(Fat Wreck Chords/ Edel)
Es ist jedesmal ein Ereignis, wenn Fat Wreck ankündigen, dass eine neue LAGWAGON-Platte in der Pipeline ist. Vor 29 Jahren gegründet, erscheint mit "Railer" das mittlerweile neunte Album. Da die Mitglieder auch in anderen Projekten und Bands gut zu tun haben, ist es immer wieder ein Quell des Glücks, wenn es die Mannen um Joey Cape schaffen, gebuchte Studiozeit mit ihrer Interpretation von Skate-Melodic-Punkrock zu füllen. "The Caper" hat ja vor nicht allzu langer Zeit sein Soloalbum "Let Me Know When You Give Up" veröffentlicht - deshalb umso schöner, dass noch Songideen für ein LAGWAGON-Album gereicht haben. "Hang" ist nun schon fünf Jahre her und hat die Band auf ein ganz neues Level in Bezug auf Songwriting gehoben, denn die Songs waren teilweise abstrakter, ausufernder und anspruchsvoller komponiert, als man es von der Truppe aus Kalifornien gewohnt war. "Hang" hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen und hat sich bei mir im Lauf der Jahre zur Lieblingsplatte gemausert.
Mit "Railer" gehen die Jungs wieder ein Schritt "Back-to-the-Roots". Hier knallen sie einem 12 Songs in 36 Minuten vor den Latz. Und um die Dringlichkeit des Vortrages auch atmosphärisch auf Tonträger zu bannen, wurde gemeinsam mit Produzent Cameron Webb innerhalb weniger Tage aufgenommen. Joeys Gesang wird von Platte zu Platte besser, klarer, flüssiger. Die Band schafft es ihre technische Brillianz ohne den Hauch von Angebertum abzuliefern. Das Album ist authenisch, lebendig und hat enorm Charme, da hier dem Sound der frühen 90er-Jahre ein Denkmal gesetzt wird und fast schon als Tribut an die glorreichen Fat Wreck/Epitaph-Zeiten empfunden werden kann.
Nie waren LAGWAGON textlich so auf den Punkt. Sie mahnen an, sie wollen Hoffnung geben, sie haben Spass. Alles zusammen genommen ist "Railer" zwar politischer geworden, aber möchte gleichzeitig unterhalten. Hits wie u.a. 'Jini', 'Parable', 'Pray For Them' oder das bereits bekannte 'Bubble' haben alle Trademarks, die LAGWAGON ausmachen. Umso älter und lebenserfahrener die Endvierziger/Anfang-Fünfziger werden, umso konsequenter liefern sie ab. Die Chöre sitzen, die Gitarrensolis erzeugen einen wohligen Schauer und schielen bisweilen beim Metal vorbei, die Rhythmusfraktion gibt Vollgas, als wenn es keinen Morgen mehr gibt.
"Railer" wird für alle Liebhaber des kalifornischen Punkrocks (Melody-Cores) ein Fest der Sinne sein. Und wenn es der gealterte Körper noch mitmacht, sind auch ein, zwei Pogo-Schritte erlaubt - denn stillstehen wird nicht funktionieren. Absolute Granate von LAGWAGON - mal wieder!
Album-VÖ: 04.10.2019