(Warner Music)
ONE OK ROCK kann man getrost als den Durchstarter schlechthin bezeichnen, wenn es um Rock Musik aus Japan geht. Dabei dauerte es eine ganze Weile bevor sich der Erfolg auch weltweit eingestellt hat. Mit "Eye Of The Storm" liegt nämlich bereits das neunte Album der Jungs vor, welche sich im Jahr 2005 gegründet haben. Aber erst seit dem Jahr 2015 und dem Album "35xxxv" werden die Alben auch hier im Westen veröffentlicht. Allerdings erscheinen seit dem sogar stets zwei Versionen und zwar Eine mit teils noch japanischen Texten, wie es bei der Band immer der Fall war, exklusiv in Japan und Eine mit rein englischen Lyrics, die dann im Rest der Welt verkauft wird. Stilistisch konnte man das Ganze damals gut in den Hard Rock einordnen, aber schon die letzten beiden Alben hatten einen starken westlichen Einschlag, der sie mehr in Richtung Stadionrock getragen hat. Und genau diese Stadien füllen sie dann auch zu Hause in Japan, wo sie eine der angesagtesten Bands überhaupt sind und in diesem Jahr z.B. mit Ed Sheeran touren werden. Auch hier in Deutschland ist die Band sehr beliebt und die zwei exklusiven Deutschlandkonzerte im Dezember 2018 waren innerhalb weniger Sekunden ausverkauft.
In den letzten Jahren wurde der Fokus aber immer mehr auf die USA gelegt und als man im Jahr 2016 zusammen mit 5 Seconds of Summer die Staaten drei Monate lang ausgiebig betourte, schufen sie eine komplett neue und riesige Fanbase. Allerdings schien man sich auch gehörig dessen Stil anzupassen und so erklang bei den ersten Single von "Eye Of The Storm" anstatt packendem schnellen Hard Rock, komplett radiotauglicher Pop Rock für ein sehr junges und hauptsächlich weibliches Publikum. Deswegen ist nun die spannende Frage zu klären, ob ONE OK ROCK überhaupt noch ihren Namen zurecht tragen. Mit 13 Liedern gibt es hier genügend Material, welches uns hoffentlich eine Antwort liefern wird.
Am Anfang sucht man die Gitarren noch vergebens in 'Eye Of The Storm' und auch das Drumset ist nicht unbedingt sehr prägnant. Dafür wird großzügig mit verschiedenen elektronischen Hilfsmitteln gespielt. Die Riffs werden dann aber etwas prägnanter und es kommt der typische Stil der Band zum Vorschein. Es klingt ungefähr wie ein Lied des Vorgängeralbums "Ambitions", vielleicht nur ein bisschen mehr gedrosselt in der Geschwindigkeit. 'Stand Out Fit In' sagt den jungen Leuten da draußen, das sie sich nicht verstellen und stolz auf sich selber sein sollen. Die Thematik um Selbstzweifel ist sicherlich immer brandaktuell und sollte bei der Zielgruppe voll ins Schwarze treffen. Musikalisch ist es ein sehr langsamer gute Laune Song, welcher neue Energie geben soll. Die Melodie ist einfach wunderschön und auch live sorgt es dafür, dass die komplette Menge am Mitklatschen ist. Ja, das Ergebnis hat eigentlich kaum mehr etwas mit Rockmusik zu tun, ist aber ein sehr schönes Stück Popmusik. Mit 'Head High' gibt es ein weiteres Lied welches vom Tempo eher sehr langsam ist. Gitarrist und Bassist dürften hierbei fast arbeitslos gewesen sein, bzw. gehen in dem Mix fast vollkommen unter. Typischer Fall von möglichst massenkompatibler Radiomusik. Rockiger geht es zum Glück bei 'Grow Old Die Young' zur Sache, fairerweise muss ich aber sagen, dass dies nur im Refrain der Fall ist. Die Strophen sind doch auch wieder eher langsam, aber wenigstens kann Taka in Teilen seine Stimme mal wieder etwas lauter erheben. Es scheint sich dabei wirklich um eine Art Konzeptalbum für Teenager zu handeln, denn wirklich jedes Lied ist von den Texten her auf diese zugeschnitten. Bei 'Push Back' wird mit gestampft und geklatscht, quasi ein kleines bisschen Queen für die Massen. Aber ansonsten ist alles einfach sehr generisch und mag mich in keinster Weise zu begeistern.

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'Wasted Night' ist der Song, zu dem man sich entschieden hat ein Musikvideo passend zum Album-Release zu veröffentlichen. Für mich ist diese Idee nicht nachvollziehbar, ist es der bis dato austauschbarste Output von "Eye Of The Storm". Wieder mitklatschen, wieder langsames Tempo, selten kam ein ONE OK ROCK Album bisher so uninspiriert daher. Etwas schneller wird es mit 'Change', aber zu viel Wandel sollte man auch hier nicht erwarten. Sicherlich hat es aber live einen höheren Partyfaktor, als so manch anderes Liedgut bisher. In eine ganz andere Richtung geht 'Letting Go', hier wird der Beat im Hintergrund eingeschnippst und es handelt sich eher um Sprechgesang. Für die Instrumente muss man da schon wirklich sehr gut hinhören und ich nenne das Ganze mal Chill-Out Musik. Auf Platte recht unterhaltsam anzuhören, sehe ich hier allerdings quasi keine Chance, wie das live die Mengen begeistern soll. Rein vom Titel her, hatte ich gewisse Erwartungen, dass es bei 'Worst In Me' etwas mehr in Richtung alte Zeiten gehen könnte. Aber weit gefehlt, Schema F von "Eye Of The Storm" schlägt wieder zu. Wenn man 13 Lieder auf ein Album packt, könnte man schon etwas mehr Ideenreichtum erwarten. Stattdessen spürt man jede Sekunde wie knallhart hier auf die Radioformel und den Massenmarkt zurückgefriffen wird. 'In The Stars' treibt dies auf die Spitze, hier darf auch die Sängerin Kiiara mitmischen und ich denke grade ich habe ausversehen das Radio angemacht und bin bei einem x-beliebigem großen Sender gelandet. Ein zu Tode produziertes Stück Musik ohne jegliche Emotionen oder Liebe.
'Giants' geht dann endlich mal wieder gut nach vorne und ist sehr kurzeilig. Nach den Durchhängern davor eine sehr gelungene Abwechslung. Natürlich sollte man sich inzwischen längst damit abgefunden haben, dass das ganze Album herzlich wenig mit Rockmusik zu tun hat, aber 'Unforgetable' ist ein wirklich gutes Lied. Sobald die Geschwindigkeit angehoben wird, sind auch die Poplieder von ONE OK ROCK nämlich richtig gut. Leider sind diese aber Mangelware auf "Eye Of The Storm", was einfach nur schade ist. Das abschließende Dreierpack ist tatsächlich ein versöhnlicher Abschluss und zeigt wie viel mehr hier möglich gewesen wäre. So ist auch 'The Last Time' ein gutes Stück Musik und endlich darf mal wieder nach Herzenslust in die Saiten gehauen werden. Hach, warum nicht immer so Jungs?
So nun habe ich alles einzeln auseinander genommen und habe doch noch was zu erzählen. Klar, Bands wandeln sich und ONE OK ROCK sind definitiv nicht mehr die Band, welche ich vor vielen Jahren kennengelernt habe und das ist auch vollkommen ok. Ist das Ganze denn nun noch Rockmusik? Jein, es ist teilweise Pop Rock und teilweise reiner Pop und damit etwas komplett anderes als zuvor. Mich spricht dies nun längst nicht mehr so an und das ist schade, weil die Band zuvor für sehr energetische Lieder und Live Shows stand. Ob es die nochmal geben wird bleibt abzuwarten. Aber da ich hier so oft die Radioformel angesprochen habe, muss ich auf etwas noch hinweisen. Alle Stücke gehen zwischen 2:45 Minuten und 3:45 Minuten. Fünf davon sind sogar sehr nah dran an 3:30 Minuten und genau das ist ja der Punkt, der bei der Popformel als die ideale Länge gilt. Fraglich bleibt also wie viel Prozent der Lieder wirklich noch von der Band handgemacht sind und wie viel einfach von einem US-Produzenten genau zu dessen Vorstellungen entworfen worden sind.
Als Fazit bleibt also nur, das mit 'Stand Out Fit In' ein wirklich toller Song vorliegt und auch sonst recht unterhaltsamer Pop Rock geboten wird. Allerdings hört sich viel zu viel genau gleich an. Und da es hier bei Gestromt um elektrisierendes Entertainment geht kann ich nur sagen, dass ich nach dem Hören nicht wirklich unter Strom stehe. Von den bisher neun Alben handelt es sich deswegen hier leider um das Schlechteste. Und wer schon "Ambitions" zu soft fand, dem sei gesagt, dass das wenigstens noch instrumental getriebene Rockmusik war. Und das kann man von "Eye Of The Storm" leider nicht mehr behaupten. Für mich wird hier eine japanische Band in eine US-Massenware-Korsett gezwängt und jeglicher Eigenart beraubt. Wenn das die Band so will, respektiere ich das natürlich, werfe aber sofort wieder enttäuscht eine alte Scheibe der Jungs an.
Album-VÖ: 15.02.2019