(Through Love Records/Indigo)
Seemannsartige Gruppengesänge im Singalong-Stil neben geerdetem Indie-Sound à la Delta Sleep: Die beiden Singleauskopplungen vom neuen WILD CAT STRIKE Album "Rhubarb Nostalgia" waren so verschieden, dass sie wenig Rückschlüsse auf den Stil des gesamten Album zugelassen haben. Die erste Single 'Sattelite Towns' ist nicht nur musikalisch, sondern auch textlich ein bittersüßer Track: „I’m tired of living in a satellite town“, singt Frontmann Danny Byrom, der – wie passend – genau wie der Rest der Band aus Brighton kommt.
Lyrisch genauso schmerzlich, aber dafür in einem Country-Song verpackt ist die zweite Single 'I Feel Good'. Die klingt fast wie eine Folk-Hymne für betrunkene Kneipengäste, wäre sie nicht so sarkastisch. Laut Byrom geht es im Song darum, ein sympathischer Draufgänger zu sein – dazu passt dann auch das Musikvideo:
Was die beiden Singles gemeinsam haben ist, dass sie mit dem alten Post-Rock-Sound von WILD CAT STRIKE nur schwer zu vergleichen sind. Das zieht sich durch den Rest des Albums: Textlich wirkt es geerdeter - musikalisch merkt man, dass die Band sich ausprobiert hat. Es ist ein eigens produziertes Debüt-Album und trotzdem mehr als nur eine Aneinanderreihung von musikalischen Experimenten. Dass es ein Konzept gibt, beweisen der erste Track 'Self Help Tapes' und das melodiöse Zwischenspiel 'Thirsty Ocean' zu Beginn der zweiten Albumhälfte. Die beiden eher ruhigen Songs geben Struktur und bauen Spannung auf, jeweils für die kurze Dauer des Liedes selbst – aber auch für das gesamte Album.
Die Songtexte von WILD CAT STRIKE sind zwar alle persönlich, bleiben dabei aber leicht zugänglich und unkontrovers. Es geht um Erinnerungen und um das Leben selbst. Immer wieder werden Gedanken beschrieben, die vermutlich jeder schonmal hatte: Mit „I still can’t quite complain“, besingt Danny Byrom im Finale des Albums, 'Another Round' dieses bekannte okay-Gefühl - und im 'Rhubarb'-Refrain heißt es einfach: „I’ve got a lot to think about“.
Dem Debüt-Album ein Genre oder eine Referenz zu verpassen ist nicht ganz einfach: Es ist weniger roh als die Vorgängersongs und dafür melodiöser. Gerade durch die kraftvollen Gitarrenslides und Orgelparts von Ex-Bandmitglied Guy Jones behält die Musik aber ihren satten Sound. Die Gruppengesänge erinnern eher an Folk als an Rock und sind ein immer wiederkehrendes Element, so auch in 'Everyone Feels The Same' oder 'Rhubarb'. Wer bei WILD CAT STRIKE weiterhin nach Noise Rock sucht, wird also enttäuscht. Wer aber das Ende der Indie-Rocker Tall Ships bedauert, der findet in WILD CAT STRIKE vielleicht eine würdige Alternative.
Für die vielen Gruppengesänge auf dem Album haben WILD CAT STRIKE übrigens befreundete Künstler in ihr Studio eingeladen – und wahrscheinlich sind die Songs genau für solche Situationen perfekt. Das Album ist alles in allem nicht aufregend genug für eine unbedingte Empfehlung, aber trotzdem sehr gut anzuhören. Es klingt, als will es entspannt und gemeinsam mit guten Freunden gehört werden. Die Songs sind ein Soundtrack zum Bier trinken und an alte Zeiten denken. Der Titel des Albums,"Rhubarb Nostalgia", bietet das ja sowieso an.
Album-VÖ: 05.10.2018