(Spinefarm/ Universal Music)

Dass REFUSED mit ihrem ´98er-Album "The Shape Of Punk To Come" das Hardcore-Genre auf eine neue Evolutionsstufe gehievt haben, ist ja kein Geheimnis. Und jeder Hardcore/Punk-Hörer sollte dieses Meisterwerk als Tonträger zuhause stehen haben. Anspruch und Wirklichkeit hat aber dazu geführt, dass sich REFUSED auf dem Höhepunkt ihrer Karriere aufgrund "unüberbrückbarer Differenzen" getrennt haben. Die Meinungsverschiedenheiten wurden aber knapp anderthalb Dekaden später bereinigt und das Comeback-Album "Freedom" stand recht überraschend in den Läden. Laut Aussage der Band, war der Schreibprozess zur Platte recht egoistisch und so fokussiert, dass die immens hohe Erwartungshaltung der Fans nur enttäuscht werden konnte, da das Songwriting von "Freedom" als fast schon rudimentär empfunden wurde. REFUSED gehen auf ihrem aktuellen Output "War Music" ein Stück "Back-To-The-Roots" und präsentieren ein Werk, welches auch die Oldschool-Anhängerschaft zufriedenstellen wird/soll.

REFUSED wettern gegen das System und gegen den Kapitalismus, wissen aber, dass sie zum verhassten System gehören und ohne Kapitalismus nicht existieren könnten. Dies prangern sie in klaren Formulierungen an und haben ihr vielleicht politischstes Album geschrieben. Frontmann und Mulittalent Dennis Lyxzén kann aus dem Vollen schöpfen und findet meist den richtigen Weg, um die Kompositionen nach vorne zu treiben. Die Platte atmet in einer wütenden Frequenz und Herr Lyxzèn kann dieser Verzweiflung und dem Zorn perfekten Ausdruck verleihen.

Der ungewöhnlich betitelte Song 'REV001' eröffnet das Album und kann mit einem fetten Gitarrenriff punkten, welches den Song gut pusht. Allerdings wirkt der strukturelle Aufbau als auch die Produktion teils unfertig - zum Ende bricht der Track nochmal aus, hat aber im Grunde nichts Großes anzubieten. Im Anschluss überrascht 'Violent Reaction' mit teilweisen cleanen Gesangparts, die irgendwie an Davey Havok (AFI) erinnern - dann bekommt der Track aber einen großartigen Post-Hardcore-Kniff, der ein erstes Highlight auf "War Music" darstellt.

Es ist natürlich doppelt schwer, wenn man einem (ungewollten) Legendenstatus gerecht werden muss und jede neue Idee, auf Kreativität und Einzigartigkeit abgeklopft wird. Als seperater Song ist z.B. 'I Wanna Watch The World Burn' nämlich ziemlich gut geworden, im Gesamtkontext allerdings eher "unter ferner liefen" einzuordnen. Dieser Classic-Rock-Anteil ist vielleicht erstmal cheesy, macht den Song aber gerade deswegen zu etwas Besonderem.

Das Typische an REFUSED sind ja auch nicht die Vorhersehbarkeiten, sondern die teils kruden Dynamiken, die die Gewohnheiten des Hörers auf die Probe stellen - entweder man findet Zugang und lässt sich darauf ein oder gibt auf und behält REFUSED als die Band im Kopf, die lediglich ein Meisterwerk erschaffen haben. So würde man hingegen spannende Konstrukte verpassen, die die Band auf "War Music" verewigt hat. Es dauert etwas bis man in das Album hineingefunden hat, entdeckt aber mit jedem Durchlauf neue Nuancen, die das Hörerlebnis deutlich aufwerten.

Es gibt sicherlich noch einiges an Luft nach oben, aber Tracks wie 'Damaged III' ('New Noise' 2.0), 'The Infamous Left' oder 'Economy Of Death' überzeugen und ein zweites "The Shape..." wird nicht ernsthaft jemand erwartet haben (wobei dieses Monstrum erst im Nachgang seinen Status verpasst bekommen hat)?

Versucht "War Music" unvoreingenommen zu hören und lasst die Trolle quatschen, dass REFUSED nicht mehr authentisch sind - das Gegenteil ist der Fall und die Platte im Gesamten wirklich empfehlenswert.

Album-VÖ: 18.10.2019