(Fat Wreck Chords/ Edel)
Einer der interessantesten Bands im Punkrock-Business der letzten Jahre waren sicherlich DIRECT HIT! - nicht nur wegen ihrer frischen Art, die so manche Bombe im Genre platzieren konnte, sondern weil sie vor allem unglaublich kreativ verschiedene Spielarten des Punks unkompliziert miteinander kombinieren, ohne gehetzt oder angestrengt zu wirken. Hier fliessen die Ideen - was bei anderen Bands wahrscheinlich für drei Alben reichen würde. Nach der letztjährigen Split "Human Movement" mit ihren Labelmates Pears, folgt nun der zweite vollständige Streich via Fat Wreck namens "Crown Of Nothing". Das Labeldebüt "Wasted Time" hat bereits damals komplett überzeugen können.
Und während "Wasted Time" mit überborderner Spielfreude begeisterte, verfällt "Crown Of Nothing" dem kompletten Wahnsinn. Was hier geboten wird, ist eigentlich kaum in Worte zu fassen. Klar, man kann die einzelnen Tracks für sich stehend analysieren und einordnen, aber im Gesamtkontext, ist das vorliegende Album reif für die "Geschlossene". Das soll übrigens positiv gemeint sein. Aber schauen (bzw. hören) wir uns den Irrsinn mal genauer an.
Mit dem Shoegaze-Schunkler 'Different Universe' beginnt der Dreiviertelstunde-Trip. Das ist jetzt nicht der überzeugendste Opener, weiss aber durchaus zu gefallen, da er eine relative Entspanntheit vorgaukelt, die sich beim folgenden 'Welcome To Heaven' im perfekten Up-Tempo-Pop-Punk (ähnlich alte Trash Boat) auflöst, um dann beim dritten Stück 'PainBoredom' gänzlich im Chaos-Core zu versinken (Converge lassen grüßen). 'Altered States' ist dagegen der beste Blink 182-Output, den ich seit 15 Jahren gehört habe.
'Perfect Black' wiederum lässt es sich nicht nehmen, um recht anspruchsvollen Hardcore der Marke Fucked Up als Inspiration zu nehmen. Gefälliger Pop-Punk folgt dann mit 'Bad Answer' und 'Life In Hell', welche zwar enormen Ohrwurm-Charakter haben, aber im Vergleich zu den wilden Experimenten qualitativ etwas abfällt. Wie diese Spielart des Punkrocks besser umgesetzt werden kann, beweisen DIRECT HIT! auch direkt (sic!) im Anschluss bei 'Something We Won't Talk About' und 'You & I (Are Nothing But Lies)'. 'The Problem' lässt etwas Angels & Airwaves einfliessen, während 'Bliss Addiction' wieder den Knüppel rausholt und ordentlich um sich kloppt.
'Losing Faith' ist toller Indierock mit ordentlicher Punkkante, das wie The Thermals auf Speed klingt. Die letzten beiden Tracks 'Disassamble' und 'Heaven's End' lassen den Zuhörer etwas durchatmen, denn zumindest nach dem ersten Durchlauf muss man das Erlebte erstmal verarbeiten.

Direct Hit Photo courtesy of Fat Wreck
Was man als Problem bei "Crown Of Nothing" ausmachen könnte (die fehlende Stringenz), entpuppt sich im Grunde als die große Stärke von DIRECT HIT! - sie kommen mit einem Haufen Ideen überraschend um die Ecke und überschütten dich. Entweder rennst du genervt weiter oder die Kreativität packt dich und du möchtest mehr erleben. Ich persönlich empfehle die zweite Option.
Album-VÖ: 26.10.2018
Dezember 5, 2018
Hi, die Rezension trifft Vieles auf den Kopf. Das Album ist unfassbar facettenreich und ließ mich nach den ersten viermal Durchhören stets völlig im Gefühlschaos zurück. Bad Answer und Life in Hell habe ich selber ebenfalls wie qualitative Abreißer nach unten wahrgenommen. Die Songs „Disassemble“ und „Heaven´s End“ jedoch geben keinen Anlass zum Durchschnaufen. „Disassemble“ ist lyrisch ein Song der die Zerstückelung des eigenen Mörders im szenischen Himmel des Albums detailliert beschreibt. Beim Verfolgen des Textes setzt der Song dem Album die Krone der Gefühlswelt in niederträchtigen Aspekten auf. „Heaven´s End“ ist meiner Meinung nach der melodische Höhepunkt des Meisterwerks und hebt die innere Gefühlswelt, die nach der Dreiviertelstunde völlig durcheinander geworfen wurde auf ein nur noch schwerer zu verarbeitendes Level. Obwohl die Adolescents dieses Jahr das beste Album seit dem Blue Alum rausbrachten ist Crown of Nothing für mich das Album des Jahres.