(Ring Of Fire Records & Drunken Ship Records / Broken Silence)

Seit einigen Jahren agieren NOWHEREBOUND aus der zweiten Reihe und liefern teilweise fulminante Songs zwischen Folk, Punkrock, Americana und Akustik-Punk ab. Mit ihrem sechsten Studioalbum "Mourning Glory" wollen sie ihrer Ideenvielfalt Ausdruck verleihen und fahren gleich 19 Songs auf, die sich knapp 76 Minuten Zeit nehmen. "Value For Money" sozusagen. Ob neben der Quantität auch die Qualität stimmt, will ich mal versuchen aufzudröseln.

Bereits der Einsteiger 'Frankfurt Am' hat diesen energischen Antritt, der mit einer versoffenen-gebrauchten Stimme nach vorne getrieben wird. NOWHEREBOUND schaffen es sofort, das dem totgerittenen Genre des Heartland-Punkrock neue Facetten mitgegeben werden. Ein feines Gitarrensolo ist das i-Tüpfelchen auf einem berauschenden Start von "Mourning Glory". Ähnlich verhält es sich mit dem Titeltrack, der aber vordergründig einen schwer pumpenden Rock als Ausgangspunkt hat. Auffällig ist das charmante Nutzen von Background-Chören, die zwar nicht im Übermaß eingesetzt werden, aber schon recht häufig, um eine Hymnenhaftigkeit zu kreieren, die auch dem famosen Uptempo-Track 'Six Hearts On Fire' die richtige Würze mitgibt (sagt da jemand Bad Religion?). Mit 'No Horse Town' wird die Geschwindigkeit etwas reduziert und die Eingängigkeit eines (guten) Social Distortion-Songs nachgeahmt. Große Gefühle, die die Haare am Unterarm senkrecht stehen lassen.

Nach diesem bemerkenswerten Start wird mit dem Akustik-Track 'Southpaw' eine kurze Pause eingelegt, die mit 'Unbreakable' zwar sofort beendet wird - aber der Track wirkt irgendwie unfertig und kann im Prinzip nur zum Ende ein gewisses Wiedererkennen generieren. Dass NOWHEREBOUND weniger limitiert sind als andere Bands, die sich in der bespielten Musikrichtung austoben, beweist das Skalastige 'Featherfist', der die Tannfläche der Punk-Disco deines Vertrauens spielend füllen dürfte. Auch 'The One' bedient sich teilweise diesem Stilmittel, kann aber qualitativ nicht ganz mithalten.

'A Blessing - A Curse' bricht wieder etwas den Fluß, da es hier eine recht überflüssige Akustik-Nummer gibt, die fast schon zu schunkelig ausgefallen ist. 'By Art Or Design' übertreibt teilweise mit seinen eingesetzten Ideen - hier ein Beach Boys-Chor, dann die große Geste und Pianogeklimper mittendrin. Zugegebenermaßen ist die Stimme von Frontmann Chris Klinck auf Dauer auch etwas anstrengend, da er zwar versucht zu variieren ('Shield Colors'), aber aufgrund seines tiefen, kratzigen Timbres ist es bei längerer Laufzeit bisweilen etwas eintönig - zum Glück hat die Band genug Potenzial und Kreativität, um dieses minimale Manko fast komplett auszubügeln.

Weitere Highlights eines Albums, welches wahrlich nicht arm an Höhepunkten ist: 'Love To All', 'La Frontera', 'Forever Blue' (manchmal blitzt der Gedanke nach Hot Water Music oder Leatherface auf) oder das krachige 'Tattooed Sunshine'. Den Charakter von Fillersongs haben der Country-Track 'This Ship Can Float On Hope', das etwas ziellose 'Leap Of Faith' und der in die Länge gezogene Abschluß 'JP Magic' - statt sechseinhalb Minuten, hätte es auch die Hälfte getan.

Im Großen und Ganzen ist "Mourning Glory" ein unfassbar abwechlungsreiches Album. Wenn es NOWHEREBOUND möglich gewesen wäre, das Album noch etwas kompakter zu gestalten und manche Überflüssigkeit weggelassen hätten (subjektive Bewertung), würde "Mourning Glory" noch wertvoller in der Gesamtbetrachtung abschneiden. Trotz dem Jammern (auf hohem Niveau) ist die Platte ein Fest für alle Punkrocker.

Album-VÖ: 25.10.2019