(Fearless Records/Spinefarm Records)
Im Jahr 2018 veröffentlichten ICE NINE KILLS mit "The Silver Scream" ihr bisher letztes Album. Die Idee dahinter war mit jedem Song einen Klassiker des Horrokinos zu bearbeiten. Das Ergebnis war unglaublich unterhaltsam und die Band erfuhr einen großen Bekanntheitsschub. Natürlich reicht ein Album längst nicht aus um Jahrzehnte der Horrofilmgeschichte abzuarbeiten. Umso mehr erfreute es die Fanschar, als das nun vorliegende "The Silver Scream 2: Welcome To Horrorwood" angekündigt wurde, bei dem zwölf weitere Filme in Musikform aufgearbeitet werden. Aber schon die Marketingmaschine im Voraus lief wieder wunderbar. So gab es 4 Single-Auskopplungen und alle begleitet von toll gemachten Musikvideos und einer Handlung, die sich über alle Videos erstreckt hat und zum jetzigen Zeitpunkt auch noch gar nicht abgeschlossen ist. Die spannende Frage ist nun ob ICE NINE KILLS einen würdigen Nachfolger abliefern können, denn grade im Horrorbereich ist das ja eher selten die Regel.
'Opening Night...' ist erstmal nur ein gesprochener Text, welcher uns vermitteln soll, dass wir es hier mit verbotenem Material zu tun haben und welcher kurz die Handlung der Musikvideos aufgreift und einführt. Das erste richtige Lied ist dann 'Welcome To Horrorwood', welches auf noch keinem Film basiert, sondern quasi als Vorspann anzusehen ist. Ein sehr melodiöser Beginn explodiert hier plötzlich in schierer Agression und trotzdem legt man sehr viel Wert auf die Ohrwurmqualitäten. Schöner kann man ein Album kaum starten. Ob Cabin Fever ein Klassiker des Horrorfilms ist? Darüber lässt sich sicherlich streiten, aber auf jeden Fall bietet er die Vorlage zu 'A Rash Decision'. Die Mischung aus harten Riffs, Growls und einem Refrain der eher sehr catchy daherkommt, geht auch hier voll auf. Setzt sich schnell im Gehörgang fest und will da auch nicht so schnell verschwinden.

Photo by F Scott Schafer
Bei Child's Play handelt es sich ohne Frage um einen Klassiker, denn es gibt wohl kaum einen Menschen, der noch nicht von der Mörderpuppe Chucky gehört hat. 'Assault & Batteries' setzt dieser Filmreihe nun ein Denkmal und ist direkt der nächste Knaller und wartet mit einem sehr schönen Gitarrensolo auf. Die typischen Elemente von Kinderliedern passen hier wie die Faust auf's Auge. 'The Shower Scene' ist sicherlich die bekannteste Szene aus Psycho, wobei das Lied natürlich den ganzen Film behandelt. Die titelgebende Sequenz wird dann einfach für den Breakdown benutzt, eine wirklich schöne Idee. Hier stehen der mystische Klang und die Melodie klar im Vordergrund und deswegen überrollt einen die Agressivität der Growls von 'Funeral Derangements' förmlich, quasi wie der LKW aus Friedhof der Kuscheltiere. Da ist es fast gruselig wie eingängig und süchtigmachend der Refrain daherkommt. Was für eine grandiose Mischung! Leistet sich "The Silver Scream 2: Welcome To Horrorwood" auch mal einen Ausrutscher?
'Rainy Day' erinnert einfach sehr stark an Bring Me The Horizon in der Post Human: Survival Horror Ära. Und ich denke mal man verbeugt sich hier eher vor der Resident Evil Spielereihe, als den eher sehr durchwachsenen Verfilmungen. Auch eine sehr unterhaltsame Angelegenheit und quasi eine Mischung aus Ludens und Parasite Eve von eben der oben genannten Band. Um American Psycho zu würdigen hat man sich Jacoby Shaddix ins Boot geholt und im Video kommt er auch durchaus zur Geltung, im Lied selber geht er leider ziemlich unter, was 'Hip To Be Scared' aber nicht weniger gut macht. Jetzt werden Herzen gebrochen und herrausgerissen! My Bloody Valentine erfährt mit 'Take Your Pick' eine extrem harte Würdigung! Kein Wunder ist doch auch niemand anderes als Corpsegrinder von Cannibal Corpse am Mikro vertreten und auch instrumental wird uns der ein oder andere Blastbeat serviert. Eine sehr schmackhafte Mahlzeit und mit eins der besten Lieder auf dem Album.
Um einen Kultfilm wie Hellraiser zu behandeln hat man sich mit Brandon Seller und Ryan Kirby gleich zwei Gaststars ins Boot geholt. Und meine Fresse geht diese Rechnung auf! 'The Box' geht irrsinnig schnell ins Mark und die Gäste geben dem Ganzen das gewisse I-Tüpfelchen. Fast schon radiotauglich kommt 'F.L.Y.' um die Ecke und hat damit die Vorlage (Die Fliege) schon im Titel. Für die Behandlung eines Cronenberg Films kommt mir die Nummer aber irgendwie ein bisschen zu zahm daher. Es handelt sich nicht um ein schlechtes Lied, aber hier bleibt ein bisschen zu wenig hängen. Daran ändern auch die Gastvocals von Buddy Nielsen nix. Das kann man von 'Wurst Vacation' (nein kein Tippfehler, sondern ein Wortspiel) beileibe nicht behaupten. Vorlage ist, nach Cabin Fever zum Start, direkt wieder ein Film von Eli Roth. Und zwar Hostel, in dem Touristen von einem deutschen Schlächter in Osteuropa niedergemetzelt werden. Was ist also passender, als eine große Portion Neue Deutsche Härte ins Lied einfließen zu lassen? Wahrscheinlich gar nichts und die deutschen Teile und der Gesang mit deutschem Akzent geben dem Ganzen ein richtig schönen Touch, aber auch der Instrumentale Teil ist von Bands wie Rammstein stark beeinflusst.
Spätestens beim Groovy sollte dem geneigten Horrorfan klar sein, dass 'Ex-Mørtis' natürlich auf der Evil Dead/Tanz der Teufel Filmreihe basiert. Der zirkusartige Stil des Stücks passt hier wirklich perfekt, da ja Sam Raimi als Filmemacher immer auf viele Elemente des Zirkus und Clowns zurückgegriffen hat. Der Humor ist ja auch bei dieser Serie ein Teil, welcher immer stärker in den Vordergrund rückte. 'Farewell II Flesh' startet schon mit einem Bienensummen und hat natürlich Candyman als Vorlage. Mit über fünf Minuten ist es dern längste Titel deswegen werden auch nochmal alle Versatzstücke genutzt, für die ICE NINE KILLS nunmal so bekannt sind. Auch wenn mich das Alles zum Abschluss nicht so sehr abholt wie viele der anderen Nummern auf der Scheibe.
Wow! Mit "The Silver Scream 2: Welcome To Horrorwood" ist es ICE NINE KILLS gelungen ihren Vorgänger "The Silver Scream" sogar noch zu übertreffen. Die Hitdichte ist enorm, der Horrorstil ein Fest für Fans des Genres und auch darüber hinaus beweisen die Jungs das sie momentan eins der ganz heißen Eisen im Modernmetal-Feuer sind. Dem ein oder anderen mögen vielleicht wieder die Refrains zu nah am Mainstream sein und auch ich finde das man im Finale etwas schwächelt, aber das sind alles nur Abzüge in der B-Note. All das kann nämlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns hier grade eins der besten Alben des Jahres vorliegt. Außerdem bleibt es jetzt extrem spannend wohin die Reise der Band noch so führen wird, nachdem man dieses Konzept nun wohl genug ausgereizt hat.
Album-VÖ: 15.10.2021