`in diesem Genre ist halt alles auserzählt.

Abandoned By Bears Photo courtesy of Victory Records
Als ich las, dass das Victory-Signing aus Schweden kommt, habe ich mich auf frischen Wind, neuen Ideen und Mut für die Lücke gefreut. Nichts davon können ABANDONED BY BEARS einlösen, da sie teils amerikanischer und abgezockter klingen, als ihre Kollegen aus den Staaten. Das macht "Headstorm" nicht schlechter, aber auch nicht besonders. Solides Album, welches seine Fans finden wird - der Support-Slot für die Headliner-Touren von beispielsweise BlessTheFall, The Amity Affliction, The Devil Wears Prada etc. dürfte damit für ABANDONED BY BEARS gebucht sein.
Album-VÖ: 24.08.2018