(Uncle M)
SPERLING veröffentlichen zum Jahresanfang ihr Debütalbum namens "Zweifel", wobei hier schon der Titel Programm ist. In Landessprache erwartet den aufgeschlossenen Hörer ein fulminanter Mix aus Post-Hardcore-Wänden Marke La Dispute oder Pianos Become The Teeth - dazu flirrt bisweilen ein Cello, welches den instrumentalen Teil erdet. Der Gesangsteil besteht aus zurückgenommen Sprechgesang ohne Rap sein zu wollen (vgl. Casper) und erinnert aufgrund seiner tiefen Inbrust im Vortrag zeitweise an Henning May (Annenmaykantereit).
Hier kommt also einiges zusammen, was auf den ersten Blick schwer zusammenpasst. SPERLING erschaffen aber eine Symbiose, die die einzelnen Teile zu einem bewundernswerten großen Ganzen zusammenfügt. Um mal eine Warnung vorneweg zu schicken: "Zweifel" ist kein Album, was man nebenbei konsumieren sollte, sondern intensiv und mit der nötigen Zeit wirken lassen muss, um alle Facetten und Nuancen (sei es musikalisch oder textlich) aufsaugen zu können. Einfach machen es SPERLING den interessierten Zuhörer nicht, aber wer sich auf die Platte einlassen kann, wird Songs entdecken, die ihn/sie für Tage beschäftigen können. Tipp am Rande: In kleinen Häppchen geniessen - ähnlich wie eine Serie, die einen packt, ist die Vorfreude auf den nächsten Track umso größer, wenn man sich die Kapitel aufhebt und nach und nach zu Gemüte führt.
Die Sprechpassagen sind nicht Selbstzweck, sondern so fein modeliert, dass sie den jeweiligen Song angemessen tragen und die Aussage perfekt transportieren. Textlich ist die Scheibe teils befindlichkeitsfixiert und geht emotional sehr in die Tiefe. Dabei ist es bemerkenswert, dass SPERLING auf Verklausilierung weitesgehend verzichten und somit den Zugang zu ihrer Kunst offen gestalten. "Zweifel" wird sicherlich nicht als Hitalbum in Erinnerung bleiben, sondern als ein kreatives Werk von fünf Menschen, die alles an Herzblut, Zerbrechlichkeit und Verzweiflung in die Waagschale geworfen und dadurch eine Platte erschaffen haben, die in der hiesigen Musiklandschaft recht exponiert wirkt.
Aufgrund der bisweilen ähnlichen Songstrukturen fehlt SPERLING der besondere Höhepunkt, an den sich der Hörer klammern kann. Die Gitarrenausbrüche und manchmal vertracktere Dynamiken geben Orientierungspunkte, an denen man sich entlanghangeln kann - um so im Idealfall und mit viel Geduld Schönheiten zu entdecken, die fast einzigartig sind und sich vor den großen internationalen Referenzen nicht verstecken braucht.
Die instrumentale Komponente würde sogar für sich alleine stehend wunderbar funktionieren, da hier Post-Rock-artige Passagen präsentiert werden, die bei Bands wie Explosions In The Sky oder PG.Lost zuhauf zu finden sind und großartige Momente schaffen. Vielleicht ist "Zweifel" das richtige Album für Menschen die sich zwischen Nerdtum und Musikliebhaberei zuhause fühlen.
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Album-VÖ: 22.01.2021