(Rough Trade / Good To Go)
Mit der richtigen PR sollten BOKASSA aus Norwegen dieses Jahr so richtig durch die Decke gehen. Denn was das Trio aus Trondheim auf ihrem zweiten Album "Crimson Riders" abfeuert, ist von einer Energie, Vielfalt, Kreativität und notwendigen Frische geprägt, dass dem geneigten Heavy-Rock-Fan das Herz vor Glück aus der Brust platzen müsste. Aktuell sind sie im Vorprogramm der Metallica-Tour gebucht und wurden bereits aus berufenen Mund geadelt - Lars Ulrich himself liess sich zu folgenden Statement hinreissen: " BOKASSA sind unglaublich gut. Die Songs, die sie schreiben, ihre ganze Energie und Ausstrahlung ist ein Hauch von frischer Luft. Als ich ihre Musik vor einem Jahr hörte, haben sie mir den Kopf weggepustet." Und auch wenn man zuweilen an der erweiterten Intelligenz vom Metallica-Drummer zweifeln mag - hier hat er verdammtnochmal recht.
Neun Tracks haben BOKASSA kreiert, die aus einem Genremix, bestehend aus Hardcore, Metal, Stoner-Essenzen und einem gehörigen Punkrock-Feeling, formvollendet wurden. Das Intro 'Brologue' ist noch rein instrumental gehalten - fährt aber bereits mächtig auf. Riffgeladener, schleppender heavy Beginn, der an Only Living Witness erinnert. Ohne große Umschweife wird dann auf 'Charmed & Extremely Treacherous' umgeschaltet. Ebenfalls sehr fokussiert und stringent auf den Punkt gerifft, um während des äußert gelungenen Chorus mit gänsehauterzeugenden Chören zu operieren, die dem Ganzen zu einer Eingängigkeit verhilft, die es schwer möglich macht, sich die Melodien aus dem Ohr zu kratzen.
Anschliessend gibt sich 'Vultures' die Ehre, der zu Anfang Anleihen an ältere Biffy Clyro bereit hält, aber im weiteren Verlauf teils unfassbare Umwege fährt (inkl. cheesy Saxophon-Einsprengsel), der wiederholt beweist, dass BOKASSA genug eigenen Wiedererkennungswert haben, um im Sumpf der derzeitigen Veröffentlichungsflut zu bestehen. Ein besonderes Charakteristum sind die klug gesetzten Background-Gang-Shouts, die auch beim nachfolgenden 'Mouthbreathers Inc.' Maßstäbe setzen. Was ein verdammter Hit. Wie ein wilder Mix aus The Jury And The Saints, melodiösen Stick To Your Guns und Hazen Street.
Und als ob man nicht jetzt schon eine komplette Endorphin-Ausschüttung verarbeiten müsste, präsentieren BOKASSA mit 'Wrath Is Love' den nächsten Tanzbodenfüller, der einen groovigen Stoner-Riff als Grundgerüst parat hält, um den sich dann der Wahnsinn Bann schlägt. Der Titeltrack bringt für ein paar Sekunden Ruhe rein, um sogleich mit verschiedenen Dynamiken einen Spannungsbogen zu schlagen, der 'Captain Cold One' einen perfekten Nährboden liefert. Großartige "Whoa-ooh-ooh"-Chöre, die dem aggressiven NYHC-inspirierten Song eine Leichtigkeit mitgibt, die man niemals so von einer amerikanischen Band hören würde. Puh - Gänsehaut, die (mindestens) zweite!
'Blunt Force Karma' marschiert straight geradeaus und trägt einen angenehmen Punk-Vibe in sich, der die Black-Metal-Gitarren bestens flankiert. Als letzter Song darf dann 'Immortal Space Pirat 2: The Last Shredi' brillieren (nicht nur mit dem besten Titel des Jahres 🙂 ). Wer diese sieben Minuten komponiert hat, gehört zu den Großen des Genres. Düstere hypnotische Gesänge, die mit Blast Beats, Hardcore-Geshoute und packenden Gitarrenwänden zu einem Meisterwerk kulminieren, welches seinesgleichen sucht. Hier wurde sicherlich von den Landsleuten Kvelertak abgeschaut, die sich ja ihrerseits auch nicht scheuen, einen Parforceritt nach dem nächsten zu wagen.

Bokassa Photo by Thomas Stavo Johnstone lores
Was BOKASSA mit "Crimson Riders" abliefern ist wirklich schwer in Worte zu kleiden. Obwohl ich es in meiner Rezension versucht habe, schaffe ich es nicht mal im Ansatz klar zu formulieren, was mich an dem Album so begeistert. Es hat mich einfach "erwischt" - und ich werde einen Teufel tun, um mich aus dem Sog meiner Begeisterung zu befreien. Sympathisches Trio, klasse Platte! Dürfte in der Jahreswertung ziemlich weit oben anzutreffen sein.
Album-VÖ: 21.06.2019