Ende letzten Jahres haben SOMETIMES GO ihr Debüt "Mountains" veröffentlicht. Auch wenn nach zwölf Jahren Bandbestehen eigentlich nicht mehr damit zu rechnen war, haben die Gießener elf Tracks in einer wunderbaren Songsammlung ineinanderfließen lassen.
SOMETIMES GO – Mountains
Das bisher nur digital erschienene Album, wird im Februar via Midsummer Records auf Vinyl veröffentlicht. Aus diesem freudigen Anlass haben wir uns mit Band-Pressesprecher Dennis zum Zoom-Interview verabredet:
Gestromt: Hallo Dennis. Wie ist es eigentlich in der Pandemiezeit ein Debüt-Album zu veröffentlichen?
Dennis: Als unser Album digital erschienen ist, haben wir uns via Facetime verabredet, das Album gehört und einfach ein paar Bier dabei getrunken. Das war unsere Release-Party.
Gestromt: War das begrenzt auf euch vier oder hattet ihr auch Fans oder besondere Gäste dabei?
Dennis: Nein, das war eine bandinterne Angelegenheit. Wir hatten erst überlegt ob wir den Buddy, der das Album abgemischt hat, dazu holen oder Tim von Midsummer Records. Aber am Ende waren es dann doch nur wir vier. Und eine eher spontane Angelegenheit.
Gestromt: Spontan – so könnte auch eine Überschrift zur Entstehung eures Albums lauten.
Dennis: Das ist richtig. Denn das Album und alles drumherum war ja auch gar nicht so geplant. Dadurch das ich nicht mehr in Gießen wohne, sondern in die Nähe von Düsseldorf gezogen bin, sehen wir uns als Band auch gar nicht mehr so häufig. Wir treffen uns eigentlich nur noch zwei, drei Mal pro Jahr und proben dann alte Songs. Neue Songs hatten wir dabei seit Jahren nicht mehr geschrieben. Allerdings hatten wir ganz viele Songideen und Fragmente auf unseren Festplatten gespeichert, die wir in den letzten Jahren bei den Proben immer mal wieder aufgenommen hatten. Als dann im März der erste Lockdown kam und man am Wochenende eh nicht mehr weggehen konnte, meinte unser Simon: „Wir haben so viele Songideen auf Lager, lass uns doch einfach mal ein paar Stücke via Homerecording fertigstellen.“ - Gesagt, getan. Mit Hilfe von GarageBand hat dann jeder von seinem Wohnort aus, seinen Teil zu den Songs beigetragen. Für den Gesang haben wir uns an zwei Wochenenden bei unserem Bassisten auf dem Dachboden in einer Gesangskabine getroffen und unser Schlagzeuger hat sich für ein Wochenende ein Studio gebucht und dann dort seine Parts aufgenommen. Alles mit Abstand, viel Organisation, Telefonieren, Gruppen-Chats usw. Dabei haben wir dann auch mehr als üblich über die Songs gesprochen und Teile verändert, ausgebaut oder hinzugefügt. So haben wir natürlich auch vorher noch nie gearbeitet und wahrscheinlich haben das bis zu diesem Jahr die wenigsten so gemacht. Dabei hatten wir als Band dann sogar mehr Kontakt als in den letzten vier Jahren.
Gestromt: Würdest Du sagen, dass es durch diese Arbeitsweise überhaupt erst möglich war ein Album zu veröffentlichen? Bisher habt ihr ja lediglich Eps veröffentlicht. Und diese mit einem deutlichen zeitlichen Abstand.
Dennis: Das stimmt. Ich sag jetzt mal hätte es Corona nicht gegeben, dann hätte es auch kein SOMETIMES GO Album gegeben. Das ist ganz einfach so. Weil wir uns nie aufgerafft hätten. Und wenn wir bereits im März gewusst hätten, dass es doch so viel Arbeit ist und auch so viel kostet...wir dachten, hey wir nehmen das einfach über GarageBand auf, die Computer haben wir eh zuhause stehen, das kostet uns ja auch nichts und der Produzent Buddy, auf den komme ich später nochmal zurück, ist auch ein netter Typ.…kostet also alles nicht so viel. Im Endeffekt ist das aber alles doch sooooo teuer geworden.
Gestromt: Und über Streamingdienste wie Spotify kann inzwischen auch einfach jede Band ihre Sachen veröffentlichen...
Dennis: Ja genau. Über Eigeninitiative kann inzwischen jede Band über Spotify oder AppleMusic ein Album hochladen. Das ist total einfach. Aber dass wir das Glück hatten, ein Label zu finden wie Midsummer, die dann auch noch sagen: Hey, wir machen ein Vinyl mit euch – das hätten wir nie gedacht. Ohne Scheiß! Na klar, wir wollen uns auch nicht unter den Scheffel stellen, aber es ist natürlich keine Selbstverständlichkeit das jemand eine Platte von einer Band herausbringt, die gefühlt drei Mal im Jahr ein Livekonzert spielt.
Gestromt: Wie kam denn der Kontakt mit Midsummer Records überhaupt zustande?
Dennis: Das kam durch den Simon. Der hat früher bei COLORFUL GREY, einer Frankfurter Band, Gitarre gespielt. Die hatten halt Kontakt zu Midsummer und kannten dort ein paar Leute. Die hat er dann angeschrieben: „Hey wir haben ein Album aufgenommen. Wollt ihr euch das mal anhören?“
Gestromt: Du wolltest nochmal auf euren Produzenten zu sprechen kommen.
Dennis: Das ist der Buddy. Buddy Neumann. Ein Freund von 'nem Freund von 'nem Freund hat uns den empfohlen. Er hat während unseren Aufnahmen, er war eigentlich Erzieher, seinen Hauptjob gekündigt und sich selbständig gemacht als Tontechniker und Produzent. Er hat gesagt er mischt uns die elf Tracks für einen Pauschalbetrag und fertig. Hätte er im Vorfeld gewusst wie viel Arbeit er sich mit uns an Land gezogen hat, dann hätte er auch nicht pauschal verrechnet. Weil, die beiden Lehrer in unserer Band sind wirklich sehr, sehr genau. Perfektionisten. Das nervt mich sogar manchmal und führt zu Diskussionen. Aber der Buddy war so geduldig mit uns…, wenn er uns einen „fertigen“ Song rübergeschickt hat, dann waren unser Drummer und ich eigentlich schon fast zufrieden. Aber bei den Lehrern hieß es dann immer: „Nee, nee, nee...bei Minute drei der Bass schlagert zu sehr nach...die Gesangsstimme ist zu hoch...und, und, und. Der arme Buddy hat da so viel Zeit und Mühe investiert und ganz geduldig alles nachgefiled. Und das obwohl wir uns noch nie persönlich getroffen haben. Der ganze Kontakt lief über E-Mail, WhatsApp, etc.
Gestromt: Hat der Buddy denn auch andere Band bereits produziert? Auch wenn er sich erst jetzt selbstständig gemacht hat?
Dennis: Ja...und zwar eine deutschsprachige Band...Vier-Zimmer-Küche-Bad heißen die. Der Schlagzeuger von denen hat vorher in einer Punkband gespielt, deren Name mir jetzt nicht einfällt, aber die hatten einen witzigen Song über ihr Punktekonto beim Autofahren...nun gut, den Schlagzeuger kennen wir halt und über den sind wir dann halt auch auf den Buddy aufmerksam geworden.

Produzent Buddy Neumann
Gestromt: Okay, aber kommen wir zurück zu SOMETIMES GO. Als Vorbereitung auf das Interview wollte ich das Album nochmal komplett in einem Stück hören Wir hatten hier gestern ganz gutes Wetter und ich habe es mir dann auf den Kopfhörer gepackt und bin eine Stunde spazieren gegangen. Und dabei habe ich dann auch gemerkt, warum MIDSUMMER Records mit euch ein Vinyl machen wollte. Das Album passt einfach voll in das Bouquet der Plattenfirma. Und was mir besonders aufgefallen ist, dass ihr eure Refrains sehr hymnisch arrangiert. Wie geht ihr dabei im Songwriting vor? Erst der Refrain, der Rest wird drumherum gebaut? Oder kommt ihr erst von der Text-Idee?
Dennis: Das ist dann doch ein Unterschied zwischen Songwriting vor Corona und unter Corona Bedingungen. Vor Corona haben wir uns im Proberaum getroffen und in 80% der Fälle habe ich einfach irgendein Riff gespielt und dann hat sich schon etwas ergeben. Jetzt kamen wir zusammen und hatten halt direkt konkrete Ideen. Einer kommt mit einem Refrain und dann lassen die anderen via Brainstorming ihre Ideen daran aus. Bei uns kommt es eigentlich auch nicht vor, dass irgendjemand einen Song komplett alleine schreibt. Es ist ein ständiges Nehmen und Geben. Zum Thema Texte: der Stefan, unser Bassist, und ich, wir singen ja beide. Ich früher mehr, aber inzwischen ist das durchaus fifty-fifty, denn Stefan ist wirklich ein guter Sänger. Er hat im Vergleich die kräftige und raue Stimme und das macht er auch wirklich sehr, sehr gut. Und er legt auch sehr großen Wert darauf, dass seine Texte auch wirklich Sinn ergeben. Er schreibt also sehr zusammenhängend. Bei meinen Lyrics ist das eher so, dass ich mich auf eine Zeile konzentriere, die einfach geil klingt – oder bestimmte Wörter die ich einfach irgendwie unterbringen will. Deshalb sind meine Texte eher zerstückelt und beim Stefan schön durchgängig. Und wenn wir dann Songs zusammen singen, dann hat auch meist jeder seinen eigenen Text geschrieben. Das ist dann wirklich total durcheinander.
Gestromt: Singst Du eigentlich bei 'It doesn't matter how'? Der Song hört sich für mich irgendwie so an, als ob da jemand anders singen würde.
Dennis: …ach so, der Song mit dem langen Text. Der hieß früher bei uns anders. Da wechseln wir uns in der Strophe tatsächlich ab. Eine Zeile Stefan, eine Zeile ich. Den Refrain singen wir beide gleichzeitig zusammen. Es ist interessant, dass Du ausgerechnet diesen Song ansprichst. Denn es ist der älteste auf der Platte. Den haben wir bereits vor sechs Jahren geschrieben.
Gestromt: Welche Ziele habt ihr denn jetzt mit der Band. Wollt ihr das Ganze auf ein professionelleres Level heben?
Dennis: Nein. Das haben wir dem Tim von Midsummer Records auch von Anfang an gesagt: „Hey Tim, mit uns wirst Du nicht reich.“ Wir sind keine tourende Band. Zwei von uns sind Papas, drei sind verheiratet, zwei sind Hunde-Papas, Lehrer haben immer nur in den Ferien Zeit...also touren werden wir nie. Sollte es möglich sein, werden wir versuchen dieses Jahr zwei oder drei Konzerte zu spielen. Den Traum Rockstar zu werden haben wir vor zwanzig Jahren bereits aufgegeben. Inzwischen sind wir alle über 40, haben unsere Vollzeitberufe, unser echtes Leben und Musik machen ist echt nur ein Hobby und das wird auch so bleiben. Ich sage immer andere Leute gehen in den Fußballverein oder gehen kegeln, wir setzen uns im Proberaum zusammen, reden dummes Zeug und machen Musik.
Gestromt: Das klingt sehr nach Zufriedenheit.
Dennis: Wir vier machen wirklich alle unser halbes Leben lang schon Musik. Gerade unser Schlagzeuger Nico hat mit seiner Hauptband, SHADOW PAINTER, gerade 25-jähriges Jubiläum gehabt. Ich mache schon genau so lange Musik. Ich habe vorher jahrelang in einer Metalband gespielt, AMBER, ziemlich düster, ziemlich schwer. Und davor habe ich zehn Jahre bei DEAR DIARY gesungen. Da haben wir auch zwei Platten rausgebracht und haben ständig irgendwo Shows gespielt. Egal ob Deutschland, Österreich...da war es noch viel, viel intensiver mit der Musik. Und deswegen genießen wir es momentan ganz bewusst, dass wir zwar Musik machen können, aber nicht ständig diesen Druck haben, am Wochenende unbedingt ein Konzert spielen zu müssen, Touren zu planen und so weiter. SOMETIMES GO ist einfach unser Altherren-Hobby.
Gestromt: Abschließend, hast Du einen Lieblingssong auf der Platte?
Dennis: Unser Opener 'Hideout'. Da singe ich von Anfang an und am Ende singt der Stefan. Das ist auch einer der Texte die vor allem für mich eine Bedeutung haben. Ursprünglich hieß der Song 'Rechtenbach'. Das ist ein kleines Dorf in Hessen, da bin ich zur Schule gegangen, war das erste Mal verliebt, und da hat sich halt so viel abgespielt... als wir das im Proberaum gespielt haben, ist es mir auch gelungen am nächsten Tag den Text einfach so runterzuschreiben.